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Wattens will nicht wie Austria Salzburg (ver)enden

Während die Sky Go Liga zu zerfallen droht, macht sich WSG Wattens Gedanken, ob und wie man das Abenteuer Profifußball finanzieren kann.  Nachgehakt hat Georg Sander

 

Die Regionallist West gilt als strukturschwächste im Profifußball. Dennoch tummeln sich mit Altach, Austria Lustenau, Wacker Innsbruck, Grödig und den zwei Red-Bull-Salzburg-Mannschaften sowie den vorerst gescheiterten von Austria Salzburg sieben Profivereine in einem Gebiet, das halb so viele Menschen beherbergt wie die Region Mitte, die genau so viele Profiklubs vorweisen kann. An der Tabellenspitze der Regionalliga West liegt aktuell die WSG Wattens mit 37 Punkten, dicht gefolgt vom USK Anif mit 35. Mit einem Respektabstand von neun Zählern auf Wattens folgt der FC Dornbirn. Der Tabellenführer aus Wattens bringt schon recht viel für einen kommenden Bundesligisten mit: Mit dem Gernot Langes Stadion bringt der Klub eine passable Heimstätte für 5.500 Fans und mit Swarowski einen potenten Hauptsponsor mit. Zudem ist die Überlegung Profifußball in Wattens nicht neu.

 

tabelle regionalliga west winterpause 2015 

Aktuelle Tabelle (Screenshot: fanreport.com)

 

„Regionalliga das höchste der Gefühle"
Anders sieht die jedoch beim zweitplatzierten USK Anif aus, wenn es um den Aufstieg geht. Obmann Christian Fuchs stellt gegenüber 90minuten.at klar: „Wir suchen nicht um die Lizenz an." Der Aufsteiger in die Westliga spielt eine gute Saison, aber „wir müssen am Boden bleiben. Die Regionalliga ist das höchste der Gefühle." Man habe schlichtweg nicht die finanziellen Mittel, auch wenn die Infrastruktur in Ordnung sei. „Es bräuchte aber Investitionen, um profitauglich zu sein." Der Verein selbst will Spieler ausbilden und dafür ist die Regionalliga die richtige Spielklasse. „Wir müssten wachsen", wählt Fuchs den Konjunktiv, „Es würde zu schnell gehen. Wenn man das mit aller Gewalt macht, sieht man ja, wo das hinführt."

 

Geschichtsträchtiger Kandidat
Die Werkssportgemeinschaft aus Innsbruck-Land hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die unweigerlich mit dem FC Wacker verbunden ist. In einer Spielgemeinschaft mit Wacker und als SSW Innsbruck holte man in den 70ern vier Meistertitel und ebenso viele Cupsiege sowie zwei Mitropapokalsiege. Die Ehe wurde 1986 gelöst, der FC Swarovski Tirol erbte als neuer Klub die Lizenz der Spielgemeinschaft. 2003 rettete Wattens den FC Wacker erneut und kickt seit 2005 wieder als eigenständiger Klub in der Westliga. Der Klub war in den vergangenen 10 Spielzeiten immer oben dabei, seit 2008/09 fünf Mal als Vizemeister, einmal Dritter und 2011/12 Meister. Im Relegationsspiel verpasste man den Aufstieg – nicht zuletzt aufgrund eines grausam verschossenen Elfers des Wattener Routiniers Armin Hobel.

 


Der Blick geht nach vorne
Dem Klub ist bewusst, dass sie jetzt bereits in der Sky-Go-Liga kicken könnten, wenn Austria Salzburg bereits zu Beginn der Saison die Lizenz verwehrt bekommen hätte. So sind die Tiroler Leidtragende der Salzburger Misere. Der Blick geht dennoch nach vorne, wie Sportmanager Stefan Köck 90minuten.at verrät, den so etwas wie bei der Austria, das soll in Wattens nicht geschehen: „Die Fußballfans müssen keine Angst haben." Köck sagt ganz klar, dass es noch weitere Sponsoren braucht, um nach einem möglichen Sieg in der Liga und in der folgenden Relegation Profifußball zu spielen: „Wir haben mit Swarovski einen sehr guten Partner, aber man muss klar sagen, dass wir nicht automatisch das doppelte Sponsorengeld bekommen, wenn wir aufsteigen." Man muss sich breiter aufstellen, denn „mit Swarowski alleine haben wir im Profifußball keine Chance."

 

Mit einem Minimalbudget von 1,2 Millionen Euro wolle man nicht aufsteigen und sportlich wie finanziell ums Überleben kämpfen. Sollte kein sinnvolles Budget für mehrere Jahre auf die Beine gestellt werden können, würde man nicht um die Lizenz ansuchen. Aber „das gelingt uns bis jetzt ganz gut."

 

Skurrilität der Lizenzierung
Wattens möchte also eine passable Rolle spielen. Das beginnt schon bei den Spielern. „In der zweiten Liga wird keiner reich werden", so Stefan Köck, „aber wenn ich Summen von 600 Euro höre und Profis von dem Geld nicht leben können, ist das nicht unser Ansinnen." Die Kicker sollen nicht überbezahlt werden, aber sie sollen davon leben können. „Wenn man das will, wird sich das Budget erhöhen müssen", meint Köck weiter. Dass die Weichen immer früher gestellt werden müssen, wenn man in den Profifußball will, findet Köck gut. Das liegt freilich auch an Klubs, die beispielweise mit Fernsehgeld planen, auf mehr Zuschauer hoffen und sich durchwurschteln wollen. „Das ist der Anfang vom Untergang", stellt der Sportmanager klar, „aber das ist die Zweitligaproblematik. Man denkt sich, man steigt auf und wird dann schon einige Partner lukrieren. Das ist ein Trugschluss." Natürlich könne man über das Format diskutierten, aber wenn es eine Profiliga ist, dann müsse das so sein. Wenn man diese Art der Liga hat, braucht es diese Lizenzierung.

 

Und wie genau die Lizenzierung sein kann, erzählt Köck dann noch anhand eines Beispiels: „Ich mache das jetzt das dritte Jahr mit. Man muss alles dokumentieren. Unser Pressesprecher ist beim ORF Tirol tätig. Ich musste einen Nachweis bringen und sein Ausweis war nicht ausreichend. Der ORF musste dazu schreiben, was er da macht. Er könnte ja auch die Toilette putzen. Wenn es so ins Detail geht, dann wundere ich mich, wie man in eine Schieflage kommen kann." Dass es geht, wissen wir seit letzter Woche. Wattens macht es überdeutlich, dass man sich nicht zu diesen Vereinen zählen lassen will.

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