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Gegen Homophobie im Fußball: So denken Österreichs Profis [Exklusiv]

Das Stadion ist ein Ort für alle, für Diskriminierung gibt es dort keinen Platz. So weit sind sich die Vereine einig, auch wenn die Realität manchmal anders aussieht. Aber wie stehen eigentlich die Spieler selbst zu einer wichtigen Frage, die zu oft als Tabuthema eingeordnet wird? 90minuten.at hat nachgefragt.

+ + 90minuten.at PLUS - Von Daniel Sauer + +

 

Österreichs Profifußball zählt einige Bereiche, in denen noch unausgeschöpftes Verbesserungspotenzial liegt. In einem macht er es sich auf dem Weg der Besserung aber besonders schwer. Immer wieder fallen einzelne Fangruppierungen negativ mit homophoben Äußerungen - Sprechchören, Transparenten - auf, vor allem - aber nicht nur - das Wiener Derby dient nicht zu Unrecht regelmäßig als Beispiel. Die Vereine selbst tun sich im Umgang mit diesem Problem häufig schwer, die von der Bundesliga eingesetzte Ombudsstelle "Fußball für Alle" stünde zwar beratend zur Verfügung, findet aber wenig Zulauf aus dem Profibereich. 

Der Fußball sollte grundsätzlich allen offen stehen, selbstverständlich auch Angehörigen der LGBTQ+ Community. Im Frauenfußball ist das bereits gelungen, es sollte auch im Männerbereich möglich sein - zumal es inzwischen mehrere Beispiele für Coming-Outs von Profifußballern gibt. Jakub Jankto wäre hier zu nennen, er ist tschechischer Nationalspieler und für Cagliari Calcio in der Serie A aktiv. Was für ihn und andere Spieler, sowie queere Fans im Stadion wahrscheinlich genauso wichtig ist, wie der Rückhalt von den Rängen: Die Unterstützung des Teams, der Akteure auf dem Platz. 

 

Was denken Österreichs Profifußballer?

In einer eindrucksvollen Aktion sammelte das deutsche Fußballmagazin '11Freunde' vor zwei Jahren unter dem Hashtag "#ihr­könn­tau­funs­zählen Stimmen" aus dem deutschen Profifußball - über 800 Spieler:innen sicherten Solidarität und Unterstützung für den Fall eines Coming-Outs zu. Unter ihnen auch die beiden österreichischen Nationalspieler Christoph Baumgartner und Christopher Trimmel. Nachzulesen gibt es den umfassenden Beitrag hier. 

Mit dem Gedanken, auch die österreichischen Profis einmal zu Wort kommen zu lassen, wandte sich 90minuten.at vor einigen Wochen an die österreichischen Profivereine im Männerfußball. Angelehnt an '11Freunde' wurde um ein Statement des Kapitäns, des Mannschaftsrates, oder der Mannschaft als ganzes gebeten. In diesem sollte zum Ausdruck kommen, inwiefern ein Teamkollege bei und nach einem Coming-Out auf Unterstützung zählen könnte. 

 

Zusammengekommen sind Statements aller zwölf Bundesligisten und zweier Zweitligisten:

Austria Klagenfurt - Kapitän Thorsten Mahrer

"Fußball hat die Menschen schon immer miteinander verbunden und es sollte keine Rolle spielen, welche Nationalität, welche Religion und welche sexuelle Orientierung ein Trainer oder Spieler hat. Am Ende lieben wir alle unseren Sport und ich sehe Vielfältigkeit und Offenheit als Stärke einer Gruppe und in unserer Gesellschaft an. Daher würde ich mir sehr wünschen, dass sich niemand verstecken oder verstellen müsste. Ich habe großen Respekt vor den wenigen Spielern, die sich für ein öffentliches Outing entschieden haben, aber ebenso Verständnis für die Kollegen, die sich dem Medienrummel um ein sehr persönliches Thema und den zu erwartenden negativen Reaktionen von Teilen der Fans in den Stadien und erst recht in den Sozialen Medien nicht aussetzen wollen."

