März

Schwaches Salzburg gewinnt gegen machtloses Sturm Graz [Spiel-Analyse]

Red Bull Salzburg gewinnt gegen die Sturm Graz - allerdings merkte man die derzeitigen Ausfälle und den Drang oder gar Zwang, mit vertikalen Pässen nach vorne spielen zu wollen. Die Gäste hatten kaum langen Ballbesitzphasen und konnten sich auch beinahe keine Torchancen erspielen.

Die schnellsten Fußball-News Österreichs:

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

 

Der FC Red Bull Salzburg konnte wieder drei Punkte in der Bundesliga holen. Nach vier sieglosen Partien in der Liga gewannen die Salzburger mit einem 2:0 gegen den SK Sturm Graz. Die Grazer sind zwar ebenfalls in der Meistergruppe, allerdings zeigt die Formkurve stark nach unten. In den letzten sechs Spielen konnte man nur einmal mit drei Punkten den Platz verlassen. In Salzburg spielten sie in der gewohnten 5-3-2-Formation, verteidigten sehr tief und warteten auf Umschaltmomente, um sich Torchancen herauszuspielen. Jedoch gab es nur drei Schüsse auf das Tor und zwei davon waren nach einer Standardsituation. Woran liegt das?

 

Kann Sturm Graz überhaupt kontrollierte Chancen herausspielen?

In der ersten Halbzeit waren die Gastgeber aus Salzburg die eindeutig dominantere Mannschaft. Die Bullen hatten viel mehr Ballbesitz und überspielten auch immer wieder die ersten zwei Pressinglinien der Grazer. In der ersten Spielhälfte hatte Graz kaum Ballbesitz. Wenn es zu einem Spielaufbau kam, mussten die Abwehrspieler, wegen den aktiven Attackieren der Salzburger, mit einem hohen Ball nach vorne die Pressingsituation auflösen. Zwar kann man sich auch so Chancen erspielen, allerdings waren die hohen Bälle überhaupt nicht genau  und gegen das Gegenpressing der Salzburger war es für die Stürmer schwer Bälle vorne zu halten. Auch in den Umschaltmomenten in die Offensive erspielten sie sich kaum Chancen. Die Grazer taten sich schwer das Gegenpressing zu überspielen, trafen zudem auch einige Male falsche Entscheidungen mit dem Ball. Wie zum Beispiel Thorsten Röcher in der 36. Minute (Abbildung 1)

Abbildung 1: Nach einer Umschaltaktion sah Röcher Hierländer nicht und ging ins Dribbling. (Schwarzer Pfeil zeigt eine bessere Passoption an)

Röcher bekam nach einer Balleroberung in der gegnerischen Hälfte den Ball und konnte in die Richtung des Tores dribbeln. Da die Grazer immer schnell Umschalten rückte auch Stefan Hierländer sofort mit und war hinter den beiden Innenverteidiger der Salzburger komplett frei. Allerdings spielte Röcher keine Flanke auf die zweite Stange, sondern ging in eine eins-gegen-eins-Situation mit Andreas Ulmer. Der Offensivspieler konzentrierte sich zu sehr auf den Ball und schaute nicht auf, ob er nach seinen ersten Kontakten mit dem Ball gleiche eine Anspielstation hatte.

 


Die einzigen Großchancen der Grazer in der ersten Hälfte waren nach einer Standardsituation und da kamen sie gleich zu einer Doppelchance. Allerdings konnten beide Schussversuche auf der Linie geblockt werden. In der zweiten Hälfte presste Salzburg phasenweise nicht mehr so hoch an und ließ Sturm Graz mehr Ballbesitz. Jedoch konnten auch in den zweiten 45 Minuten die Grazer kaum Chancen erspielen oder überhaupt kontrolliert in die gegnerische Hälfte kommen. Dennoch versuchten sie nun ihr Spiel flach aufzubauen. (auch wenn Salzburg hoch presste) Das Pressing der Gastgeber konnten sie kaum überspielen und mussten wieder sehr früh den Ball hoch vorne spielen. Die Salzburger attackierten die Abwehrspieler so, dass sie meistens  zum Tormann zurückpassen mussten und Jörg Siebenhandl spielte daraufhin einen hohen Pass nach vorne. Ein Beispiel für eine Aufbauszene gab es in der 56. Minute. (Abbildung 2)

