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Michael Liendl: "Hartberg ist unser Konkurrent, nicht Rapid"

Für Michael Liendl hat sich im Sommer ein Kreis geschlossen. Er kehrte nach viereinhalb Jahren im Ausland zum Wolfsberger AC zurück. Dort läuft es sehr gut - warum, erklärt er im 90minuten.at-Interview.

Das Gespräch führte Georg Sander

 

Fast genau auf den Tag vor fünf Jahren wechselte Michael Liendl vom Wolfsberger AC zu Fortuna Düsseldorf in die zweite deutsche Bundesliga. Es folgten Stationen bei 1860 München und dann in der Eredivisie in den Niederlanden bei Twente Enschede. Der Mittelfeldmann mit dem Edelhaxen absolvierte seine ersten Profispiele für Kapfenberg. Von dort weg holte ihn 2009/10 die Wiener Austria. Richtig explodiert ist er punkto Scorerpunkten dann aber 2012/13 und 2013/14 beim Wolfsberger AC. So wie seit vergangenen Sommer wieder. Mit sieben Treffern und neun Vorlagen ist er der erfolgreichste Scorer der Liga. Der mittlerweile 33 Jahre alte Kicker erzählt im 90minuten.at-Interview, wie es zu diesem Erfolg der Lavanttaler kommen konnte, wie Christian Ilzer trainieren lässt und blickt auf die Zeit im Ausland zurück - nicht nur aus fußballerischer Perspektive!

90minuten.at: Der WAC ist durchaus erfolgreich in die Winterpause gegangen, Sie haben 16 Scorerpunkte dazu beigetragen. Warum war das aus Ihrer Sicht ein so guter Herbst?

Michael Liendl: Es war wichtig, dass der Kader früh zusammen war. Bereits zu Beginn der Vorbereitung war das der Fall, somit konnten wir mit fast allen Spielern in die Vorbereitung gehen, die den WAC dann auch gekannt haben. Das ist ein anderes Gefühl, als wenn jede Woche ein neuer Testspieler kommt oder ein Neuzugang. Auch das Trainerteam war schnell abgeklärt. Es hat gleich viel gepasst. Die Spieler, die gekommen sind, haben Qualität und passen zueinander und auch ins System.

 

90minuten.at: Christian Ilzer hat sich ein paar Spieler aus Hartberg „mitgenommen“. Auch ein Grund, dass er nicht jedem von Anfang an sein System erklären musste?

Liendl: Er war ja auch schon Co-Trainer, es kannten ihn einige, da ist das einfacher, sich zu finden. Aber auch die anderen haben gut rein gepasst.

 

90minuten.at: Kommen wir zu Trainer Chrstian Ilzer. Er stellt das Team offenbar gut auf den Gegner ein, das zeigt der Tabellenstand. Wie legt er sein Spiel an?

Liendl: Er hat seine Spielidee und ihm ist in erster Linie wichtig, dass wir unser Spiel auf den Platz bringen. Er hat natürlich viele Augen auf den Gegner, wo dieser Stärken und Schwächen hat. Dementsprechend wird dann auch trainiert. Er ist da sehr akribisch, wo mögliche Fehlerquellen beim Gegner sind. Das macht er mit Videoanalysen, aber auch auf dem Platz in der täglichen Arbeit. Wir bereiten uns schon Tage zuvor darauf vor, wie wir agieren wollen. Er macht einen guten Mix.

 

90minuten.at: Inwiefern ist das neue Bundesliga-Format eine Umstellung. Früher wusste man bis in den Mai, gegen wen man wann spielt, jetzt kennt man nur dier nächsten vier Gegner. Bereitet sich der WAC auf diese Spiele explizit vor?

Liendl: Derzeit trainieren wir allgemein. Wir wollen das Spiel, das wir das letzte halbe Jahr gespielt, wieder erreichen. Je näher die Spiele kommen, desto mehr werden wir auf die Gegner eingehen. Aber auch nicht auf alle vier gleichzeitig. Entscheidend ist das Spiel gegen Altach. Das wollen wir unbedingt gewinnen, es wird aber richtig schwer, weil Altach ist meiner Meinung nach besser als im letzten halben Jahr. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Wenn wir gegen Altach gewinnen, werden wir aber einen Riesenstep Richtung Meistergruppe gemacht haben.

"In Wirklichkeit ist nur noch Hartberg der direkte Konkurrent, weil Rapid muss alle vier Spiele gewinnen. Ich glaube nicht, dass sie das schaffen. " - Michael Liendl, Topscorer der Liga

90minuten.at: Wie groß ist das Thema oberes/unteres Playoff? Wie war das vor der Saison, wie ist es mittlerweile?