Austria Lustenau - Kapitän Matthias Maak

"In der heutigen Zeit, sollten Vielfalt und Toleranz absolut kein Thema mehr sein und als selbstverständlich gehandhabt werden. Leider taucht es dennoch immer wieder negativ in den Schlagzeilen auf, wobei es schon zur Normalität werden sollte, denn was ist schon eine richtige Definition von „normal“! Jeder einzelne ist auf seine eigene Art und Weise normal und wird dementsprechend bei uns akzeptiert so wie er ist! In meinem eigenen Umfeld gibt es auch Personen,
die sich bereits geoutet haben und nicht auf das Outing beschränkt werden. Es darf im Fußball als auch allgemein kein Tabu-Thema sein! Es wird ja auch keiner aufgrund seiner Haarfarbe in ein schlechtes Bild gerückt, wieso dann also aufgrund seiner sexuellen Neigung? Wir stehen als Mannschaft zusammen, immer und überall, komme was wolle!"

Austria Wien

Von der Wiener Austria gab es gegenüber 90minuten.at kein konkretes Statement zu diesem Thema. Die Austria sieht es als Selbstverständlichkeit an, dass jeder Spieler - unabhängig von seiner Herkunft, Orientierung oder Zugehörigkeit zu einer Gruppe/Community - den vollen Support der Mannschaft und des ganzen Vereins hat. Verwiesen wird zudem auf viele gesetzte Zeichen in diese Richtung, beispielsweise Kapitäns-Schleifen in Regenbogenfarben und einer zeitweisen Einfärbung des Logos in sozialen Medien.

Blau Weiß Linz - Statement der Mannschaft

"Es ist für uns überhaupt kein Thema welche Herkunft, welche Hautfarbe oder welche sexuelle Orientierung jemand hat. Wir sind alle EIN Team und stehen immer zueinander, auch nach Abpfiff. Bei uns ist definitiv kein Platz für Diskriminierung oder Ausgrenzung. Jeder sollte glücklich sein und so leben wie er das möchte. Dafür stehen wir!"

LASK - Kapitän Robert Žulj

"Fußball ist für alle da. Am Platz darf es keine Rolle spielen, welche Hautfarbe, welches Geschlecht oder welche sexuelle Orientierung ein Spieler oder eine Spielerin hat. Als Profisportler sehen wir uns hier auch in der Verantwortung, eine Vorbildfunktion zu übernehmen und eine klare Botschaft zu senden."

Rapid Wien - Statement des Spielerrates

"Wie für uns Herkunft, Sprache oder Hautfarbe absolut keine Rolle spielen, ist dies auch so in Bezug auf die sexuelle Orientierung eines Mannschaftskollegen. Für uns als Team zählt einzig und alleine die Bereitschaft sich gut in die Gruppe zu integrieren und alles dafür zu tun, um gemeinsam sportlich so erfolgreich wie möglich sein zu können. Als Mannschaft unterstützen wir uns gegenseitig und das wäre auch bezüglich eines sogenanntes Outings bzw. Coming-Outs der Fall."

Red Bull Salzburg

Der FC Red Bull Salzburg wollte sich auf Anfrage von 90minuten.at nicht in einem Statement äußern. Es sei aktuell weder beim Verein, noch innerhalb der Mannschaft ein Thema.

SCR Altach - Kapitän Lukas Jäger

"Als Kapitän des SCR Altach möchte ich im Namen der gesamten Mannschaft ein klares Statement abgeben. Wir stehen uneingeschränkt für Solidarität, Toleranz und Unterstützung gegenüber unseren Mitspielern, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Im Fußball sollte jeder Spieler die Freiheit haben, sich selbst zu sein, ohne sich verstellen zu müssen. Es ist von größter Bedeutung, dass unsere Mannschaft ein Umfeld schafft, in dem sich jeder Spieler sicher und akzeptiert fühlt, egal wer er ist und wen er liebt. Wir sind stolz darauf, Teil einer Sportgemeinschaft zu sein, die Vielfalt und Gleichberechtigung aktiv fördert. 

Sollte sich ein Mitglied unserer Mannschaft dazu entscheiden, sich als Mitglied der LGBTQ+ Community zu outen, werden wir ihn bedingungslos unterstützen. Wir werden ihm zur Seite stehen, sein Vertrauen respektieren und gemeinsam die nötigen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass er sich in unserem Team wohl und geschützt fühlt."

