"Ja mei, das ist eben ihr Hobby, so wie sie sich einen Ferrari kaufen. Was soll man ihnen vorschreiben, was sie mit ihren Milliarden machen?"
Europa wird sich hierbei etwas einfallen lassen müssen, nicht nur, weil viele Starspieler eine klare Antwort haben, was sie tun, wenn Autokratien mit dem Geld wedeln: Wir gehen dorthin, wo es die meiste Marie gibt. Egal, ob das Russland, China oder Saudi-Arabien ist. Aus europäischer Sicht ist es aber natürlich auch angenehm zu wissen, dass Kapital sich schnell bewegt und die Destinationen sich ändern können. So manch ein Funktionär wird wohl hoffen, dass das saudische Fußballprojekt so nachhaltig ist wie deren Golfserie. Diese entschloss sich bereits in Jahr 2 zum Abspecken und Kooperation mit den etablierten Touren. Ob das Pendel im Fußball wieder zurückschlägt, wie es bisher der Fall war, wird dann eher auf politischer Ebene entschieden. Noch ist „der Westen“ das Maß der Dinge, bekanntlich wird daran gearbeitet, eine alternative Weltordnung zu bauen.
Haustüre
Nicht nur, aber auch deshalb muss Europa vor der eigenen Haustüre kehren. Wie schon im Fall von der Winter-WM in Qatar tun sich Autokratien leicht, bei Kritik den Ball zurück zu spielen. Die Kolonialgeschichte Europas oder der Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeer und andernorts lässt viele Menschenrechts-Argumente ins Leere rennen. Auch, wenn das tägliche Leben nirgendwo so frei ist für die meisten, wie in Staaten, die den westlichen Wertekanon übernommen haben. Eine schwierige Angelegenheit, die der Fußball nicht lösen wird. Am maßlos übertriebenen Kapitalismus, der Ronaldo, Neymar, Mancini und Co. aber nach Saudi-Arabien bringt, daran sind die Verbände, Ligen und großen Vereine aber sehr wohl selber schuld. Die Gier vor allem der großen Klubs in Europa ist beinahe unermesslich. Es muss immer mehr Geld in die Ligen und internationalen Bewerbe gepumpt werden. Dazu zwei Beispiele. Werder Bremen nahm sieben Mal an der Champions League teil, zuletzt 2010/11. Laut einer Berechnung verdienten die Kicker von der Weser 15,5 Millionen Euro an Einnahmen aus der Königsklasse. Heutzutage streichen die Klubs mehr als Startgeld ein. Und: Ein Absteiger aus der Premier League kassiert im Schnitt 35 Millionen Euro. Wegen des Abstiegs (!)...
Ja mei...
Der Systemfehler im internationalen Fußball ist vor allem das Ausufern der Ablösesummen und Gehälter. In diesem System hat dann irgendwer immer viel Geld, egal ob Manchester, Peking oder Riad. Und man kann es so sehen wie Lustenau-Coach Markus Mader im 90minuten.at-Exklusiv-Interview: „Ja mei, das ist eben ihr Hobby, so wie sie sich einen Ferrari kaufen. Was soll man ihnen vorschreiben, was sie mit ihren Milliarden machen?“ Der Fußball kann auch ohne einem schier endlos gefüllten Bankkonto globaler werden. Das zeigte zuletzt Marokko. Europa kann die saudische Shoppingtour nun durchtauchen wie jene Chinas oder Russlands. Oder voran gehen, um das System wieder weg vom Business, hin zum Sport zu drehen.