Abbildung 2: Das Pressing der Salzburger könnte besser überspielt werden (schwarze Pfeile zeigen bessere Optionen)

Ivan Ljubic bekam den Ball nach einem Abstoß. Mergim Berisha lief den Innenverteidiger sofort an. Ljubic spielte auf Vincent Trummer. Da der junge Außenverteidiger schnell unter Druck geriet, spielte er einen hohen Ball nach vorne. Allerdings kam Salzburg wieder in den Ballbesitz. Zunächst war die Körperposition des Außenverteidigers nicht optimal, sodass er mit einer Annahme sich nach vorne orientieren können. Zudem kamen zwei Mittelfeldspieler entgegen. Zwar wäre Juan Dominguez anspielbar gewesen, aber Salzburg hätte den Grazer sofort von allen Seiten attackieren können.  Durch das Entgegenkommen von Otar Kiteishvili hätte Dominguez bei einem Pass zu ihm einen weiteren Gegenspieler. Die Pressingsituation des Salzburger hätten die Grazer besser auflösen können, indem der Pass zu Dominguez trotzdem gespielt wird, anstatt den Ball nach vorne zu schießen. Wenn der Pass gut gespielt wird, könnte sich der spanische Mittelfeldspieler aufdrehen und auf die andere Seite spielen. Auch eine Möglichkeit wäre, dass Kiteishvili gar nicht entgegenkommt und somit mehr Platz nach vorne für Dominguez lässt und dann auf jeden Fall der Pass in die Mitte gespielt werden könnte.

 

In einigen Situationen sah man jedoch, dass die Spieler von Sturm Graz situationsgerechte Entscheidungen mit dem Ball treffen und sich durch Kombinationsspiel aus dem Gegenpressing von Salzburg lösen können. Allerdings beharrt Trainer Nestor El Maestro auf seine Spielweise, obwohl diese nur teilweise erfolgreich und für manche Fans überhaupt nicht schön zum Anschauen ist.

 

Hat Salzburg wieder in die Spur gefunden?

Salzburg spielte im Ballbesitz in einem 4-2-3-1, wobei die vier Offensivspieler sehr oft die Positionen variierten und auch tauschten. Im Spielaufbau versuchten die Salzburger, vor allem in der Anfangsphase, schnell mit vertikalen Pässen nach vorne zu spielen. Dominik Szoboszlai und Masaya Okugawa boten sich oft zwischen der Abwehr und dem Mittelfeld an. Besonders über Maximilian Wöber kamen anfangs immer wieder vertikalen Pässe in den Zwischenlinienraum zu Szoboszlai. Dadurch überbrückte Salzburg oft und sehr schnell die ersten beiden Pressinglinien beziehungsweise den tieferen Abwehrblock von Sturm Graz. Wie zum Beispiel in der 24. Minute. (Abbildung 3)

Abbildung 3: Vertikaler Pass von Wöber, um die ersten beiden Pressinglinien der Grazer zu überbrücken.

Wöber bekam im Aufbau von Andre Ramalho den Ball und konnte einige Meter andribbeln. Szoboszlai bewegte sich in den Halbraum und während dessen lief Berisha in die Tiefe. Damit zog der Stürmer die beiden Innenverteidiger weiter nach hinten und der ungarische Mittelfeldspieler hatte mehr Platz. Zudem schaute er sich um und sah, dass Berisha die Innenverteidiger mit seinem Lauf mitzog. So konnte er sich noch weiter nach vorne Bewegen und mit einer offenen Mitnahme gleich in die Richtung des Tores dribbeln. Diese vertikalen Pässe kamen, besonders von Wöber, immer wieder und Salzburg konnte so die ersten zwei Pressinglinie mit nur einem Pass überspielen.