Sturm Graz - Kapitän Stefan Hierländer

"Die Frage der Toleranz sollte und darf sich im Jahr 2023 nicht mehr stellen, auch nicht in einer Fußballkabine. Egal welche Nationalität, Hautfarbe, Religion oder sexuelle Orientierung – wir beim SK Sturm stehen für Offenheit und Meinungsfreiheit. Wenn sich ein Spieler, Betreuer oder jemand anderes aus dem Umfeld unserer Mannschaft als Mitglied der LGBTQ+ Community outet, verändert das absolut nichts am Umgang in der Kabine oder dem Respekt, den wir dieser Person entgegenbringen. Bei jedem Heimspiel in Liebenau laufen wir über einen Regenbogen auf das Feld – ein Zeichen, hinter dem wir als Mannschaft zu 100 Prozent stehen und das wir leben."

TSV Hartberg - Kapitän Jürgen Heil

"Bei uns im Verein ist jeder herzlich willkommen, jeder sollte so sein wie er ist und niemand muss sich verstellen. Wir würden jeden Mannschaftskollegen zu 100% unterstützen wenn dieser ein Coming-out machen würde. Ich hoffe, dass das auch in der Öffentlichkeit so angesehen wird, den kein Mensch sollte wegen seiner sexuellen Orientierung verachtet werden."

Wolfsberger AC - Statement der Mannschaft

"Wir beim RZ Pellets WAC stehen für Toleranz und Vielfalt - sei es in Sachen Herkunft, Religion oder auch sexueller Orientierung. Niemand soll sich verstellen oder verstecken müssen, denn jeder hat das Recht so zu sein, wie er eben ist. Und diese Haltung sollte nicht nur im Fußball, sondern allgemein in der Gesellschaft selbstverständlich sein!"

WSG Tirol - Kapitän Felix Bacher

"Falls sich einer meiner Mitspieler als Mitglied der LGBTQ+ Community outet, erhält er selbstverständlich vollste Unterstützung meinerseits, der Mannschaft und auch des gesamten Vereins. Im Jahr 2023 darf ein Coming-Out keine Hürde mehr für die betroffene Person darstellen."

SKN St. Pölten - Kapitän Christian Ramsebner

"Wir sind eine Mannschaft, ein Team. Welche sexuelle Orientierung ein Teamkollege hat, ist dabei völlig irrelevant. Sollte es einmal zu einem Outing kommen, sind wir aber natürlich jederzeit für den Mitspieler da, falls er Unterstützung oder Hilfe braucht. Das sollte selbstverständlich sein."

SV Ried - Kapitän Marcel Ziegl

"Es ist wichtig, dass wir alle offen und tolerant sind für die Vielfalt, die es in unserer Gesellschaft gibt. Für uns im Verein und in unserer Mannschaft sind diese Offenheit und Toleranz nicht nur Schlagworte. Wir wollen sie Tag für Tag aktiv leben, um zu zeigen, dass damit das Zusammenleben aller respektvoller, einfacher und schöner wird. Wir als Profisportler wollen Vorbilder dafür sein, wie das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung mit gegenseitiger Achtung und ohne jedweder Diskriminierung funktionieren kann."

Die 90minuten.at-Anfrage an die Vereine:

In den letzten Jahren hat sich im Fußball einiges geändert - ein wichtiger Fortschritt, den wir gesehen haben, ist, dass sich einzelne Spieler mit ihrem Coming-out auch an die Fußballöffentlichkeit gewendet haben/anvertraut haben. 

Damit das auch in Zukunft möglich bleibt, und um weiteren Spielern diesen Schritt zu ermöglichen, braucht es eine entsprechende Atmosphäre - in den Vereinen, den Stadien, aber vor allem auch innerhalb der Mannschaft. Dabei geht es in erster Linie um Solidarität und Unterstützung - darum, nicht das Gefühl zu geben, sich verstellen zu müssen. Im Einklang mit den Leitbildern aller Vereine.

Um das auch nach außen und für alle sichtbar zu signalisieren würde ich angelehnt an ein Projekt des deutschen Magazins "11Freunde" vor einigen Jahren um Folgendes bitten: 

  • Ein gemeinsames Statement aus dem Kreis der Mannschaft, in dem deutlich wird wie, bzw. inwiefern ein Teamkollege, der sich als Mitglied der LGBTQ+ Community outet, unterstützt werden würde. Oder:
  • Ein Statement vom Mannschaftskapitän, dem Mannschaftsrat o.ä. zum selben Thema. 

Wie viel geschrieben wird, ist euch überlassen - ein kurzes Statement reicht, es gäbe aber auch Platz für längere Überlegungen. Klar werden sollte idealerweise, wie Österreichs Profifußballer selbst über dieses Thema denken.

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