Über 20 Spieler der österreichischen Bundesligisten verbringen die Saison 2025/26 nicht bei ihren Stammvereinen. Sie wurden an andere Klubs verliehen, ein Teil innerhalb Österreichs, der Rest ins Ausland. Bei einigen steht dabei ein ernsthafter Ausbildungsgedanke im Vordergrund, bei anderen ist die Leihe ein Vehikel, um den Spieler letztlich permanent abzugeben - Stichwort Kaufoption.
90minuten hat mit drei Leihspielern - Benjamin Böckle, Dominic Vincze und Moritz Wels - über ihre bisherigen Erfahrungen und Ziele für die kommende Saison gesprochen.
Benjamin Böckle (SK Rapid)
Position | Alter | Leihverein | Vertrag bis | Bundesligaminuten 24/25 | Bundesligaminuten 25/26 |
|---|---|---|---|---|---|
Linksverteidiger | 23 | WSG Tirol | 2027 | 441 | 1.194 |
Während seiner ersten Saison beim SK Rapid musste sich Benjamin Böckle hinter Linksverteidiger Jonas Auer anstellen, das Frühjahr verbrachte er zum Teil bei der zweiten Mannschaft. Durch die Verpflichtung von Jannes Horn im vergangenen Sommer wurde die grün-weiße Hierarchie noch einmal umgebaut und auch Auer zum Reservisten degradiert.
In den Gesprächen mit Peter Stöger und Markus Katzer habe sich schnell angedeutet, dass seine Situation schwierig bleiben würde, erzählt Böckle: "Ich bin eigentlich jemand, der sich gerne hineinhaut und um Spielzeit kämpft. In der Situation nach dem Frühjahr war mir aber klar, dass ich ein Jahr brauche, in dem ich Minuten sammeln kann."
Ich habe das Gefühl, dass man hier gesehen wird, wenn man seine Leistung bringt - auch von Rapid.
Den Vorbereitungsstart des SK Rapid hat der Außenverteidiger noch mitgemacht, am 28. Juni stand er in einem Testspiel auf dem Platz. Eine Woche später war er bereits für den Medizincheck in Wattens. Alternativen zur WSG hätte es gegeben, auch im Ausland. Böckle hatte mehrere Jahre in Deutschland verbracht und Preußen Münster als Stammkraft zum Zweitligaaufstieg verholfen. Der Vorarlberger hatte aber eine klare Präferenz: "Es war mir wichtig, dass ich in Österreich Bundesliga spielen kann. Die Gespräche mit der WSG waren sehr überzeugend. Ich habe das Gefühl, dass man hier gesehen wird, wenn man seine Leistung bringt - auch von Rapid."
Leistung gebracht
Inzwischen hat Böckle bereits gegen seinen Stammverein getroffen, im System von Trainer Philipp Semlic kommt er als Wing-Back gut zur Geltung. Der Vorarlberger hat noch kein Spiel verpasst und bereits jetzt mehr Pflichtspielminuten absolviert, als in der gesamten Saison 2024/25.
In den ersten Spielen ist es richtig gut gelaufen, da hat sich schon jemand gemeldet und gemeint: 'Hey super, wir verfolgen das, mach weiter so.'
Kontakt zwischen Böckle und seinem Stammverein besteht, vor allem mit René Gartler, der bei Rapid offiziell den Titel "Assistent der Geschäftsführung" trägt. Wirklich rege sei der Austausch aber nicht: "In den ersten Spielen ist es richtig gut gelaufen, da hat sich schon jemand gemeldet und gemeint: 'Hey super, wir verfolgen das, mach weiter so.'" Seitdem ist es ruhiger geworden, bei Siegen gibt es Gratulationen, hin und wieder kommen Nachrichten. Für Böckle ist das in Ordnung: "Ich denke, es ist okay, wenn man sich hin und wieder hört. Es muss aber auch nicht jede Woche sein." Bei seiner Leihe von Fortuna Düsseldorf nach Münster sei es ähnlich gewesen - zu Beginn war der Kontakt intensiver, zum Schluss großteils abgeflacht.
