Jed Drew: Aus Australien zum Cupsieg, nach England und zur WM?
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Jed Drew: Aus Australien zum Cupsieg, nach England und zur WM?

Seit drei Monaten kickt der Australier Jed Drew in Hartberg. Der Sohn eines Rugby-Profis musste sich schnell zurechtfinden und will jetzt angreifen. 90minuten hat mit ihm über den Transfer und seine Ziele gesprochen - sie sind hochgesteckt.

Mit dem Gewinnen von Pokalbewerben hat Jed Drew schon ein bisschen Erfahrung: Zweimal ist es dem 21-Jährigen mit dem Macarthur FC in seiner Heimat Australien gelungen. Gegen den Wolfsberger AC könnte am Donnerstag der erste große Titel auf europäischen Boden folgen.

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Seit Anfang Februar kickt Drew in Hartberg. Das Wort Umzug fasst den Wechsel nach Österreich nicht wirklich zusammen - 16.000 Kilometer liegen zwischen Sydney und der Steiermark, ein Kulturschock ist damit vorprogrammiert. Die erste Frage im Gespräch mit 90minuten liegt nahe - wie hat sich der Australier eingelebt? "Ganz gut. Ich komme regelmäßig zum Spielen und habe das Gefühl, dass ich langsam an meine Leistungen in Australien anknüpfen kann", erklärt er.

Was Jed Drew noch richtig schwer fällt

Auch im Team wurde Drew gut aufgenommen, viele Spieler sprechen Englisch. Sprachunterricht hat derzeit noch nicht die höchste Priorität, was verständlich ist. "Deutsch fällt mir noch richtig schwer, ohne Vorbereitung ist das eine echte Herausforderung. Spätestens nächste Saison werde ich Unterricht nehmen", erzählt er.

Bis kurz vor dem Transfer zum TSV konnte der Flügelspieler kaum etwas mit Österreich anfangen. Auch Spiele hat er keine gesehen: "Nein, eigentlich nicht. Weder von Hartberg noch der Bundesliga. Ein paar österreichische Vereine habe ich aus den europäischen Bewerben erkannt, Rapid zum Beispiel."

Hartberg ist ein bisschen kleiner und ruhiger als erwartet, daran habe ich mich aber schon gewöhnt.

Jed Drew

Sydney ist eine Millionenstadt, dort war Drew zuletzt aktiv. Seine neue Heimat hat mit einer Bevölkerung von rund 6.400 Menschen andere Dimensionen, auch das war eine Umstellung: "Hartberg ist ein bisschen kleiner und ruhiger als erwartet, daran habe ich mich aber schon gewöhnt. Die Stadt liegt ja auch zwischen zwei großen Städten, in meiner Freizeit fahre ich mit meiner Partnerin öfter nach Wien oder Graz."

Sofort Stammspieler

Trotz ursprünglich vorsichtiger Aussagen von Trainer Manfred Schmid und Obmann Erich Korherr, die eigentlich alle Erwartungen bremsen sollten, fand sich Drew auch sportlich schnell zurecht. Zwölf Spiele hat er jetzt in den Beinen, auch das erste Tor ist gegen die WSG Tirol gelungen. Für Drew läuft damit alles nach Plan. "Ich habe mir vorgenommen, mich gleich voll hineinzuwerfen. Es kam dann alles schneller als erwartet, aber mich freut es, dass der Trainer mir früh vertraut hat."

Alles geht viel schneller und die Qualität ist insgesamt höher. Daran muss ich mich noch gewöhnen.

Drew über Unterschiede zu Australien

Das Niveau und die Stärken der Spieler in Österreich fallen anders aus, als in der australischen A-League. Vor allem Tempo und Physis sind intensiver: "Alles geht viel schneller und die Qualität ist insgesamt höher. Mir fallen vor allem die Verteidiger auf, die Situationen schlau lösen und robust spielen. Daran muss ich mich noch gewöhnen."

