Daniliuc: "Ich wollte bei einem Verein spielen, der höhere Ambitionen hat"
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Daniliuc: "Ich wollte bei einem Verein spielen, der höhere Ambitionen hat"

Erstmals seit seinem Wechsel nach Basel spricht ÖFB-Legionär Flavius Daniliuc. Ein 90minuten-Talk über die Hintergründe zum Transfer, wechselhafte Zeiten in Italien und seine WM-Chancen.

Es war ein herausfordernder Sommer für Flavius Daniliuc. Der dreifache ÖFB-Teamspieler und EM-Teilnehmer musste sich intensiv Gedanken über seine Zukunft machen.

In der Vorsaison war er noch leihweise bei Hellas Verona engagiert, die kolportierte Kaufoption gab es tatsächlich. Daniliuc aber wollte sich verändern, weg von Stammklub Salernitana, der in die Serie C abgestiegen war.

Da tat sich die Option beim Schweizer Meister FC Basel auf. "Als feststand, dass ich hierher fliegen darf, war das eine riesige Erleichterung", blickt Daniliuc zurück. Mittlerweile ist er dort am besten Weg zum Stammspieler.

Damit sind auch seine Chancen auf einen Platz in einem etwaigen WM-Aufgebot von Ralf Rangnick weiter intakt. Der spielte bei seinem Wechsel nach Basel übrigens eine wesentliche Rolle.

Was die Swiss Super League der Serie A und der heimischen Bundesliga voraus hat, was er aus seiner Zeit in Italien mitnehmen konnte und einen Sommer im Burgenland:

90minuten: Du bist nun seit knapp zwei Monaten Teil des FC Basel. Wie konntest du dich in der Schweiz bisher einleben?

Flavius Daniliuc: Ich konnte mich sehr gut einleben. Ich habe mittlerweile eine Wohnung gefunden, nachdem ich den ersten Monat im Hotel gewohnt habe. Beim Umzug hat mir meine Familie sehr geholfen, was vieles erleichtert hat. Die Schweiz ist Österreich in vieler Hinsicht ähnlich, vielleicht ist die Lebensqualität hier sogar noch ein Stück höher. Ich fühle mich auf jeden Fall sehr wohl und bin froh, hier zu sein.

90minuten: Welchen Eindruck konntest du von deinem neuen Klub bisher gewinnen? Wie würdest du ihn beschreiben?

Daniliuc: Ich habe mich vom ersten Tag an nicht nur wohlgefühlt, sondern auch gesehen, wofür der Klub steht: für Qualität und für das Leistungsprinzip – vom Staff über die Physios bis zur Medienabteilung. Das Ziel ist ganz klar, erfolgreich zu sein. Das merkt man bei diesem Verein einfach.

Ich wusste: Wenn sich die Vereine einigen und der Transfer zustande kommt, wechsle ich zu einem Klub, der jedes Spiel mit dem Ziel angeht, zu gewinnen. Das hatte ich sehr lange nicht mehr.

Daniliuc über den Wechsel nach Basel

90minuten: War das auch ein ausschlaggebender Grund, der dich vom FC Basel überzeugt hat? Du hattest im Sommer sicher mehrere Optionen.

Daniliuc: Ja, das war definitiv ein entscheidender Punkt. Ich wusste: Wenn sich die Vereine einigen und der Transfer zustande kommt, wechsle ich zu einem Klub, der jedes Spiel mit dem Ziel angeht, zu gewinnen. Das hatte ich sehr lange nicht mehr. Das war auch für meine persönliche Entwicklung der richtige Schritt.

90minuten: Wie hast du das Niveau der Schweizer Super League bisher erlebt - auch im Vergleich zur österreichischen Bundesliga? Du hast in den letzten beiden Jahren in beiden Ligen gespielt, hast also einen direkten Vergleich.

Daniliuc: Ich finde, die Schweizer Liga ist insgesamt sehr stark. Mit der Serie A ist sie noch nicht vergleichbar, weil die Spieler dort einfach reifer sind und auch die Budgets um einiges höher. Im Vergleich zur österreichischen Bundesliga sehe ich keinen riesigen Unterschied, aber insgesamt zeigen die Mannschaften hier schon mehr Qualität als einige Teams in Österreich.

Daniliuc konnte sich in der Schweiz bereits gut einleben
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Daniliuc konnte sich in der Schweiz bereits gut einleben

90minuten: Sind die beiden Ligen auch in Sachen Stadion-Atmosphäre und Stimmung vergleichbar?