Wohnung behalten
Für Außenstehende lässt sich eine Leihe am ehesten mit einem Austauschjahr oder Auslandssemester vergleichen. Der Unterschied zum Profifußball ist die deutlich größere Unsicherheit. Ob auf Böckle bei Rapid in der kommenden Saison ein Kaderplatz wartet, ist offen. Auch ein Verbleib bei der WSG Tirol ist mangels einer Kaufoption nicht vorgesehen. Der 23-Jährige ist erst vor 18 Monaten nach Wien gezogen und hat in Hütteldorf eigentlich einen Dreijahresvertrag unterschrieben.
"Das ist wahrscheinlich das Schwierigste an dem Ganzen. In Wahrheit kann man im Fußball sowieso nie wissen, wie es weitergeht, aber bei einer Leihe ist eigentlich klar: Ich bin ein Jahr hier und danach ziemlich sicher wieder weg. Während der Leihe von Düsseldorf nach Münster habe ich schon ein bisschen Erfahrung gesammelt, es gibt einige Dinge, an die man denken muss. Es kann zwischendurch schon stressig sein.", meint Böckle. Seine Partnerin ist mit ihm nach Tirol übersiedelt und hat dort einen neuen Job gefunden. Die Wohnung in Wien ist vorübergehend untervermietet, die Wohnung in Tirol bis Ende Mai befristet.
Ich würde es mir wünschen, dass ich mich bei Rapid durchsetzen kann.
Schwierig sei vor allem die Geschwindigkeit, mit der Entscheidungen getroffen und auf den Weg gebracht werden müssen. "Dann heißt es: 'Du bist in fünf Stunden in Tirol und triffst dort die Verantwortlichen.' Eigentlich sollte man dann am besten gleich die Koffer packen und alles mitnehmen."
Zielsetzung für 2026
Für die Dauer der Leihe wurde er aus den Rapid-WhatsApp-Gruppen entfernt worden - das sei für die ehemaligen Teamkollegen sonst eher kontraproduktiv, schmunzelt Böckle. Seinen Fokus sieht er bei der WSG, ganz weg ist die Verbindung nach Hütteldorf aber nicht. "Es fühlt sich schon besonders an, wenn man gegen Rapid spielt oder sie im Fernsehen verfolgt. Es stehen ja einige Freunde auf dem Platz."
Einen wirklichen Plan für die kommende Saison gibt es noch nicht, Hoffnung aber schon: "Ich würde es mir wünschen, dass ich mich bei Rapid durchsetzen kann, was mir im letzten Jahr nicht gelungen ist. Es ist ein richtig cooler Verein, mit tollen Fans. Ich hatte aber auch in Münster den Wunsch, nach Düsseldorf zurückzukommen und mir einen Platz zu erspielen. Da sieht man, dass sich immer neue Wege ergeben - in welche Richtung es geht, wird sich noch abzeichnen."
Dominic Vincze (SK Rapid)
Position | Alter | Leihverein | Vertrag bis | Spielzeit 24/25 | Spielzeit 25/26 |
|---|---|---|---|---|---|
Innenverteidiger | 21 | TSV Hartberg | 2028 | 509 | 1.281 |
Dominic Vincze durfte sich nach der Saison 2024/25 berechtigte Hoffnungen auf eine Rolle bei den Rapid-Profis machen. Der Kapitän der zweiten Mannschaft erhielt nach der Trennung von Robert Klauß mehrere Startelf-Einsätze im Saisonfinale. Wie bei Böckle wurde der Konkurrenzdruck über den Sommer aber auch auf Vinczes Position erhöht.
Vereinssuche unter Druck
Die Leihe zum TSV Hartberg ist trotzdem erst spät zustande gekommen, noch am 12. Juli stand Vincze in einem Testspiel für Rapid auf dem Platz. Kurz darauf erhielt er einen Anruf von Markus Katzer, der ihm eine Leihe nahelegte, um Erfahrung zu sammeln. Das habe ihn schon überrascht, erzählt der 21-Jährige, er sei von einem Verbleib in Hütteldorf ausgegangen.