Auf dem Platz und im Interview wirkt der 21-Jährige ehrgeizig, er spricht oft von Titeln und klaren Zielen. Wie sieht er sich selbst? "Neben dem Platz bin ich relativ entspannt. Ich versuche vom Fußball wegzukommen und verbringe gerne Zeit mit meiner Freundin, die mit mir hergezogen ist."

"Die Kritik, die du am wenigsten hören willst"

Einen Vorteil hat Drew gegenüber vielen anderen Talenten, weil sein Vater Brad selbst Profierfahrung sammeln konnte. Er war über 17 Jahre als Rugbyspieler in Australien und England aktiv, Jed erinnert sich: "Als wir nach England gezogen sind, war ich zehn Monate alt. Mit sieben Jahren war ich dann zurück in Australien. Es gibt als Sportler viele Höhen und Tiefen, mein Vater hatte damit Erfahrung und hat mich unterstützt, dafür bin ich ihm dankbar."

Jed Drew im Zweikampf mit Martin Hinteregger
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Jed Drew im Zweikampf mit Martin Hinteregger

Auch schwierige Momente gab es, das gehört dazu: "Als Kind ist es die Kritik, die du am wenigsten hören willst. Du willst deine Eltern beeindrucken und ihnen zeigen, wie gut du bist. Ich weiß aber, dass sie das aus den richtigen Gründen gemacht haben und wahrscheinlich wäre ich heute nicht hier, wenn es anders gewesen wäre."

Die Verbindung zu seinem Vater symbolisiert die etwas ungewöhnliche Rückennummer 79: "Sieben und neun waren die zwei Trikotnummern in seiner Karriere, ich habe sie kombiniert und bin auf 79 gekommen."

Transfer geplant und dann doch spontan

Schon vor einem Jahr hat sich das Offensivtalent erstmals mit einem Wechsel nach Europa beschäftigt, er wollte vorbereitet sein.

Nach einem sehr erfolgreichen Saisonstart in der australischen A-League zwischen Mitte Oktober und Ende Jänner war es dann soweit: "Es waren einige Teams interessiert. Mir war wichtig, dass ich regelmäßig spielen kann. Für mein Alter und meine Entwicklung war Hartberg der richtige Schritt, um in Europa Fuß zu fassen. Bis jetzt geht das ganz gut auf", erklärt Drew und ergänzt: "Mit einem Transfer im Winter habe ich nicht unbedingt gerechnet. Am Ende hat dann aber alles zu gut gepasst, um Nein zu sagen."

"Ich will mich hier so gut wie möglich beweisen, was dann passiert, werden wir sehen."

Jed Drew

Sein Vertrag läuft bis Juni 2028, wenn alles gut läuft, ist ein frühzeitiger Abschied aber wahrscheinlich. "Darüber habe ich mit meinen Beratern gesprochen. Es ist nie schlecht, die Sicherheit eines längerfristigen Vertrages zu haben. Ich will mich hier so gut wie möglich beweisen, was dann passiert, werden wir sehen", zeigt sich der Australier offen.

England als großes Ziel

Als großes mittelfristiges Ziel im Kopf hat Drew vor allem England. Vater Brad ist Arsenal-Fan, so konkret möchte sich sein Sohn aber nicht festlegen. "Einen wirklichen Traumverein habe ich nicht. Irgendwann würde ich dort gerne wieder landen, wo ich für einige Zeit aufgewachsen bin. Das wünsche ich mir, aber einen bestimmten Verein habe ich nicht im Kopf."

Dann fällt ihm aber doch noch ein Klub ein: "Vielleicht Huddersfield Town in der League One. Das erzähle ich gar nicht so oft, weil es bei ihnen derzeit nicht so gut läuft." In der Premier League waren die "Terriers" zuletzt 2019 aktiv.

