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"Leck mich doch" - mit Chaostheorie zur Euro [Momentum am Montag]

Österreichs Nationalteam bleibt auch im dritten Spiel in Folge ohne Torerfolg. Franco Foda forderte Torabschlüsse, die kamen erst spät und in einer gewissen Unordnung.

+ + 90minuten.at Exklusiv - Von Georg Sander + + 

 

Den wieder im Stadion Zuschauern zum Trotz konnte Franco Fodas Sager Richtung Valentino Lazaro - „Ja leck mich doch, das gibt’s ja nicht! Tino!!“ - gut hörbar übertragen werden. Unser Momentum am Montag.

Was aus den zwei Vorbereitungsspielen an Positivem mitzunehmen ist? Österreich hat jetzt eine Nummer eins und gegen England nur ein Tor kassiert, gegen die Slowakei keines. Und vorne? Darüber muss gesprochen werden. Keine Tore gegen Dänemark, England oder die Slowakei, die letzten gelangen gegen die nicht gerade als Fußballweltmacht bekannten Fähringer. Es läuft vorne nicht, was zwar schwierig ist, wenn der Gegner tief steht, aber auch der Teamchef wunderte sich eben über Valentino Lazaro – und schrie das auch ins Happel-Oval. Dass ein Franco Foda-Team eher selten abgeschossen wird, ist evident. In seiner gesamten Trainerkarriere passierten ähnliche Ausrutscher wie gegen die Dänen - drei Tore Unterschied oder mehr – in über 500 Bewerbsspielen als Trainer für Sturm, Kaiserslautern und das Nationalteam nur 23 Mal, inklusive dem Dänemark-Spiel. Vorne wird viel Bruder Zufall überlassen.



Ohne Arnie ist wenig los

Das zeigte sich öfters. Mit einem von den Slowaken gut abmontierten Sasa Kalajdžić war wenig los, Lazaro und Baumgartner konnten den tief stehenden Gegner kaum unter Druck setzen, die Mittelfeldzentrale mit Sabitzer, Grillitsch und Alaba ließ eindeutige Akzente Richtung Gäste-Goalie Dubravka vermissen. Es mag zudem ein Treppenwitz sein, dass Österreich just dann, wenn durch Pressing erzwungene hohe Ballgewinne zu Umschaltmomenten führten, am meisten Gefahr ausstrahlte. Oder wie es Foda nach dem Spiel beschrieb: „Zu Beginn der ersten Hälfte hat uns die Dynamik und das Tempo gefehlt, wir hatten keinen Tiefgang, haben nicht gut die letzte Linie attackiert, auch zu wenig hinter die letzte Kette gespielt.“

 

Buntes Treiben nach der Pause

Dass tief stehende Gegner schwer zu knacken sind und es heutzutage bekanntlich keine kleinen Fußballnationen gibt (zu denen die Nachbarn ohnehin nicht wirklich zählen), gibt maximal drei Euro ins Phrasenschwein. Darum wurde es nach der Pause, auch einigen Wechseln geschuldet, richtig bunt, getreu dem seit mehr als einem Jahr herrschenden Motto: Irgendwann wird jeder wen kennen, der sich nicht mehr auskennt. In dem Fall war der gemeinsame Bekannte Konrad Laimer, der statt Alaba aufs Feld kam. Es wirkte nicht so, als ob Laimer immer wusste, wo er gerade spielen sollte. Es hätte nicht gewundert, wenn er sich irgendwann des Keepers Handschuhe geschnappt hätte, sonst hatte er gefühlt ungefähr jede Position durchgespielt. Mit ein Grund wohl auch der Wechsel Ilsanker für Baumgartner, also Defensive für Offensive, was nun wirklich niemanden mehr überraschte.  Vor allem angesichts des Spielstandes und des so dringend gesuchten Treffers zunächst einmal so sinnvoll erschien wie geschlossene Bundesgärten in Wien. Vielleicht wollte Foda ja tatsächlich die etwas anfällige Defensive stabilisieren, quasi das Bundestor versperren. Die Abwehr war zuweilen ja deshalb löchrig, weil Martin Hinteregger zusehends zu machen schien, was ihm gerade so einfiel und das ist zwar meistens etwas Spannendes in der Offensive, was wiederum das Bundestor vor Gefahren stellt.

 

Mit der Chaostheorie zum Erfolg

Ab Minute 64 wurde dann alles anders, Marko Arnautović kam, quasi der Impfstoff für ein offensiv-taktisch im Lockdown befindliches Nationalteam. Er stellte sich sich bei der slowakischen Defensive prompt als potentieller Gamechanger vor, traf unter anderem Aluminium. Neben dem Rückkehrer aufs Feld war es überraschenderweise Luzern-Legionär Louis Schaub, der vorne für geordente Gefahr zu sorgen wusste. Den Ketchup-Effekt - lange nix, dann viele Tore - konnten beide aber nicht erzwingen. Insofern können die Fans hoffen, dass eine konzentrierte Abwehr gegen Nordmazedonien so am Punkt sein wird, wie es Foda bereits ankündigte, und sich die Offensivkünstler, egal ob aus Mailand oder Madrid, die schönen Treffer für den Auftaktgeber aufgehoben haben. Wie sehr Foda in Sachen Toremachen auf Unplanbares hofft, illustriert ein Sager nach dem Spiel über die verpasste Chance, die Doppelspitze Kalajdžić-Arnautović zu testen:

„Beide sind Instinktfußballer, und sollte dieser Fall eintreten, sind sie auch in der Lage, gemeinsam zu spielen.“ Österreichs Fußballfans müssen sich also im Zweifelsfall auf die Foda'sche Chaostheorie verlassen. Möge das bloß gut gehen. Denn eigentlich ist Chaos gar nicht so das Ding des deutschen Trainers.

 

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