Noch am selben Tag begab sich sein Berater auf Vereinssuche, in der engeren Auswahl blieben der TSV Hartberg und Blau-Weiß Linz. Ein Telefonat mit Trainer Manfred Schmid und einige Infos vom Ex-Hartberger Furkan Demir ließen die Entscheidung auf die Steirer fallen. Mitte der Woche unterschrieb Vincze zuerst eine Vertragsverlängerung und die Leihvereinbarung beim SK Rapid, einige Stunden später den Leihvertrag in Hartberg. "Ich musste mich schnell entscheiden, weil es ein Zeitpunkt relativ spät in der Vorbereitung war", erzählt er.
Auch wenn Hartberg weniger als zwei Autostunden von Wien entfernt liegt, war es ein großer Schritt für Dominic Vincze. Nach zwei Wochen im Hotel bezog er seine erste eigene Wohnung: "Man holt sich das Notwendigste, damit man sich wohlfühlen kann. Sie ist natürlich nicht so eingerichtet, als ob man länger dort wohnen würde."
Loser Kontakt
Auch Vincze hält losen Kontakt mit seinem Stammverein, rund einmal pro Monat gibt es einen kurzen Austausch. "Ich freue mich schon, wenn sie mich fragen, wie es mir geht. Es hilft, wenn man mir sagt, dass Rapid zufrieden mit mir ist. Ich bin aber auch nicht böse, wenn sich einmal für zwei Monate niemand melden sollte. Ich weiß ja, dass es bei Rapid genug zu tun gibt."
Sie gehören für mich schon zu den wichtigsten Spielen im Jahr. Ich will ja zeigen, dass es vielleicht ein Fehler war, mich zu verleihen.
Die Verbindung zu seinem Ausbildungsklub bleibt jedenfalls aufrecht, Vincze war mehrmals bei Spielen im Allianz Stadion. Besonders im Auge hat er die direkten Duelle: "Sie gehören für mich schon zu den wichtigsten Spielen im Jahr. Ich will ja zeigen, dass es vielleicht ein Fehler war, mich zu verleihen. Es ist mir wichtig, zu gewinnen."
Im Vordergrund steht die Entwicklung mit Hartberg. Vincze lobt seine Kollegen und das Trainerteam als "sehr nett und hilfsbereit", er habe sich schnell eingelebt. In der Tabelle liegen die Steirer nur zwei Punkte hinter Rapid, nach seiner Einwechslung im Auftaktspiel hat der Verteidiger alle Ligapartien über die volle Distanz absolviert.
Für mich als junger Spieler wird es natürlich nicht leicht, auf viel Spielzeit zu kommen.
"Das Wichtigste ist, einen Trainer und Mitspieler zu haben, von denen man Vertrauen spürt - die einem verzeihen, wenn man einen schlechten Tag hat oder Fehler macht. Dann rutscht man auch nicht in eine Negativspirale." In Hartberg sei das der Fall, sagt er.
Realismus
Vorgesehen ist eine Rückkehr zu Rapid im Sommer. Was danach passiert, ist unklar - Vincze schließt auch eine weitere Leihe nicht aus. "Ich werde wahrscheinlich die Vorbereitung bei Rapid beginnen und mir anschauen, wie die Chancen sind. Im Moment mache ich mir darüber keinen großen Kopf. Für mich als junger Spieler wird es natürlich nicht leicht, auf viel Spielzeit zu kommen."
Moritz Wels (Austria Wien)
Position | Alter | Leihverein | Vertrag bis | Spielzeit 24/25 | Spielzeit 25/26 |
|---|---|---|---|---|---|
Offensives Mittelfeld | 21 | WSG Tirol | 2027 | 152 | 1.080 |
Mit zwei Toren in den ersten beiden Saisonspielen hat Moritz Wels früh für Aufsehen gesorgt. Inzwischen ist die Formkurve ein bisschen abgeflacht, die Austria-Leihgabe zählt aber trotzdem zu den Gewinnern der Saison.
Im vergangenen Frühjahr war diese Entwicklung noch nicht absehbar, Wels kam vor allem bei Kooperationsklub Stripfing zum Einsatz. Magere 19 Spielminuten fielen nach der Winterpause noch für ihn ab. Parallel mit einer Verlängerung des ursprünglich 2026 auslaufenden Vertrages wurde deshalb früh eine Leihe organisiert.