Daniliuc: In Österreich gibt es die beiden großen Fanszenen von Rapid und Sturm Graz sowie mit leichten Abstrichen vom LASK. In der Schweiz ist es ein wenig anders. Unser Stadion, der St. Jakob Park, ist wahrscheinlich die Benchmark. So habe ich es auch in der Serie A nicht oft erlebt. Die anderen Stadien in der Liga sind gegen uns meistens ebenfalls gut gefüllt, und die Stimmung ist ziemlich gut. Ich kenne die Zuschauerzahlen nicht im Detail, aber vom Gefühl her würde ich sagen, dass man den Fußball in der Schweiz noch ein Stück mehr lebt.

90minuten: Du hast die Serie A bereits angesprochen: Zuvor warst du dort bei Hellas Verona und Salernitana engagiert. Wie blickst du mit ein bisschen Abstand auf deine Zeit dort zurück?

Daniliuc: Insgesamt blicke ich positiv zurück, weil ich sehr viel dazulernen konnte. Es gibt speziell als Abwehrspieler Dinge, die man sonst wohl nirgends so gut lernen kann wie in Italien. Die Zeit dort hat mich nicht nur spielerisch, sondern auch persönlich weitergebracht, weil ich viel erlebt habe. Bei Salernitana habe ich einen Abstieg mitgemacht. Bei Hellas Verona habe ich im ersten Halbjahr viel gespielt, im zweiten nicht mehr so viel. Dadurch konnte ich menschlich und sportlich wachsen. Dass ich das mit 24 Jahren so sagen kann, ist ein großer Gewinn.

Oft stehst du zwei bis drei Stunden auf dem Platz und arbeitest ausschließlich taktisch, ohne dass der Körper groß gefordert wird. Da ist wirklich nur der Kopf gefragt.

Italien ist anders, wie Daniliuc zu schildern weiß

90minuten: Trotz deiner erst 24 Jahre konntest du bereits viel Erfahrung sammeln. Was war das größte Learning, das du aus Italien mitnehmen konntest? Du hast ja vorher schon angesprochen, dass man dort insbesondere als Verteidiger enorm viel lernen kann.

Daniliuc: Das größte Learning war tatsächlich das taktische Verständnis. In Italien wird enorm viel Wert auf Taktik gelegt – oft stehst du zwei bis drei Stunden auf dem Platz und arbeitest ausschließlich taktisch, ohne dass der Körper groß gefordert wird. Da ist wirklich nur der Kopf gefragt. Das werden Spieler, die nicht in Italien spielen, so wohl kaum erleben. Dort geht es auch sehr stark um Mannorientierung. Wenn ein Gegentor passiert und es war dein Gegenspieler, ist es ganz klar deine Schuld.

90minuten: In der Vorsaison warst du von Salernitana an Hellas Verona ausgeliehen, das zudem über eine Kaufoption verfügte. War ein fester Wechsel nach Verona ein Thema und wenn ja, warum wurde nichts daraus?

Daniliuc: Für mich persönlich war ein Verbleib in Verona kein Thema. Der Verein wollte zwar die Kaufoption ziehen, aber in einem Gespräch habe ich deutlich gemacht, dass ich mir etwas anderes vorstelle. Ich hatte das Gefühl, mich dort nicht mehr wirklich weiterentwickeln zu können. Das Ziel war im Grunde immer nur, den Klassenerhalt zu schaffen – und das war’s. Natürlich verdient man in der Serie A gutes Geld, es ist ein größeres Schaufenster und wenn man regelmäßig spielt, steigen auch die Chancen auf Einsätze im Nationalteam. Aber mir war wichtiger, bei einem Verein zu spielen, der höhere Ambitionen hat und um Titel mitspielt. Das war bei Hellas Verona in dieser Form einfach nicht der Fall.

Irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich akzeptiert hatte, mein letztes Vertragsjahr bei Salernitana zu absolvieren. Der Verein hatte einfach zu hohe Vorstellungen, was die Ablöse betraf.

Es war kein einfacher Transfer-Sommer für Daniliuc

90minuten: Dein damaliger Stammverein Salernitana erlebte eine verrückte Vorsaison, unterlag letztlich in der Relegation gegen Sampdoria und musste in die Serie C absteigen. Du hast ja gewusst, dass das direkte Auswirkungen auf dich haben wird, wenn dein Verein in die Serie C muss. Wie ist es dir damit gegangen?

Daniliuc: Natürlich ist es nie schön, seinen Stammverein absteigen zu sehen. Aber ehrlich gesagt konnte ich gut damit umgehen – ich hatte zu diesem Zeitpunkt ja auch keinen Einfluss auf das Geschehen bei Salernitana. Mir war aber bewusst, dass mir ein Abstieg sogar zugutekommen könnte. Ich wusste ungefähr, welche Ablösesumme der Klub bei einem Verkauf anpeilt – und dass dieser Betrag nach einem Abstieg sinken würde. Es gab einige Gespräche, aber die Vereine konnten sich lange nicht einigen. Auch mit Basel stand ich schon früh in Kontakt, doch zu Beginn hat sich das noch nicht konkret ergeben. Irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich akzeptiert hatte, mein letztes Vertragsjahr bei Salernitana zu absolvieren. Der Verein hatte einfach zu hohe Vorstellungen, was die Ablöse betraf. Umso glücklicher war ich, als plötzlich die perfekte Option mit Basel kam. Alles ging sehr schnell, und als feststand, dass ich hierher fliegen darf, war das eine riesige Erleichterung.

