Foto: © Gepa / Fotomontage 90minuten.at Reportage

Was halten die Bundesliga-Trainer und -Sportchefs vom VAR? [Reportage] (2)

Zwar sind sich nicht alle einig, eine Tendenz zum Thema VAR gibt es unter den Trainern und Sportchefs der Österreichischen Bundesliga aber schon - Verbesserungsvorschläge auch.

"Macht keinen Sinn, dass Schiedsrichter Punkteabzüge bekommen, sobald sie den VAR zur Hilfe nehmen" - Ferdinand Feldhofer

Sturm-Sportdirektor Andreas Schicker und der zum Zeitpunkt der Anfrage von 90minuten.at noch amtierende Rapid-Trainer Ferdinand Feldhofer sprechen ein interessantes Thema an, das über den VAR an sich hinausgeht. Schiedsrichter:innen erhalten in Österreich derzeit Abzüge in ihrer Bewertung, wenn sie auf den VAR zurückgreifen. Das geschieht unabhängig davon, ob sie ursprünglich recht hatten oder nicht. Erklärt hat das bereits im April der Bundesliga-Schiedsrichter Christian-Petru Ciochirca, der schon damals befand: "Wir ein Problem mit einer Bewertungsgrundlage". Schicker sieht den Video Assistant Referee als Teil des Teams, die gemeinsame Entscheidung sollte letztlich die Bewertungsgrundlage sein und auch Feldhofer meint, dass er "keinen Sinn" darin sehe, wenn Referees für Hilfe vom VAR Punkteabzüge in Kauf nehmen müssen. Ein weiterer Wunsch Schickers wäre die Professionalisierung des Schiedsrichterwesens und eine Verbesserung von Aus- und Weiterbildung: „Der Fußball hat sich in Österreich generell in den letzten Jahren in eine sehr gute Richtung entwickelt, das Schiedsrichterwesen konnte hier meiner Meinung nach einfach nicht ganz Schritt halten“.

Einer der zentralen Kritikpunkte an der aktuellen Umsetzung ist, dass die VAR-Checks zu lange dauern , also Zeit in Anspruch nehmen, die dann im weiteren Spielverlauf fehlt. Geht man von den Zahlen aus, die die Bundesliga selbst angibt (5-6 Checks à 30-70 Sekunden), müssten alleine für die Überprüfungen mehr als fünf Minuten nachgespielt werden und das ist nicht immer der Fall. Dutt schlägt deshalb vor, direkt nach dem Eingriff die Unterbrechungsdauer anzuzeigen, um den Überblick nicht zu verlieren. Schneider hält hingegen ein Zeitlimit von beispielsweise 30 - 45 Sekunden für sinnvoll, ein klarer Fehler sollte ja rasch sichtbar sein. Auch Manuel Ortlechner, Sportdirektor der Wiener Austria, sieht in dieser Frage Verbesserungspotenzial, hofft aber darauf, dass sich die Wartezeiten nach und nach verkürzen.

"Hauptsache jeder im Stadion oder vor dem Fernseher weiß, warum eine Entscheidung getroffen wurde" - Alexander Schneider

Miteinander reden - oder doch nicht?

Das wichtigste, mehrfach erwähnte Stichwort, ist "Transparenz" und im weiteren Sinne die Kommunikation: Man müsse bessere Rahmenbedingungen für die Schiedsrichter:innen schaffen, um ihre Entscheidungen zu treffen. Soll heißen, dass weitere technische Hilfsmittel wie Kameras und besser Bildschirme angeschafft werden müssten. Im August merkte Schiedsrichter Josef Spurny nach einer VAR-Fehlentscheidung an, dass die Bilder im VAR-Room "etwas kleiner" seien, das ließe sich leicht ändern. Angelehnt an American Football könnte man laut Schneider außerdem über ein Mikrofon für die Referees nachdenken, um auch den Fans im Stadion die Entscheidungen zu erklären. Imhof bringt - ebenfalls angelehnt an den US-Sport - eine "Challenge“ ins Spiel, also die Möglichkeit für Trainer, eine Überprüfung einzufordern.

WAC-Coach Dutt widerspricht diesem Wunsch nach mehr Transparenz und Kommunikation bis zu einem gewissen Grad: Verstärkte Zusammenarbeit zwischen Vereinsverantwortlichen und den Schiedsrichter:innen würde Diskussionen nur in die Länge ziehen, die Beteiligten seien zu emotional aufgeladen. Vielmehr sollten Referees sich zurückziehen und in Ruhe entscheiden können.

Insgesamt kommt der Video Assistant Referee also eigentlich ganz gut weg. Auch wenn es in Interviews kurz nach Bundesligaspielen nicht immer so wirkt, sehen Trainer und Sportdirektoren vor allem Vorteile oder zumindest Potenzial im VAR und bringen - auf Nachfrage - auch eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen ein. Über ein Jahr nach der Einführung wären jetzt die Verantwortlichen gefordert, gemeinsam mit den Schiedsrichter:innen an ihrer Umsetzung zu arbeiten. 

"Hundertprozentige Richtigkeit kann und wird es nicht geben, das war klar" - ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer

Und wie sehen ÖFB und Bundesliga den VAR derzeit?

Verantwortlich für Schiedsrichterwesen und Video Assistant Referee sind letztendlich der ÖFB und die Bundesliga selbst, neben den Vereinsverantwortlichen läge es an ihnen, Verbesserungen anzustoßen. Erneut zeigt sich, dass die Wahrnehmung aller Beteiligten eigentlich gar nicht so weit auseinander liegt:  Liga-Vorstand Christian Ebenbauer nennt - wie viele Trainer und Sportdirektoren - die "Kommunikation der Entscheidungsfindung für die Zuschauer im Stadion" als wichtigen Ansatzpunkt, wie auch ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer sieht er zudem Bedarf für eine einheitlichere Festlegung der Interventionsschwelle.

Seitens der Bundesliga ist man jedenfalls "grundsätzlich zufrieden", der Verband verweist darauf, dass "dort, wo Menschen Entscheidungen treffen, immer Fehler passieren werden". Laut Hollerer würde der VAR zwar mehr Gerechtigkeit bringen, aber niemals alle Fehlentscheidungen beseitigen: "Es war von vornherein klar, dass es keine hundertprozentige Richtigkeit geben kann und wird".

 

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