Zum ehemaligen Lehrer
"Es hat sich direkt nach Saisonschluss abgezeichnet, dass ich gehen werde. Angefangen hat es bei mir, weil ich auf jeden Fall mehr spielen wollte. Mit dem Wunsch bin ich auf den Verein zugegangen, um zu besprechen, ob die Chancen in der nächsten Saison besser sind. Es hat sich dann herausgestellt, dass man nicht abgeneigt wäre, wenn ich eine Leihe anstrebe", erinnert er sich.
Es hat sich direkt nach Saisonschluss abgezeichnet, dass ich gehen werde.
Die Entscheidung für den Tiroler Bundesligisten fiel schnell: "Ich hätte meine Entscheidung noch ein bisschen abwarten können, es war mir aber relativ schnell klar, dass die WSG die beste Anlaufstelle ist."
Trainer Philipp Semlic sei zwar nicht der einzige, aber jedenfalls ein Mitgrund dafür gewesen. Die beiden kennen sich aus Graz, Semlic hat Wels schon als Schüler und später kurz in der Sturm-Akademie betreut.
"Er ist extrem zielstrebig. Er hat uns das schon am Anfang der Saison vermittelt und macht das immer noch in jedem Training. Manchmal ist er immer noch wie der Lehrer früher, der nach Perfektion strebt. Mir gefällt das. Und er kann ja auch ganz lieb sein", lacht der 21-Jährige.
Zelte vorerst abgebrochen
Anders als Teamkollege Böckle hat Moritz Wels seine Wohnung in Wien aufgegeben und die Zelte vorerst abgebrochen. Auch der Kontakt zur Austria ist zwischenzeitlich eingeschlafen: Bis zu seiner Freistellung war Sportdirektor Manuel Ortlechner das Verbindungsglied zum Stammverein. "Ich hatte vor allem zu ihm Kontakt, manchmal auch mit den Athletiktrainern. Bei Sturm hat es jemanden gegeben, der sich um die Leihspieler gekümmert hat. In meinem Fall hatte ich das Gefühl, dass der 'Orti' auf mich geschaut hat."
Vor dem direkten Duell am vergangenen Wochenende hatte Wels noch nicht mit Ortlechners Nachfolger Michael Wagner gesprochen. Auf dem Laufenden gehalten wird er von ehemaligen Teamkollegen wie Philipp Maybach und Luca Pazourek: "Mit einigen habe ich noch richtig viel Kontakt. Mit dem Kopf bin ich hier, aber ich frage schon alle zwei Wochen einmal nach, was es Neues gibt."
Sollte es einen Plan in diese Richtung geben, müsste ich ihn mir erst einmal anhören.
Zukunftsfragen
In einer variablen Rolle als Teil der WSG-Offensive hat Wels seit Saisonbeginn ausreichend gute Leistungen gezeigt, um Gerüchte über einen Leihabbruch im Winter anzuheizen.
Im Gespräch mit 90minuten gab es von Wels dazu kein klares Nein, aber eine Portion Skepsis: "Ich weiß noch gar nichts und habe auch noch gar nicht nachgefragt. Grundsätzlich sehe ich das relativ ruhig, es muss einfach für mich passen und ich muss zum Spielen kommen. Sollte es einen Plan in diese Richtung geben, müsste ich ihn mir erst einmal anhören."
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Durch die schwere Verletzung von Manprit Sarkaria sollte das Thema in den kommenden Wochen jedenfalls noch einmal Fahrt aufnehmen - die Letztentscheidung hat der Spieler. Sollte die Austria Wels als Baustein für die Zukunft sehen, muss sie ihm jedenfalls früher als später eine Perspektive aufzeigen. Mit dem Start der kommenden Saison geht der U21-Teamspieler in sein letztes Vertragsjahr und steht bereits jetzt bei mehreren Vereinen auf dem Zettel.
Mit dem bisherigen Saisonverlauf ist Wels jedenfalls zufrieden: "Ich fühle mich hier sehr wohl, persönlich und spielerisch. Die Spielweise kommt mir entgegen, auch wenn die Ergebnisse besser hätten sein können. Auf meine Minuten komme ich auch, es war der richtige Schritt."
Über seine persönliche Zukunft meint er abschließend: "Ich gehe schon davon aus, dass ich nächstes Jahr wieder violett tragen werde. Es kommt natürlich auf meine Performance an."
Daniel Sauer