News-Archiv / 2015

‚Die Geldvernichtungsmaschine'

In der Ostliga gibt es dieses Jahr einen Freifahrtschein Richtung Sky-Go-Erste-Liga. Der SV Horn und die Vienna gelten als aussichtsreichste Kandidaten. Die Ziele dieser beiden Klubs sind ähnlich, der Weg dorthin verschieden. Nachgehakt hat Georg Sander

 

Die Region Ost ist der der bevölkerungsreichste Regionalverband. Knapp 3,7 Millionen Menschen leben hier. Mit Rapid, Austria, Admira und Mattersburg stellt man die meisten Bundesligisten, mit St. Pölten, Wiener Neustadt und dem FAC noch drei Zweitligisten. Die beiden Wiener Großklubs überstrahlen alles, dahinter ist es schwierig, sich zu positionieren. Die Admira löst das mit der Tradition des Ausbildungsvereins, der SVM setzt ebenfalls auf diese Schiene, hat zudem notwendiges Kleingeld, um nicht jeden, der zwei Mal mit dem Hintern wackelt gleich zu veräußern. Dieses Umland gekoppelt mit den beiden Großklubs machen es für die anderen Klubs schwierig zu überleben. Ehemalige Größen wie die Vienna und der Wiener Sportclub sind derzeit nur in der Regionalliga. Als Wiener Nummer drei möchte sich künftig wieder die Vienna positionieren. Die Döblinger befinden sich da sogar in einer ähnlichen Lage wie Austria Salzburg vor einem Jahr. Denn es gibt neben einem Stadion, in das investiert werden muss, auch noch einen frenetischen Anhang, der sich mit der gegenwärtigen Vereinsführung nicht immer einig ist. Eines hat die Vienna auch schon erlebt: Punkteabzüge und Lizenzverweigerung.

 

"Die Sky-Go-Erste-Liga ist grundsätzlich eine Geldvernichtungsmaschine"
„Wenn man nicht aus dem Red-Bull-Stall kommt, kann man sich die zweite Liga über Jahre gesehen nicht leisten", sagt Vienna-Sportchef Kurt Garger gegenüber 90minuten.at. „Wer anderes behauptet, lügt!" Die Vienna hat(te) bereits eine schwierige Zeit, Garger ist seit 2013 beim Döblinger Traditionsverein. Das Glück der Vienna nach dem sportlichen und finanziellen Abstieg aus der Ersten Liga 2013/14 war der Auftritt des Sponsors Care Energy. „Mit ihnen haben wir einen potenten Sponsor gefunden, der die Vienna quasi gerettet hat. Die Vienna ist jetzt schuldenfrei. Das ist nicht selbstverständlich", meint Garger. Die Vienna befände sich nun wieder in einem Zustand, in dem sie „ernsthaft überlegen darf, wieder in die Bundesliga zurück zu kehren." Wie beinahe alle Drittligisten hätte die Vienna schon auch infrastrukturell einiges zu tun, Stichwort Flutlicht. Hinzu kommen kleine Adaptierungsarbeiten. Schon dieser Schritt bringe viele Vereine in eine finanzielle Notsituation. An diesem Punkt stellt Garger die Sinnfrage: „Kann sich das der österreichische Fußball überhaupt leisten." Die Vienna könnte es wirtschaftlich mit dem Großsponsor, sportlich gesehen muss man noch aus einem Punkt Rückstand einen Vorsprung generieren.

 

Aber wie lange plant die Vienna überhaupt? Einen Zeitraum, in dem man planen kann, könnte man laut Kurt Garger mit drei Jahren umschreiben. Doch der Sportchef schränkt bewusst ein: „Es kann in dieser Konstellation (Anm.: mit Sponsor Care Enegery) sportlich mehr passieren. Oder nicht, dann ist es besser, man lässt es." Mit dieser etwas kryptischen Aussage meint Garger: „Die Sky-Go-Erste-Liga ist grundsätzlich eine Geldvernichtungsmaschine. Das werden viele Vereine, die jahrelang dabei sind, bestätigen. Es ist ganz schwierig, konstant potente Sponsoren zu gewinnen und eine professionelle Vermarktung hinzustellen. Das geht nur in der Bundesliga." Die Vienna will es - Geldvernichtung hin oder her - dennoch probieren, denkt in kleinen Schritten an die Zukunft. Zunächst soll der Aufstieg her, dann wird gemeinsam mit den Geldgebern analysiert. Reicht es sportlich nicht, „ist die Regionalliga auch nicht das Blödeste. Die Vienna sollte nicht mehr in die Situation kommen, wie sie vor eineinhalb Jahren war. Was gibt es für eine Perspektive, wenn man mehr schlecht als recht um Platz 7 oder 8 spielt?" Irgendwie geht es bei den Döblingern immer weiter und auch beim Thema Geldvernichtung sind die Döblinger ein gebranntes Kind. Die Vienna setzt also eher auf Probieren als auf eine langfristig, durchdachte Stratgie.

 


Der Traum von der Champions League
In ganz anderen Maßstäben wird im Waldviertel gedacht. Der SV Horn hat nicht nur ein Bundesliga-taugliches Stadion sondern auch das nötige Kleingeld. Nicht umsonst leistet man sich Kicker mit höherklassiger Erfahrung wie etwa Radovan Vujanovic (ehem. LASK), Stefan Rakowitz (SCWN) oder Miroslav Milosevic (Ex-Wacker). Möglich machte den Aufbau der Infrastruktur vor allem Ehrenpräsident Thomas Kronsteiner sowie derzeit das Geld aus Fernost, von Milan-Star Keisuke Honda. Dieser fand in Österreichs Drittligisten aus dem Waldviertel das geeignete Vehikel, um möglichst schnell möglichst hochklassig die Talente aus seinen Fußballschulen nach Europa zu bringen. Das ist nun einmal so.

 

„Wir haben, weil wir es sportlich versemmelt haben, kein Recht mitzureden", gibt der sportliche Leiter, Reinhard Vyhnalek im Gespräch mit 90minuten.at, zu Protokoll, „Jetzt sind wir einmal Erster und trachten nach dem Aufstieg." Freilich sind die Horner spitz auf den diesjährigen Direktaufstieg. „Es gibt einen Mehrjahresplan und natürlich wollen wir so schnell wie möglich rauf. Das Projekt mit Honda ist nun einmal angelaufen, einen Rückschlag würde man wohl auch verkraften. Nachdem davon auszugehen ist, dass sich Honda und Co. den Schritt, mit Horn eine Partnerschaft einzugehen, wohl überlegt haben, wird man die Flinte schon nicht nach einem Jahr ins Korn werfen. Sollte aber die Lust verloren gehen, wer weiß, was dann passiert und ob sich das Waldviertel das Abenteuer Profifußball auch ohne fernöstliche Unterstützung leisten kann. Der Status quo aber ist: Steigt Horn auf, dann sind sie nicht gekommen, um in der zweiten Liga allzu lange zu verweilen.

>>> Status Quo in der RLW: Wattens will nicht wie Austria Salzburg (ver)enden

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