Jed Drew bekommt in Hartberg genügend Spielzeit
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Jed Drew bekommt in Hartberg genügend Spielzeit

Jugendbewegung in Down Under

Vor seinem Wechsel nach Europa wurde in australischen Sportmedien hinterfragt, ob es für Drew auch wirklich der richtige Zeitpunkt ist, oder es besser wäre, die Saison der A-League zu Ende zu spielen. Von solchen Fragen lässt er sich kaum beeindrucken:

"Darüber wird derzeit viel diskutiert. Es gibt viele junge Australier, die in der Liga aufzeigen - die Medien sind eher skeptisch, weil es nicht allzu viele Australier gibt, die sich in Europa richtig etabliert haben. Man muss es uns als jungen Spielern zugestehen, dass wir uns hier auf diesem Level beweisen wollen. Das machen einige von uns jetzt, ich finde, das ist eine gute Entwicklung."

"Vielleicht hätte sich keine andere Chance mehr ergeben. Es wäre komisch gewesen, es nicht einmal zu versuchen."

Jed Drew

Was nicht heißen soll, dass die Entscheidung nicht durchdacht war. Alleine logistisch wäre der Transfer ohne Vorbereitung kompliziert gewesen, einen emotionalen Faktor gibt es dann ja auch noch: "Es war natürlich nicht einfach, Familie und Freunde zurückzulassen, aber es ist ja kein Abschied für immer. Vielleicht hätte sich keine andere Chance mehr ergeben. Es wäre komisch gewesen, es nicht einmal zu versuchen."

Ein Hartberger bei der Weltmeisterschaft?

Drew ist nicht der einzige vielversprechende Flügelspieler aus Australien, der sein Glück in Europa versucht. Marco Tilio wurde vor Jahren in Verbindung mit dem SK Rapid gebracht und landete bei Celtic, Garang Kuol bei Newcastle, Nestory Irankunda beim FC Bayern. "Im Nationalteam ist die Konkurrenz deswegen groß, jeder will bei den Socceroos dabei sein."

Ende März konnte der Hartberger für die U23 debütieren, dabei soll es aber nicht bleiben, er hat die WM 2026 in Nordamerika im Blick: "Das war mein Ziel, seit ich mit 18 Jahren in die A-League gekommen bin."

"Derzeit bin ich auf einem guten Weg, er nächste Schritt ist, es in den Kader zu schaffen. Als Flügelspieler ist es natürlich wichtig, dass ich mit guten Zahlen aufzeigen kann und oft treffe oder Tore vorbereite. Am Ende entscheidet der Trainer, aber in den nächsten zwölf bis 18 Monaten werde ich darauf hinarbeiten."

Neue Fangemeinde in Australien

Aufgrund der Zeitverschiebung wird es Drews Familie und Freundeskreis nicht einfach gemacht, den möglichen Triumph im Cup live zu verfolgen. Bei Ankick um 17:00 Uhr in Österreich ist es in Sydney ein Uhr nachts, trotzdem rechnet er mit der Unterstützung: "Sie werden sicherlich zuschauen. Mein Vater hat fast jedes Spiel gesehen. Es ist ein bisschen schwierig eine Übertragung für die Spiele zu finden, aber sie werden ihr Bestes geben."

Mit dem Stempel 'kleiner Verein' den Cup zu gewinnen, wäre unglaublich.

Jed Drew

Um den Verein Hartberg einordnen zu können, zieht der Offensivspieler einen Vergleich: "Es ist keiner der großen Klubs, aber wir haben uns zum Beispiel gegen Rapid und Austria gut geschlagen. Eigentlich ist er vergleichbar mit meinem ehemaligen Klub in Australien: Wir waren nicht die größten, der Verein war auch noch relativ neu, die Fanszene wächst noch."

Das Cupfinale bestreiten werden der WAC und der TSV Hartberg vor über 10.000 Fans. Bei Drew ist die Vorfreude groß: "Die Unterstützung, die wir hier in Hartberg bekommen, ist enorm. Mit dem Stempel 'kleiner Verein' den Cup zu gewinnen, wäre unglaublich."

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