Was halten die Bundesliga-Trainer und -Sportchefs vom VAR? [Reportage]
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Was halten die Bundesliga-Trainer und -Sportchefs vom VAR? [Reportage]

Zwar sind sich nicht alle einig, eine Tendenz zum Thema VAR gibt es unter den Trainern und Sportchefs der Österreichischen Bundesliga aber schon - Verbesserungsvorschläge auch.

Weder Spieler noch Verantwortliche steigen noch durch

Matthias Imhof

Alles in allem erfüllt der VAR das Ziel, den Fußball gerechter zu machen

Robin Dutt

+ + 90minuten.at PLUS - Eine Reportage von Daniel Sauer + +

 

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des 90minuten.at-Themenschwerpunktes 'Schiedsrichter in Österreich: Lauter Pfeifen?'

 

Der Video Assistant Referee (VAR) wurde in der österreichischen Bundesliga vor etwas mehr als einem Jahr eingeführt - man wollte mit dem neuen System "den Fußball gerechter machen", ein ambitionierter Arbeitsauftrag für alle Beteiligten. In einem Sport mit vielen Grauzonen im Regelwerk waren Auffassungsunterschiede vorprogrammiert, irgendwann fühlte sich jeder Verein, Spieler, Trainer und Fan ungerecht behandelt. Erst vor kurzem ließ der ehemalige ÖFB-Teamspieler Marc Janko mit harter Schiedsrichter-Kritik aufhorchen, der Verband mahnte daraufhin zur Sachlichkeit - gestand gleichzeitig aber auch einen Fehler ein. 

Man wird lernen müssen, mit dem VAR umzugehen. Wenn man sich anschaut, in welche Richtung die FIFA die Entwicklung treibt, wird klar, dass er bleibt: in der Champions League und bei der WM 2022 wird halbautomatisch über Abseits-Situationen entschieden, die Tendenz geht in Richtung "mehr Technik". Es wäre also sinnvoll zu fragen, an welchen Schrauben gedreht werden muss, damit nicht Woche für Woche der "VAR-Keller" in Wien-Meidling zum Haupt-Diskussionsthema wird. 

90minuten.at hat deshalb mit Sportchefs und Trainern der Bundesligisten darüber gesprochen, wie sie zum VAR stehen und wo es noch Verbesserungspotenzial gibt.

"Grundsätzlich für den VAR, aber..."

Wirklich gegen den VAR aussprechen möchte sich eigentlich keiner der von 90minuten.at Befragten. Die Kritik - teilweise garniert mit Beispielen für besonders belastende Fehlentscheidungen - kommt eher unterschwellig durch: Man sei ja eigentlich schon ein Befürworter, heißt es oft, aber ändern müsse man trotzdem viel.

Im Gegensatz zu allen anderen musste sich die Lustenauer Austria als Aufsteiger erst an das System gewöhnen - Trainer Markus Mader ist noch nicht restlos überzeugt. "Wir akzeptieren den VAR, weil es ihn gibt und wir das daher tun müssen", so der 54-Jährige. Diskussionen um Handspiel oder Abseits gäbe es ja weiterhin, Fehler würden ebenfalls weiter passieren, die Hoffnung ruht demnach darin, dass sich "Fehlentscheidungen im Laufe einer Meisterschaft ausgleichen". Mader meint: "Es menschelt". 

LASK-Sportdirektor Radovan Vujanović sehnt sich nach einer "klaren Linie", schon in der Frage, wann der VAR überhaupt zum Einsatz kommt. Diesen Wunsch hat er nicht exklusiv, sein Amtskollege aus Klagenfurt, Matthias Imhof, sieht es ähnlich und findet beispielsweise zum Thema Handspiel im Strafraum: "Weder Spieler noch Verantwortliche steigen noch durch". In der offiziellen Beschreibung des VAR ist die Rede von "klaren und offensichtlichen Fehlentscheidungen" und "schwerwiegenden Vorfällen" - vielleicht gäbe es hier tatsächlich die Möglichkeit weiter zu präzisieren.

Thomas Reifeltshammer, Sportchef der SV Ried, sieht überhaupt in "Kommunikation und Umsetzung" viel Aufholbedarf und meint, Schiedsrichter:innen müssten selbst wieder mehr Verantwortung übernehmen.

Hartberg-Obmann Erich Korherr stellt, ebenso wie Werner Graberr vom SCR Altach, den Bedarf für umfassende Analysen bei den Verantwortlichen der Schiedsrichter:innen fest, um die verbleibenden Unklarheiten nach und nach zu beseitigen. Korherr hofft, dass „schon in der langen Winterpause, aber dann auch nach dem 1. Jahr VAR viele Szenen und nachträglich festgestellte Fehlentscheidungen genau analysiert werden“, Graberr sieht „Lernpotentiale“, die man aus der letzten Saison mitnehmen könne.

Eigentlich sind ja fast alle Befürworter

Trotz aller Kritik bezeichnen sich fast alle Vertreter der zwölf Bundesligisten als klare Befürworter des VAR, eigentlich ja ein gutes Vorzeichen für einen konstruktiven Dialog. Auch Meister Red Bull Salzburg dürfte zu denen gehören, die vor allem die guten Seiten sehen. Auf Anfrage von 90minuten.at wurden zwar keine Fragen zum Thema VAR beantwortet, er sei aber eine "grundsätzlich sehr gute Sache". Die Bekenntnisse fallen mal weniger, mal mehr enthusiastisch aus. Ein Beispiel für Letzteres ist WSG-Trainer Thomas Silberberger: "Ich bin zu 100% Pro VAR". Man scheint sich mit der Umstellung abgefunden zu haben.

Robin Dutt, Trainer des Wolfsberger AC, sieht das Ziel, den Fußball gerechter zu machen, überhaupt schon erfüllt – auch wenn er dann selbst noch Verbesserungen vorschlägt, dazu später mehr. Vor allem bei knappen Abseitsentscheidungen würde man inzwischen großteils zu einer fairen Entscheidung finden, urteilt WSG-Manager Stefan Köck.

Wenn Lustenau-Sportchef Alexander Schneider annimmt, dass er sich als Befürworter des VAR inzwischen zur Minderheit zählen muss, liegt er damit also nicht ganz richtig.

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