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Michael Liendl: "Hartberg ist unser Konkurrent, nicht Rapid" (2)

Für Michael Liendl hat sich im Sommer ein Kreis geschlossen. Er kehrte nach viereinhalb Jahren im Ausland zum Wolfsberger AC zurück. Dort läuft es sehr gut - warum, erklärt er im Interview.

90minuten.at: Wie kam es, dass Sie nach vielen Jahren im Ausland, durchaus erfolgreich, bei der Heimkehr „nur“ beim WAC landeten?

Liendl: Ich könnte in Österreich sicher sehr vielen Vereinen helfen. Das traue ich mir zu. Fakt ist, dass mein Vertrag in Holland mit dem Abstieg ausgelaufen ist und meine Familie und ich meinten, dass wir nach Österreich zurück kommen wollen. Ich wollte noch einmal Bundesliga spielen, weil jünger werden wir auch alle nicht. Dann hat man sich umgeschaut und der WAC ist recht rasch aufgesprungen, es hab gute Gespräche mit dem Trainer und ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass das wieder sehr gut passen könnte, ich erwünscht bin. Das war dann auch ausschlaggebend. Es ist ja schon vorher gut g'rennt, jetzt wieder. Somit war die Entscheidung auch richtig.

 

90minuten.at: In Wolfsberg werden Sie jetzt nicht so viel verdienen, dass Sie nie wieder arbeiten müssen – verschiebt sich da auch der persönliche Fokus, je älter man wird? Also lieber weniger Geld, dafür mehr Spiele, eine bessere Atmosphäre?

Liendl: Ganz sicher. In meinem Fall ist es so, dass wir zwei Kinder haben, die irgendwann auch in die Schule zu gehen anfangen. Man bespricht sowas zuhause anders als mit 20, 21, wo man mehr ausprobieren kann. Je älter man wird, desto mehr muss man in die Zukunft schauen. Wir haben das auch innerfamiliär besprochen, weil es wichtig ist, dass sich die Familie auch wohl fühlt.

"Mancher denkt sich vielleicht, dass das leicht ist, so viele Scorerpunkte zu haben, aber man muss seine Qualität in Österreich schon auf den Platz bringen, sonst wird man auch nicht viel reißen." - Michael Liendl hat Selbstbewusstsein

90minuten.at: Haben Günter Kreissl oder Ralf Muhr zuletzt eigentlich auch angerufen?

Liendl: (lacht) Ich weiß, dass ich da und dort Thema gewesen bin, aber wir sind nicht an einem Tisch gesessen.

 

90minuten.at: Kommen wir zur Auslandserfahrung. Wie ist die Umstellung, wenn man statt KSV, FAK und WAC in der 2. deutschen Bundesliga spielt?

Liendl: Wenn du vom WAC nach Düsseldorf wechselt, geht man am ersten Tag mit einem anderen Gefühl in die Kabine, als wenn man von der Austria zum WAC wechselt. In Österreich kennt man dich dann. Von Wolfsberg zur Fortuna, da hat sich der eine oder andere vielleicht schon gefragt, wer das jetzt ist. Man muss sich seine Qualität, den Namen und das Standing in der Mannschaft von Null auf erarbeiten. Das ist mir schon gelungen, in München hat man mich dann schon gekannt. Ich habe das aber gut geschafft. Am Ende hängt es an der Leistung. Wenn man gut ist, wird man natürlich schon leichter aufgenommen, als wenn man als Nobody hinkommt und einen Schaß spielt.

 

90minuten.at: Wie ist es im Privatleben?

Liendl: Das ist auch eine Typfrage. Ich bin ein sehr offener Mensch, habe in fast allen Mannschaften immer einen Zugang gefunden. Ich habe mein ganzes Leben in Graz verbracht, dort hat man Freunde und Familie. Das ist die normale Umgebung. In einer neuen Stadt muss man das neu kennen lernen. Man muss sich neu orientieren, offen auf Leute zugehen. Das war ein spannender Prozess. Wenn man seine Familie mit hat, ist das noch etwas anders. Ich als Kicker habe 20, 30 Leute in der Kabine. Frau und Kinder sitzen ja nicht in der Kabine, da muss man schauen, dass man zu sozialen Kontakten kommt. Das ist eine spannende Aufgabe. Wir haben das aber sehr gerne gemacht. Sonst sitzt man daheim und geht nur zum Training, kommt nach ein paar Jahren zurück und kann nichts über die Stadt und die Menschen sagen.

 

90minuten.at: Wie war es für Ihre Frau?

Liendl: Meine Frau ist da auch sehr offen und hat immer probiert, es mir leicht zu machen und sich selbst zu intergrieren. Da braucht man die passende Partnerin. Das Glück habe ich. Insofern haben wir bei unserer Reise im Ausland immer sehr viele Freunde gefunden, mit denen wir noch im Kontakt sind. Darauf können wir auch stolz sein. Wir haben auch überlegt, ob wir überhaupt nach Enschede ziehen, weil es nicht weit weg ist von der deutschen Grenze. Uns wurde gesagt, wir können in Deutschland bleiben. Aber wir wollten in die Niederlande, weil wir die Mentalität und die Leute kennen lernen wollten. Das war eine super Entscheidung, nicht den leichten Weg nach Deutschland zu gehen.

 

90minuten.at: Wie war es fußballerisch? Vor allem vom WAC zur Fortuna? Und dann noch die niederländische Liga?

Liendl: Ich tu mir da immer schwer, das zu vergleichen. Ein Topmannschaft wie Salzburg gibt es in der zweiten deutschen Liga wahrscheinlich nicht. Die Infrastruktur und das Drumherum ist was ganz anderes. Das eine oder andere Spiel ist vom Tempo in der zweiten Liga anders, aber es gibt auch dort schlechte Spiele. Zwei kleine Vereine spielen auch kein Topspiel mit Topqualität. Das Stadion macht auch viel aus. Da sind statt 5.000 eben 20.000. Ich muss aber sagen, dass die heimische Liga schon sehr viel besser geworden ist.

 

90minuten.at: Sie konnte also nicht nach der Rückkehr im Sommer aus Holland drei gute Pässe spielen und sonst über den Platz joggen.

Liendl: So ist es gar nicht. Es ist nicht gut gegangen, weil ich nichts gemacht habe. Ich musste schon einiges tun. Mancher denkt sich vielleicht, dass das leicht ist, so viele Scorerpunkte zu haben, aber man muss seine Qualität in Österreich schon auf den Platz bringen, sonst wird man auch nicht viel reißen.

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