Mario Grgic: Feuerprobe als Chef einer Kapfenberger Rumpftruppe
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Mario Grgic: Feuerprobe als Chef einer Kapfenberger Rumpftruppe

Nach vielen schmerzhaften Abgängen ist bei der Kapfenberger SV nicht mehr viel übrig vom Fundament der erfolgreichen Vorsaison. Aufbauarbeit leisten soll jetzt Mario Grgic, der sich mit seiner jungen Truppe früh beweisen muss.

Wer dieser Tage die Homepage der Kapfenberger SV besucht, um sich über das aktuelle Geschehen im Verein zu informieren, wird sich wundern. Im Gegensatz zur regen Außenkommunikation in der Zeit davor hat sich seit Anfang Juli kaum noch etwas getan.

In der Kaderliste der Kampfmannschaft fehlen die Neuzugänge, dafür sind einige Abgänge noch dabei. Kein Wort findet sich zum Erstrundenerfolg im ÖFB-Cup oder zum Ligaauftakt gegen die Admira (Spielbericht >>>). In der Rubrik Geschäftsstelle herrscht gähnende Leere - die Sparmaßnahmen, die der Klub angesichts ausgebliebener Einnahmen einleiten musste, zeigen Wirkung.

Mit Nicolas Zuschke und Alina Loshaj mussten jene Personen den Verein verlassen, die sich bislang um Marketing, Medienarbeit sowie einen eindrucksvollen Online-Auftritt bemüht hatten. Geblieben ist Daniel Racic, der neben dem ohnehin schon breiten Aufgabenpaket eines Teammanagers jetzt auch noch Teile der Sportdirektoren-Agenden verantworten muss. Die sportlichen Geschicke leiten soll Mario Grgic, weil sich Ismail Atalan vor kurzem aus freien Stücken zurückgezogen hat.

Mutiger Start

Das Ziel Aufstieg ist ebenso wie der überraschende dritte Platz aus dem Vorjahr in die Ferne gerückt. Grgic ist eine interne Lösung, der 33-Jährige war zuletzt Atalans Assistent bei der ersten Mannschaft. Für eine umfassende Trainersuche hätte es Geld gebraucht, ein Nachfolger mit einem ähnlichen Renommee wie Atalan wäre ohnehin nicht zu bezahlen gewesen. Zur Seite steht ihm der deutlich erfahrenere Akademieleiter Vladimir Petrovic, die beiden kennen sich lange.

Grgic - im heimischen Fußball kein Unbekannter - startet entschlossen in die neue Aufgabe. Er hätte sie nicht angenommen, wenn er nicht dafür bereit wäre, sagt er im Gespräch mit 90minuten: "Wenn etwas nicht zu 100% zu mir passt, mache ich es nicht."

Auf dem Platz soll die Philosophie aus der letzten Saison erhalten bleiben: "Ich stehe für aktiven Fußball, beim Verteidigen, aber auch im Ballbesitz", sagt Grgic, der sich einiges von Atalan abgeschaut hat. Für den Kurs zur A-Trainerlizenz hat er sich angemeldet, damit ist die formale Voraussetzung für die Beförderung erfüllt.

Wenn ein gutes Angebot kommt, wollen wir den Spielern keinen Stein in den Weg legen.

Mario Grgic

Im ersten Ligaspiel gegen die Admira wurden die Vorhaben weitgehend in die Tat umgesetzt, Kapfenberg hat es dem Zweitplatzierten der Vorsaison nicht einfach gemacht und immer wieder Gefahr ausgestrahlt. Nach zwei Standard-Toren mussten sich die Steirer aber geschlagen geben.

Weitere Spielerverkäufe erwünscht

Schwieriger wird die Umsetzung, weil der Kader auf dem Papier viel Qualität verloren hat. Der mit Abstand beste Torschütze der vergangenen Saison, Alexander Hofleitner, ist zum GAK abgewandert. Abwehrchef David Heindl spielt künftig für die zweite Mannschaft des FC Bayern München. Einige weitere Leistungsträger haben den Verein ebenfalls verlassen, andere - wie zum Beispiel Moritz Römling - könnten es ihnen bei entsprechenden Angeboten noch gleichtun.