 

Zwar konnten sich die Hausherren einige Chancen erspielen, dennoch kamen einige Probleme, die sich in den letzten Wochen bildeten, immer mehr hervor. Nach Ballgewinn oder wenn sie schon weit in der gegnerischen Hälfte im Ballbesitz waren, spielten sie sehr viele vertikale Bälle. Auch im engsten Raum wurde immer versucht schnell und direkt nach vorne zu spielen. Gegen einen Gegner wie Sturm Graz, die sehr nah auf den Ball schoben, war es für die Salzburger schwer über die Mitte zu kommen. Zudem wichen sie auch kaum auf den Flügel aus, obwohl sich immer wieder auf den Seiten Raum öffnete. Vor allem bei der Spielweise von Salzburg ergab sich gegen die Grazer immer wieder Raum auf den Flügel, die sie nur selten bespielten. Durch das vertikale Spiel nach vorne locken sie Gegenspieler mehr in die Mitte, verpassen allerdings oft den Moment, um auf den Flügel zu spielen. Dies hat auch mit einigen Ausfällen zu tun. Denn Albert Vallci ist kein Außenverteidiger und Farkas wäre noch nicht bereit so viele Spiele nach seiner Rückkehr zu bestreiten. Vallci rückte nämlich selten weit nach vorne und gab auch oft nicht die notwendige breite im Spiel der Salzburger. In der 60. Minute gab es eine Szene, in der Salzburg gut den Flügel ausnutzen konnte. (Abbildung 4)

Abbildung 4: Salzburg nützte nicht den Raum am Flüge, den Sturm Graz öffnete aus. (Pfeile in schwarz zeigen eine bessere Option an)

Majeed Ashimeru bekam von Okugawa im linken Halbraum den Ball und dribbelte in die Mitte. Graz stand sehr tief und kompakt und versucht keinen Pass durch die Mitte zuzulassen. Wieder bemerkte man bei Salzburg diesen Drang unbedingt einen vertikalen Pass spielen zu wollen, obwohl andere Optionen auch eine gute Möglichkeit wären. Dadurch, dass das Dreiermittelfeld von Graz in dem Moment als Ashimeru den Pass in die Mitte versuchen wollte noch enger zusammenschoben, konnte sich Szoboszlai aus dem Deckungsschatten von Kiteishvili befreien und angespielt werden. Der Mittelfeldspieler ließ nun auf Enock Mwepu prallen und diesem Moment gäbe es eine gute Möglichkeit, dass der Außenverteidiger aufzieht und den Raum hinter dem gegnerischen Außenbahnspieler ausnützt. Denn der Pass auf Szoboszlai zog die Spieler enger zusammen und dadurch öffnete sich Platz auf dem Flügel. Allerdings ist Vallci kein offensiver Außenverteidiger und könnte sich auch durch seine Schnelligkeit nicht wirklich durchsetzen. Dennoch hätte er in dieser Situation ein wenig höher und breiter stehen können. Dadurch hätte er entweder einen Chipball nach dem Prallenlassen von Szoboszlai bekommen oder der Mittelfeldspieler hätte sich aufdrehen können, da der gegnerische Außenspieler mit Vallci mitgehen müsste.

 

Fazit

Sturm Graz spielte wieder eine sehr schwache Partie und sie sollten sich bereits für die nächste Saison Gedanken machen, ob es auf der Trainerposition so bleiben soll. Die Grazer sind mit der Spielweise von El Maestro nicht nur mäßig erfolgreich, die Attraktivität des Spiels hält sich auch in Grenzen. Zudem kamen die Gäste gegen Salzburg kaum zu Torchancen und ließen auch mehrere Abschlüsse des Gegners zu. Die Salzburgern konnten nach dem Sieg im Halbfinale des ÖFB-Cups auch wieder in der Bundesliga punkten. Dennoch muss Jesse Marsch noch einiges am Spiel mit dem Ball arbeiten. Die Räume, die der Gegner öffnete, nützten sie zu wenig aus und auch die Chancenvertung war in diesem Spiel niedrig. Allerdings kann man bei einer Rückkehr von Zlatko Junuzovic und Rasmus Kristensen bessere Partien, vor allem im Spielaufbau, erwarten.

 

90minuten.at-TV: Das neue Everton Stadion