Liendl: Wir wollten schon im Sommer nach 22 Runden unter den ersten Sechs sein. Das war auch nie ein Geheimnis und von der Qualität her haben wir das auch zurecht gesagt. Dann haben wir es gezeigt. Jetzt ist es ein großes Thema und wir wissen, was wir dafür tun müssen. Es fehlt ehrlicherweise auch nicht mehr so viel. In Wirklichkeit ist nur noch Hartberg der direkte Konkurrent, weil Rapid muss alle vier Spiele gewinnen. Ich glaube nicht, dass sie das schaffen. Wir wissen, dass, wenn wir auf uns schauen, uns niemand einholen kann. Wir sind ja schon Vierter. Wenn wir beispielsweise zwei der vier Spiele gewinnen, sind wir oben mit dabei, egal was Hartberg oder auch Rapid machen.

 

90minuten.at: Wir haben nun eine neue Bundesliga mit dem neuen Modus. Wie kommt der bei euch Spielern an?

Liendl: Ich habe mit vielen gesprochen, die das positiv finden und auch aus meiner Sicht ist es so. Die Zehnerliga war einfach schon zerfahren, es hat ja jeder gespürt, dass sich etwas verändern muss. So wie man es gelöst hat, finde ich es gut. Du musst vom ersten Spieltag an da sein, man kann nicht erst im fünften Spiel anfangen. Diese Zeit gibt es nicht. Wenn man ein schlechtes halbes Jahr spielt wie etwa Rapid, dann kann man auch ehrlicherweise kaum noch nachjustieren. Es ist natürlich mehr Druck auf Spieler, Trainer und Funktionäre. Früher hätte Rapid vielleicht im Winter einfach noch drei, vier Neue geholt und den Trainer nicht gefeuert, weil man dann in der 25. oder 28. Runde eh wahrscheinlich Vierter gewesen wäre. Für die Großen ist das schwieriger geworden – für den neutralen Zuschauer ist das aber sehr positiv.

 

90minuten.at: Der Beginn ging ja schief, beim 3:4 in St. Pölten sah es schon so aus, dass man alles unter Kontrolle hatte. Ein Knackpunkt für den Rest der Saison?

Liendl: Das kann ich jetzt so nicht mehr sagen, aber danach ging viel in die richtige Richtung. In dem Spiel hatten wir viel im Griff, waren die bessere Mannschaft. Aber es hat nicht alles ineinander gegriffen. Vielleicht war es aber zur richtigen Zeit ein Spiel, dass uns gezeigt hat, dass wir etwas verfeinern müssen, um auf unseren Weg zu kommen. In der Liga sieht man aber schon, dass es sehr ausgeglichen ist. Man muss bis zum Schluss konstant bleiben, sonst verliert man diese Spiele. Wir konnten aus dieser Niederlage Positives mitnehmen.

 

90minuten.at: Es gab keine großen Negativserien, keine großen Positivserien. Sind diese Dämpfer, die eh immer kommen, so reingestreut gar nicht so schlecht?

Liendl: Wir hätten schon den einen oder anderen Punkt mehr machen müssen. Aber wir haben in 18 Spielen konstant eine gute Leistung gebracht. Es bringt ja nichts, wenn ich zwei Mal gut bin und dann fünf Mal schlecht spiele. Das haben wir über 18 Spiele gesehen fast immer geschafft. In manchen Spielen waren wir nicht am Limit, haben dann auch nicht gepunktet.

In seiner ersten Ära beim WAC erspielte sich Liendl einen Vertrag im Ausland.

90minuten.at: Woran liegt diese enge Leistungsdichte in der Liga? Sind die Großen schlechter geworden oder die Kleinen besser?

Liendl: Ich will nicht über andere Vereine urteilen. Die Kleineren haben aufgeholt. Ob die Größeren Fehler gemacht habe, weiß ich nicht. Das müsste man sie fragen. Viele kleinere Vereine haben Spieler, die die Qualität haben, auch bei größeren mitzuspielen. Und es ist tabellarisch belegbar, dass die Kleinen die Großen fordern, wenn man sich den SKN oder uns ansieht, auch Mattersburg hat Spiele gewonnen. Es ist enger geworden, auf alle Fälle.

 

90minuten.at: In der Vorsaison war es so, dass man ohne der extrem schlechten Saison des SKN fast selber abgestiegen wäre, das sieht auch der Präsident so. Wollten die verbliebenden Kicker es auch beweisen, dass sie es besser können?

Liendl: Der sportliche Anspruch dieser Spieler ist sicher höher als die Leistung gewesen. Ich glaube schon, dass die sich gedacht haben, dass es so nicht weiter gehen konnte. Sie waren vielleicht nicht gut genug, es musste sich etwas verändern, um ins obere Playoff zu kommen. Der Präsident hat viel dafür getan, dass es eine gute Mannschaft gibt. Vielleicht wurde letztes Jahr anders gearbeitet. Wir sind aber wohl auch qualitativ besser unterwegs.

Auf der zweiten Seite des Interviews beantwortet Michael Liendl die Frage, ob es konkretes Interesse größerer heimischer Klubs gab und gibt einen sehr persönlichen Einblick in das Leben eins Fußballlegionärs.

 

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