Auch Mario Grgic bestätigt: "Wenn ein gutes Angebot kommt, wollen wir den Spielern keinen Stein in den Weg legen. Es ist unsere Philosophie, Spieler für den nächsten Schritt vorzubereiten." Dass in den letzten Jahren einige Kapfenberger den Sprung zu größeren Vereinen geschafft haben, sieht er als Bestätigung.

Mit Robin Littig, Moritz Berg und Lamine Touré wurden zwar drei interessante Neuverpflichtungen getätigt, die Abgänge werden sie aber wohl nicht auf Anhieb kompensieren können. Jedenfalls noch kommen soll ein Stürmer, die Suche gestaltet sich kompliziert. Die Gefahr, dass die unerfahrene Mannschaft - nur die Zweitvertretungen von Rapid, Sturm und der FC Liefering sind jünger - schnell in Bedrängnis gerät, ist gegeben.

Mit 32 Jahren der mit Abstand älteste Spieler im Kader: Richard Strebinger
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Mit 32 Jahren der mit Abstand älteste Spieler im Kader: Richard Strebinger

Vor allem, wenn es um das Thema Rückschläge geht, nimmt Grgic die Routiniers im Kader in die Pflicht. Richard Strebinger und Kapitän Florian Prohart zum Beispiel, die beide schon viel gesehen haben. "Die erfahreneren Spieler sind bei uns mehr gefragt und in der Pflicht. Da muss viel aus der Mannschaft kommen."

"Spieler sind keine Roboter"

Dass auch in Fachkreisen und bei so manchem Konkurrenten noch darüber spekuliert wird, ob nicht doch noch ein neuer KSV-Trainer kommen soll, wird Grgic wohl kaum jemandem übel nehmen.

"Es war ein kurzer Schock für uns alle, geplant war es so eigentlich nicht", sagt der 33-Jährige rückblickend zum kurzfristig notwendig gewordenen Umbruch.  Auch für ihn selbst kam der neue Job überraschend: "Wir waren gerade mitten in der Kaderplanung mit dem alten Trainer. Jetzt müssen wir die Situation aber so annehmen, das Leben geht weiter."

Spieler sind keine Roboter, das prallt nicht an ihnen ab.

Mario Grgic

Für fünf oder sechs Tage sei der unvorhergesehene Umbruch Thema in der Mannschaft gewesen, erklärt Grgic. "Spieler sind keine Roboter, das prallt nicht an ihnen ab. Sie haben es dann aber als Profis angenommen, sie wollen ja auch selbst weiterkommen."

Echtes Eigengewächs

Vor allem Fans mit einem Hang zur Romantik sollten der aktuellen Konstellation viel abgewinnen können. Den KSV mehr zu verkörpern, als der neue Trainer, ist fast nicht möglich. "Mit fünf Jahren habe ich zum ersten Mal im Stadion trainiert. Ich habe es aus der Akademie bis in die Bundesliga-Mannschaft geschafft. Darum liegen mir der Verein und die jungen Spieler am Herzen", sagt er selbst über seinen Werdegang.

Grgic hat 192 Pflichtspiele für die "Falken" absolviert und mit Ausnahme eines vierjährigen Intermezzos in Mattersburg seine gesamte Profikarriere in der Steiermark verbracht. 

Ziele hat er vorerst keine: "Wir hatten einige Abgänge, die uns wehtun. Für mich steht deswegen im Vordergrund, dass sich die Mannschaft weiterentwickelt. Die Spieler sollen den nächsten Schritt machen und sich in die Auslage spielen."

Intern ist abgesprochen, dass Mario Grgic den Verein zumindest durch die Saison 2025/26 führt. Wie es danach weitergeht, wird wohl auch von der wirtschaftlichen Perspektive abhängen.

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