SV Gloggnitz: Wenn aus zwei, gleich neun erfolgreiche Jahre werden
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SV Gloggnitz: Wenn aus zwei, gleich neun erfolgreiche Jahre werden

In der Regionalliga Ost liegt die SV Gloggnitz auf Rang zwei. Wie kam es dazu, dass der ehemalige Erstligist in der sechsten Liga landete und nun an der Schwelle zum österreichweiten Fußball steht? Und: Geht sich das überhaupt aus?

Von Ruhm und Glanz ist wenig über, singt Reinhard Fendrich in "I am from Austria". Was er über Österreich singt, gilt auch für die Sportvereinigung Gloggnitz. Gelegen am Fuße des Semmerings im Bezirk Neunkirchen, sind die allerbesten Tage des Klubs aus der heute knapp 6.000 Menschen zählenden Gemeinde länger her.

Doch der Verein hat sich in den letzten neun Jahren zurückgearbeitet und überwintert im Spitzenfeld der Regionalliga Ost - mit den bekannten Namen Thorsten Röcher und Raphael Holzhauser.

Wofür steht der SV Gloggnitz? Das weiß der Architekt des Erfolgs, Alexander Niklas, ganz genau. Er erzählt, wie er den damaligen Gebietsligisten aus der sechsten Spielklasse an die Schwelle der ADMIRAL 2. Liga führte - und welche Vorstellung der sportliche Leiter von der Zukunft hat.

Damals schon dabei

1922 gegründet, nimmt der Verein 1949/50 an der damals erstmals ausgetragenen Staatsliga A teil. Für die Nachkriegssaison qualifizieren sich die Niederösterreicher mit einem überlegenen Titelgewinn vor Austria Brunn und dem SC Harland - damals ist die Landesliga die zweithöchste Spielklasse.

Alexander Niklas ist gewissermaßen der "Architekt" des Gloggnitzer Erfolgs
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Alexander Niklas ist gewissermaßen der "Architekt" des Gloggnitzer Erfolgs

Für den Kassier ist diese Saison ein Erfolg. Zu den Heimspielen gegen Rapid und Austria kommen rund 10.000 Menschen in das Alpenstadion. Sportlich reicht es in 24 Spielen nur zu vier Siegen und drei Remis, weswegen der Klub in die (ebenfalls neu eingeführte) Staatsliga B absteigen muss. Es ist der Erste von mehreren Abstiegen.

1960/61 gelingt noch einmal die Qualifikation in die Regionalliga, damals die zweithöchste Spielklasse. 1966 steigt Gloggnitz ab und rasselt bis in die letzte Klasse hinunter. Nach der Fusion mit ASK SV FEZ Gloggnitz geht es 1982/83 noch einmal in die Landesliga.

Es wird Jahrzehnte dauern, bis der Klub dorthin zurückkommt. Nach vielen Jahren in der 2. Landesliga gibt es Abstiege bis in die 1. Klasse Süd, danach verbringt man viele Jahre in der Gebietsliga Süd/Südost. Und an dieser Stelle kommt Alexander Niklas ins Spiel.

Rückkehr nach vielen Jahren

Schon als Spieler trägt er das Trikot der SV Gloggnitz. Irgendwann hängt aber jeder die Fußballschuhe an den Nagel, "du baust ein Haus, ich hatte dann zwei Kinder, da hat man wenig Zeit für den Fußball", erzählt er 90minuten. "Aber irgendwann schaust du dir halt wieder ein Fußballspiel an."

Aus dem Gespräch ergab sich dann, dass Hansi der zukünftige Obmann sein werde und er meinte, ich solle mich auch wieder im Verein engagieren.

Alexander Niklas

Und bei einem Spiel in der Umgebung von Gloggnitz kommt er während des Zuschauens mit dem Funktionär der SV Gloggnitz, Johann Tauchner, ins Gespräch. "Daraus ergab sich dann, dass Hansi der zukünftige Obmann sein werde und er meinte, ich solle mich auch wieder im Verein engagieren", sagt er, "und nach einigen Diskussionen begann ich darüber nachzudenken, ob ich diesen Schritt auch gehen wolle."

Er führte viele Gespräche mit dem Umfeld und tritt schlussendlich im Frühjahr 2017 das Ehrenamt als Sportlicher Leiter an: "In Abstimmung mit meiner Familie war der Plan, dass ich diese Rolle zwei Jahre machen werde, mit dem Ziel, in dieser Zeit um den Gebietsliga-Titel mitzuspielen."

Sein Konzept setzt auf Regionalität und auf einen spielerischen Zugang zum Fußball. Viel wichtiger ist aber das Wie, also welche Werte vertreten werden. Er stellt eine "Hawara-Partie" zusammen, wie er es nennt und bedient sich beim Konzept "People-Management." Dieser Begriff kommt aus dem Human-Ressources-Bereich und beschreibt eine moderne Art der Mitarbeiterführung, entlang von Leitlinien wie Empathie, Motivation, Verständnis. Er sieht große Parallelen zwischen Projektmanagement und Fußball, Niklas ist zertifizierter Projektmanager.

Rauf, rauf, rauf

Doch jedes Konzept ist nur so gut, wie seine Umsetzung. Im Frühjahr 2017 tritt er das Ehrenamt an, Ende der Saison 2017/18 steigen die Gloggnitzer nach 20 Jahren wieder in die 2. Landesliga Ost auf.