90minuten: Du hast es angesprochen: Es hat einige Zeit gedauert, bis es mit einem Wechsel geklappt hat. Wie hast du dich über den Sommer fit gehalten?

Daniliuc: Ich habe mich zunächst privat fit gehalten. Mein Bruder (Daniel, Anm.) war zu dieser Zeit beim Camp für vertragslose Fußballer in Steinbrunn. Er hat mir geraten, das einmal auszuprobieren. Ich dachte: “Wenn mich Salernitana länger bleiben lässt – warum nicht?“ Also habe ich mitgemacht und war extrem zufrieden. Wir waren teilweise bis zu 16 Spieler und konnten dadurch auch Spielformen und Ballbesitz trainieren. Das hatte ich alleine natürlich nicht. Außerdem konnte ich gemeinsam mit meinem Bruder trainieren, was richtig Spaß gemacht hat.

Mit dem ÖFB-Team möchte Daniliuc auch bei der WM um Siege kämpfen
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Mit dem ÖFB-Team möchte Daniliuc auch bei der WM um Siege kämpfen

90minuten: Inwiefern warst du in dieser Zeit auch mit Teamchef Ralf Rangnick in Kontakt? Hat er bei deinem Wechsel in die Schweiz auch eine Rolle gespielt?

Daniliuc: Ich hatte ja auch noch einige andere Optionen und habe ihn daher angerufen, um ihn zu fragen, was er davon hält. Ich wollte seinen Rat, aber nicht nur als Teamchef, sondern auch als Fußballexperte. Er hat mich nicht nur beraten, sondern mir auch wichtige Fragen gestellt. Am Ende kamen wir zum Schluss, dass ein Wechsel nach Basel am meisten Sinn macht.

90minuten: Das ÖFB-Team ist auf einem guten Weg, die Qualifikation für die WM zu schaffen. Wie siehst du nach der bitteren Niederlage gegen Rumänien die Chancen?

Daniliuc: Die Spieler haben es nach dem Spiel richtig gesagt: Es liegt noch immer alles in unserer Hand. Wir befinden uns in einer Situation, die der österreichische Fußball lange nicht mehr hatte: Wenn wir alles richtig machen, fahren wir zur WM. Die Ausgangslage ist sehr gut, auch wenn es unglücklich war, wie das Tor gegen Rumänien gefallen ist. Du hättest auch mit einem Unentschieden rausgehen können und dann bist du fast schon durch. Aber die Chancen sind nach wie vor riesig.

Selbst wenn ich hier regelmäßig spiele und gute Leistungen bringe, bleibt es eine große Herausforderung, ins Aufgebot zu kommen.

Daniliuc weiß um die Konkurrenz in der ÖFB-Innenverteidigung

90minuten: Stichwort Chancen: Wie siehst du deine Chancen auf einen Platz im WM-Aufgebot?

Daniliuc: Es ist natürlich schwierig – die Konkurrenz ist enorm, gerade auf meiner Position. Selbst wenn ich hier regelmäßig spiele und gute Leistungen bringe, bleibt es eine große Herausforderung, ins Aufgebot zu kommen. Wir haben viele starke Innenverteidiger, die bei ihren Vereinen Stammspieler sind und konstant abliefern. Die Entscheidung wird beim Teamchef und seinem Staff liegen, aber natürlich werde ich alles tun, um mich bestmöglich zu empfehlen.

90minuten: Angenommen du sicherst dir einen Platz im Kader von Ralf Rangnick, worauf würdest du dich bei der WM am meisten freuen?

Daniliuc: Schon allein das Gefühl, Österreich bei einer Weltmeisterschaft vertreten zu dürfen, wäre etwas ganz Besonderes. Die Euphorie bei der EM war schon riesig – ich will mir gar nicht ausmalen, wie es dann bei einer WM wäre. Um ehrlich zu sein, fehlt mir damit die Erfahrung, um genau zu sagen, worauf ich mich am meisten freuen würde. Aber ich habe gesehen, was während der EM im ganzen Land passiert ist. Bei einer WM wäre das noch einmal eine ganz andere Dimension. Das wäre für uns Spieler, für unsere Familien und für alle, die daran beteiligt sind, einfach unglaublich.

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