Europaleid macht Ligafreud?

Der SK Sturm gewinnt zwar seit Ewigkeiten wieder ein Heimspiel im Europacup, ausgeschieden ist man gegen die Norweger aus Haugesund aber trotzdem. Nicht so schlimm, meint Nestor El Maestro, in der Meisterschaft würde es dadurch jetzt leichter. Das gilt es nun unter Beweis zu stellen.

Nestor El Maestros Gelassenheit und seine Nonchalance auch unbequeme Dinge gerade heraus anzusprechen, helfen dem Klub sicher, vor allem als Korrektiv zum eher immer sehr zwischen den Extremen hin und her schwankenden und aufgeregten Sportdirektor. Nach dem Ausscheiden im Europacup wird aber ein guter Start in die Liga umso wichtiger, um die in Graz schnell ausbrechende Hysterie zu verhindern.

Jürgen Pucher

Ein 12 Meter von Jürgen Pucher

 

Die europäischen Auftritte des SK Sturm seit die 10er-Jahre des neuen Jahrtausends ins Land gezogen sind, bleiben eine einzige Enttäuschung. Das Ausscheiden gegen den biederen FK Haugesund aus Norwegen in der Euro League-Qualifikation reiht sich nahtlos in Ereignisse wie „Breidablik 2013” oder „Larnaca 2018“. „Blamage“ und „Desaster“, liest man nun wieder einmal in der Nachbetrachtung. In Wirklichkeit zeigt aber gerade eine solche Partie, wie jene der Grazer in dieser zweiten Qualifikationsrunde in der Europa League, um wie viel differenzierte diese Angelegenheit eigentlich zu sehen wäre.

 

Ahnungslosigkeit steigert Erwartungshaltung

Zunächst gilt es festzuhalten: Für Mannschaften aus der österreichischen Bundesliga, die nicht Red Bull heißen, gibt es kaum noch Gegner auf der europäischen Landkarte, die das sind, was man früher eine „gmahte Wiesen“ nannte. Besonders dann nicht, wenn es notwendig wäre, diesen Gegnern mit spielerischen Mittel beizukommen. Sowohl die Medien, als auch eine große Mehrheit der Fans, sprechen nach Auslosungen aber immer noch von „machbaren Losen“, wenn es gegen hier nicht als besonders stark eingestufte Teams geht. In den allermeisten Fällen haben sie – Journalisten und Fans – aber absolut keine Ahnung von den Stärken und Schwächen der Mannschaften. Das böse Erwachen folgt oft auf den Fuß und dementsprechend sieht auch die Bilanz von österreichischen Vertretern, die sich immer noch als größer begreifen als sie eigentlich sind, dann aus.

Ein weiterer Punkt ist, die absolute Unattraktivität dieser frühen Quali-Runden. Weder finanziell noch sportlich freut die Klubs das Antreten ebendort. Im schlimmsten Fall bekommt man dann noch ein „Dreckslos“, wie der Sturm-Coach Nestor El Maestro es nannte. Konkret: ein Team, das sich voll im Meisterschaftsbetrieb befindet, während man selber gerade erst einmal die Vorbereitung beendet und kein relevantes Pflichtspiel in den Beinen hat. Das ist natürlich ein Stück weit auch ins Reich „Ausred‘ verlass mich nicht“ einzuordnen, ganz von der Hand zu weisen ist das Argument aber angesichts vieler Erfahrungswerte nicht. Durch die durchwegs schlechten Koeffizienten der Klubs hinter Red Bull rutscht man immer weiter in diesen Teufelskreis hinein, außer man nützt die derzeitige Möglichkeit sich über die Liga gleich direkt für eine Gruppenphase zu qualifizieren. Der WAC kann sein Glück wohl heute noch nicht fassen, dass man diesen warmen Geldregen in Empfang nehmen darf.

 

Das Aus macht Arbeit leichter

In diese Kerbe schlug auch der Sturm-Coach am Donnerstag unmittelbar nach der Partie. Er sei gar nicht so sehr enttäuscht, die Arbeit würde so ein wenig leichter und die Chance auf die Gruppenphase wäre bei den kommenden Gegnern so gering, dass man das ohnehin nicht erwarten hätte dürfen. Realistisch ginge das nur über die Liga und eine gute Platzierung dort. Ein faktisch durchaus nachvollziehbares Statement, für den Cheftrainer eines gerade aus dem internationalen Bewerb geflogenen Vereins aber durchaus eine heikle Aussage. Wie sich diese nun „leichtere“ Arbeit für den SK Sturm auswirken wird, bleibt abzuwarten. Spielerisch war im Heimspiel gegen Haugesund eine Steigerung zu sehen, trotzdem die Aufstellung mit der ersten Elf in den kommenden Wochen wenig zu tun haben wird. Ganz vorne wird Neuzugang Bekim Balaj nach dem WAC-Spiel zu ersten Einsätzen kommen. Stefan Hierländer wird zurückkehren und wenn sich eine gute Option findet, wird auch ein weiterer Linksverteidiger noch ein Thema sein.

Trotzdem kommen die Prüfsteine in der Meisterschaft erst nach dem Auftakt gegen St. Pölten. Ja, die Leistung gegen die Niederösterreicher war ok, aber der Spielverlauf und die Spielanlage des Gegners spielten Sturm in die Karten. Die kommenden Runden mit dem WAC und Hartberg auswärts sowie dem Heimspiel gegen Rapid werden die wirkliche Standortbestimmung. Nestor El Maestros Gelassenheit und seine Nonchalance auch unbequeme Dinge gerade heraus anzusprechen, helfen dem Klub sicher, vor allem als Korrektiv zum eher immer sehr zwischen den Extremen hin und her schwankenden und aufgeregten Sportdirektor. Nach dem Ausscheiden im Europacup wird aber ein guter Start in die Liga umso wichtiger, um die in Graz schnell ausbrechende Hysterie zu verhindern.