In Gloggnitz ist man lange: Kapitän Stefan Ofner ist seit neun Jahren da, hier im Infight mit Daniel Luxbacher im Jahr 2019
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In Gloggnitz ist man lange: Kapitän Stefan Ofner ist seit neun Jahren da, hier im Infight mit Daniel Luxbacher im Jahr 2019

Der Klub gewinnt in weiterer Folge den NÖ Meistercup im Finale gegen Kilb, ist im Tabellenmittelfeld der Landesliga zu finden. In der abgebrochenen Corona-Saison ist man nach 13 Spieltagen nur Zehnter, knapp dass man zum Zeitpunkt des Starts der Corona-Pandemie nicht auf einem Abstiegsplatz ist.

"Das war nach langer Zeit der erste Dämpfer. Es gab viele Verletzungen und wir haben schlecht gespielt", erinnert er sich. Niklas holt mit seinem Vorstandsteam "Unterschiedsspieler" und beweist dabei ein gutes Händchen. In der zweiten abgebrochenen Corona-Saison ist die SV Gloggnitz Tabellenführer, 2021/22 ziehen die Niederösterreicher durch:

Zwölf Punkte Vorsprung auf Vösendorf, die Rückkehr in die erste Landesliga, nach vier Jahrzehnten ist der Klub zurück in der höchsten Spielklasse des Bundeslandes.

Von der Nummer sieben zur eins

Mit ein Grund für diese Aufstiege bzw. die neu gewonnene Stärke: im Bezirk selbst gib es in jener Zeit wenige Alternativen, wer möglichst weit oben kicken will, für den war die SV Gloggnitz eine sehr gute Option.

Unser Fokus liegt aktuell darauf, die Infrastruktur und den operativen Betrieb schrittweise an den sportlichen Erfolg anzupassen. Diese Liga ist für uns perfekt.

Alexander Niklas

2019 beginnt der Abstieg des Ex-Bundesligisten aus dem nahen Wiener Neustadt, 2020 implodiert Mattersburg, auch nicht weit von Gloggnitz entfernt.

"Als wir vor neun Jahren unseren Weg gestartet haben, waren wir die Nummer sieben im Bezirk, heute sind wir die Nummer eins. Dafür möchte ich mich beim gesamten Vorstand, beim gesamten Team, bei allen Personen, die immer alles für und rund um den Verein geben, bei unseren Sponsoren und unseren Fans bedanken, das ist unser gemeinsames Werk."

Gloggnitz etabliert sich sofort im Spitzenfeld der 1. Landesliga, wird Dritter und 2023/24 Meister und kehrt nach fast 60 Jahren in die Regionalliga zurück. Das Team stößt hier aber an seine Grenzen, steigt fast ab.

Ein Dämpfer

Niklas erinnert: "Als ich angefangen habe, kam ein Gloggnitzer aus Wr. Neustadt zurück, Stefan Ofner, er war damals 17 Jahre, heute spielt er in der RLO und ist unser Kapitän. So wie Ofi kamen viele weitere Spieler aus dem Bezirk, viele sind seit Gebietsligatagen bei uns."

Nach vielen Stationen schnürt Rapahel Holzhauser seine Fußballschuhe in Gloggnitz
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Nach vielen Stationen schnürt Rapahel Holzhauser seine Fußballschuhe in Gloggnitz

Das die Gloggnitzer am Ende die Liga halten, ist ein Wunder, gleich fünf Spiele mussten entsprechend enden. "Wir haben uns sehr schwergetan, weil wir eben 'nur' Fußball spielen wollten. Doch die zusätzliche körperliche Komponente in der Regionalliga hat uns Probleme bereitet," sagt er. Mit einem Tor in Minute 90.+4 zum Ausgleich im letzten Spiel konnte die Regionalliga dennoch gehalten werden, im Sommer folgte dann ein Umbruch in der Mannschaft.

Thorsten Röcher kehrte zurück zu seinen Wurzeln, von Gloggnitz zog es ihn einst direkt in die Bundesliga, mit 265 Bundesligaspielen in den Beinen ist er nun wieder zurück in seinem Wohnzimmer.

Über den Kontakt zum aktuellen Trainer Edi Stössl ergab sich schon im Winter die Chance, Raphael Holzhauser zur SV Gloggnitz zu holen. Nach seinen Auslandsstationen, zuletzt bei Marsaxlokk auf Malta, kehrte Rapha nach Österreich zurück, ist voll im Verein integriert und ein Vorbild.

Ostliga als Ideal

Nach 16 Spieltagen ist die SV Gloggnitz nun wieder auf einem Platz, der zum Aufstieg reichen würde, doch die SV Gloggnitz nahm am Zulassungsworkshop, nach eingehender Prüfung durch die Vereinsführung, nicht teil.

Die Zulassungskriterien für die 2. Bundesliga sind umfangreich und mit hohen infrastrukturellen, organisatorischen und personellen Anforderungen verbunden. Für einen Amateurverein, der vor wenigen Jahren noch in der Gebietsliga aktiv war, sind die Anforderungen derzeit nicht im notwendigen Umfang umsetzbar.

"Unser Fokus liegt aktuell darauf, die Infrastruktur und den operativen Betrieb schrittweise an den sportlichen Erfolg anzupassen", meint Niklas. Kurz: In der Regionalliga fühlt sich die SV Gloggnitz pudelwohl. "Diese Liga ist für uns perfekt," bringt er es auf den Punkt. Denn: "Spiele gegen tolle Mannschaften, tolle Fans und kurze Wege."

Und auch wenn der sportliche Erfolg kurz- bis mittelfristig eine Teilnahme an der 2. Liga in Zukunft ermöglichen könnte, die SV Gloggnitz wird immer ihrer Philosophie treu bleiben: nachhaltige Entwicklung, solide Vereinsführung und die Förderung des regionalen Fußballs stehen weiterhin im Mittelpunkt.

Aber ein wenig träumen sei erlaubt und zumindest für neuen Ruhm und Glanz hat man schon gesorgt.


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