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Lassaad Chabbi: „… dann hat er Probleme, dass er bei mir Stammspieler ist“

Lassaad Chabbi, Trainer von Austria Lustenau, und seine Mannschaft gehen als erster Verfolger von Tabellenführer LASK in die erste Frühjahrsrunde der Ersten Liga. Im Interview mit 90minuten.at spricht er unter anderem über den Abgang seines Topstürmers und darüber, wie wichtig ihm Fairness im Fußball ist. Das Gespräch führte Stefan Berndl

90minuten.at: Austria Lustenau musste in der Winterpause den Abgang von Topstürmer Raphael Dwamena hinnehmen, der an 21 der bisherigen 40 Treffer beteiligt war, 18 davon selbst erzielte. Wie sehr schmerzt sein Abgang und inwiefern kann sich sein Fehlen in der Offensive bemerkbar machen?

Lassaad Chabbi: Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass der Abgang von Raphael Dwamena nicht schmerzt. Raphael war ein Topstürmer für die Liga. Er hat mit seinem Spielverständnis, mit seiner Spielqualität, mit seinen Toren gezeigt, dass er ein guter Stürmer ist. Das hat uns auch geholfen. Aber ich bin auch ein Trainer, der die Leistung der Mannschaft nicht von einem Spieler abhängig machen will. Wir sind ein gutes Team und ich bin überzeugt wir haben auch ohne Raphael Dwamena eine gute Mannschaft. Und ich bin überzeugt, dass die Mannschaft auch eine gute Rückrunde spielen wird. Aber trotzdem: Der Abgang schmerzt sowieso.

 

Inwiefern mussten Sie nach Dwamenas Abgang auch taktische Änderungen oder Anpassungen in der Vorbereitung vornehmen?

Na gut, wir können auch mit Bruno oder Jailson vorne im Sturm spielen. Wir haben da Kandidaten. Wir sind nicht von einem Spieler abhängig. Im Fußball allgemein darf man sich nicht von einem Stürmer abhängig machen, nur weil er die Tore schießt. Wir haben auch ein Mittelfeld, das gefährlich vor dem Tor sein kann, eine Abwehr, die auch in der Offensive gefährlich sein kann. Wir müssen einfach einen Spielstil finden, der zu uns passt.

 

Welche Erwartungen haben Sie dann an die Neuzugänge und welchen Eindruck haben Sie von den neuen Spielern nach den ersten paar Wochen?

Joao Pedro kennen wir alle, ein sehr guter, talentierter Fußballer. Er ist 20 Jahre alt und hat schon bei Liefering bewiesen, dass er ein sehr guter Fußballer ist und uns sehr hilft. Die beiden Spieler aus Brasilien, Victor Jatoba und Lucas Barboas, brauchen Zeit um die Sprache zu lernen. Pedro spricht sehr gut Deutsch, das ist ein großer Vorteil für mich. Victor und Lucas sind zwei junge Spieler, 19 und 20 Jahre alt, bei denen ich überzeugt bin, dass sie eine Zukunft haben. Aber wir haben Geduld mit ihnen und möchten, dass sie uns irgendwann helfen.

 

Und der vierte Neuzugang, Firat Tuncer?

Firat ist ein sehr guter Abwehrspieler, er kann auf allen Positionen spielen. In der Innenverteidigung, als Sechser, als Rechtsverteidiger. Er kommt vom 1. FC Köln, hat eine Top-Ausbildung und er ist eine richtige Verstärkung für uns.

 

Sie sind erst am vergangenen Wochenende vom Trainingslager aus Malta zurückgekommen, der Start in das Frühjahr steht kurz bevor. Wie fällt Ihr Fazit nach der Vorbereitung aus, wo haben Sie Schwerpunkte gesetzt?

Wir haben uns sehr gut vorbereitet und haben uns vor allem auch mit der Dreierkette beschäftigt. Wir werden aber nicht nur mit der Dreierkette, sondern mit verschiedenen Systemen spielen. Ich bin auch ein Trainer, der eine flexible Mannschaft haben will, dass wir auch während eines Spiels das System ändern können, ohne Probleme zu haben. Wir haben auch sehr viel in der Defensive gearbeitet, dass wir weniger Gegentore bekommen. Und ich glaube, die Mannschaft hat das bravourös gemacht.

"Firat ist ein sehr guter Abwehrspieler, er kann auf allen Positionen spielen. In der Innenverteidigung, als Sechser, als Rechtsverteidiger. Er kommt vom 1. FC Köln, hat eine Top-Ausbildung und er ist eine richtige Verstärkung für uns." - Lassaad Chabbi

Ein kurzer Blick zurück in den Herbst: Sie haben auswärts, mit neun Siegen aus elf Spielen eine tolle Bilanz aufzuweisen, daheim gelangen hingegen bloß 14 Punkte aus elf Spielen. Wie beurteilen Sie die Probleme vor eigener Kulisse?

Das kommt immer auf das System an, das der Gegner spielt. Es kommt meist ein Gegner, der hinten steht, der die Räume zumacht. Und wir haben eine junge Mannschaft, die lernen muss, dass man geduldig bleibt. Das war für uns auch ein Schwerpunkt in Malta, dass wir auch gegen Gegner gespielt haben, die nur hinten gestanden sind. Dafür haben wir dann soviel Geduld, auch wenn wir länger kein Tor schießen. Da muss man Geduld haben, bis man dann zum richtigen Zeitpunkt die Tore schießt. Wir haben so oft Zuhause, was unnötig war, ein Spiel mit nur einem oder gar keinem Punkt abgeschlossen. Aber ich glaube, die Mannschaft lernt jeden Tag irgendetwas Neues und wir haben, so glaube ich, jetzt ein Team, das weiß, wie man sich Zuhause verhält und wie man es auswärts tut.

 

Ein Blick auf Kartenstatistik zeigt, dass Lustenau mit bloß 23 gelben Karten im gesamten Herbst das fairste Team der Liga ist. Wie beurteilen Sie das? Ist es Ihnen auch wichtig, dass die Spieler fair agieren?

Früher hieß es immer, wenn du am Ende der Tabelle warst und keine gelben Karten hattest, dass das logisch ist, wenn du keine einzige gelbe Karte bekommen hast. Wir haben jetzt seit 50 Spielen keinen Spieler, der fünf gelbe Karten gesammelt hat. Keinen einzigen. Das ist ein Rekord. Und bei mir wissen die Spieler auch, dass es keinen Sinn hat, mit dem Schiedsrichter zu diskutieren, wenn dieser Foul oder Einwurf pfeift. Und bei mir kostet jede Kritik am Schiedsrichter sehr viel Geld. Wenn jetzt einer meiner Spieler fünf gelbe Karten sammelt, drei davon, weil er mit dem Schiedsrichter diskutiert hat, dann hat er Probleme, dass er bei mir Stammspieler ist. Ich brauche Ordnung, ich brauche Disziplin und ich brauche ein Team, das sich auf das Spiel konzentriert und nicht auf den Schiedsrichter. Letztes Jahr waren wir mit Abstand die Mannschaft mit den wenigsten gelben und roten Karten, jetzt wieder das gleiche. Ich akzeptiere auch nicht, dass einer meiner Spieler eine Karte wegen eines groben Fouls bekommt. Wir sind nicht da, um den Gegner zu verletzen. Und wir sind auch nicht da, um mit dem Schiedsrichter zu diskutieren. Es gibt sehr viele Spieler, die, wenn sie nicht fit sind, beginnen mit dem Schiedsrichter zu diskutieren. Das geht einfach nicht. Solche Spieler verpflichte ich nicht. Ich schaue auch bei der Spielerverpflichtung darauf, ob sie letztes Jahr zu viele gelbe Karten bekommen haben. Ich brauche Spieler, die diszipliniert sind und dem Gegner und Schiedsrichter mit Respekt begegnen. Ich sage immer: Wenn wir gewinnen, freut uns das alle. Und wenn wir verlieren, weil der Gegner besser war als wir, dann gratulieren wir. Aber nur mit dem Schiedsrichter zu diskutieren, das ist nicht meine Welt.

 

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