März

Eine echte Option für die Euro: Florian Kainz mit situationsgerechtem Off-Ball Movement [Legionärs-Check]

Florian Kainz spielt beim 1. FC Köln immer öfter eine wichtige Rolle. Er agiert nicht nur im Pressing sehr diszipliniert und situationsgerecht, sondern trägt auch viel für das Offensivspiel seiner Mannschaft bei.

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+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein Legionärs-Check von Simon Goigitzer

 

Der 1. FC Köln konnte in der deutschen Bundesliga in den letzten neun Spieltagen sieben Mal als Sieger vom Platz gehen. Einen großen Anteil daran hat Neo-Trainer Markus Gisdol. Vor allem die Defensive konnte verbessert werden. Wenn man die Niederlage gegen den FC Bayern München herausnimmt, bekam Köln kein einziges Gegentor in den letzten drei Bundesligaspielen. Besonders das hohe Pressing und das schnelle Spiel nach vorne stechen bei der Kölner Mannschaft heraus. Auch beim Sieg gegen den FC Schalke 04 bekamen sie kein Gegentor, waren konsequent in der Verteidigung und hatten oft hohe Balleroberungen. Der Österreicher Florian Kainz spielte gegen die Königsblauen als rechter Mittelfeldspieler zum zweiten Mal hintereinander von Beginn an. Wir haben uns seine Rolle näher angesehen.

 

Kainz mitten im Kölner Pressing

Der FC Köln spielte gegen die Schalker in einem 4-1-4-1. Besonders im Pressing der Gastgeber konnte man die Grundformation gut erkennen. Sie spielten eine Mischung aus Mittelfeld- und Angriffspressing. Meist stellten sie sich auf die Höhe des Mittelkreises und warteten auf gewisse Trigger für das Pressing. Ein Auslöser für das Attackieren war meist ein unsauberes Zuspiel oder ein Pass auf den Außenverteidiger. Den Außenspieler setzten meist Kainz oder Ismail Jakobs sehr schnell unter Druck und versuchten einen Fehlpass zu provozieren. Wenn der Abwehrspieler einen Rückpass spielte, wechselte Köln in das Angriffspressing und attackierte weiterhin den Gegner, bis der Befreiungsschlag kam oder sie den Ball eroberten. Hier ein Beispiel für einen Triggerpass im Aufbau der Schalker. (Abbildung 1)

Abbildung 1: Das Pressing der Kölner auf der Seite des ÖFB-Legionärs.

Matija Nastasic hatte im Aufbau der Gäste den Ball. Der Innenverteidiger fand keine richtige Passoption, um nach vorne zu spielen, denn auch Nassim Boujellab rückte in diesem Moment in eine situative Dreierkette und so wurde von den Schalkern der Sechserraum freigelassen. Dies konnte Elvis Rexhbecaj durch mehrere Schulterblicke erkennen und presste aus seiner Achterposition auf den Abwehrspieler. Zudem blickte er sich beim Anlaufen noch um, um einen möglichen entgegenkommenden Mittelfeldspieler in den Deckungsschatten zu nehmen. Außerdem stellte Jhon Cordoba den Pass in die Mitte zu und Nastasic wurde gezwungen, den Ball auf den Außenverteidiger zu spielen. Sobald sich der Innenverteidiger in die Richtung des Außenspielers drehte, sprinteten Kainz und Rexhbecaj sofort los und attackierten ihren Gegenspieler. Der Außenverteidiger bekam den Ball, wurde allerdings durch Kainz so schnell unter Druck gesetzt, dass er einen Fehlpass machte. So kam Köln bereits in der gegnerischen Hälfte in den Ballbesitz und konnte schnell umschalten.

 

Kainz setzt Ehizibue gut in Szene

Kainz rückte anfangs im Ballbesitz kaum in die Mitte. Auch, wenn der Ball auf der anderen Seite war, versuchte er breiter zu stehen. Dies änderte sich jedoch nach rund 15 Minuten. Köln bekam immer mehr Ballbesitz und Schalke agierte nicht mehr so oft in der situativen Dreierkette und der Österreicher musste nicht mehr so breit stehen, um die gegnerische Abwehr auseinander zu ziehen. Daher rückte Kainz öfters in den Halbraum und Kingsley Ehizibue konnte mehrmals auf dem Flügel aufrücken. Dies half vor allem, wenn der Aufbau der Kölner noch in der eigenen Hälfte war oder bei Umschaltaktionen in die Offensive. Ehizibue ist nämlich viel schneller als Kainz und die Kölner nützten dies auch immer gut aus. Ein Beispiel für das Einrücken des ÖFB-Legionärs. (Abbildung 2)

 

Abbildung 2: Einrücken des Österreichers und Ehizibue zieht auf.

Ellyes Skhiri bekam im Spielaufbau der Kölner den Ball. Mit der Annahme drehte er sich nach vorne und in diesem Moment bewegte sich Kainz vom Flügel in den Halbraum. Der Österreicher war auch gut anspielbar, allerdings brauchte der Sechser von den Gastgebern zu lange, um sich zu entscheiden. Zudem war die Mitnahme ein wenig zu weit, sodass er den Moment verpasste, um Kainz situatiosngerecht anspielen zu können. So musste der Mittelfeldspieler, weil Schalke das Zentrum zumachte, wieder abdrehen und nach hinten spielen. Jedoch gab es eine Szene, in der der Österreicher nach dem Einrücken angespielt wurde. (Abbildung 3)

Abbildung 3: Kainz bewegte sich in den Halbraum und wurde von Skhiri angespielt.

Wieder hatte Skhiri den Ball im Aufbau der Kölner. Kainz und Ehizibue machten wieder den selben Bewegungsablauf - wie schon in der Situation davor. Diesmal wurde der Österreicher aber vom Sechser angespielt. Allerdings brauchte der defensive Mittefeldspieler wieder zu lange, um den Ball zu spielen und Kainz hatte kaum eine Möglichkeit sich nach vorne Aufzudrehen. Der Österreicher machte beim Entgegenkommen auch mehrere Schulterblicke, um zu schauen, ob er sich aufdrehen könnte. Dabei sah er auch, dass, als Skhiri zu lang brauchte, ein Chipball auf den Außenverteidiger auch eine Option gewesen wäre und zeigte seinem Mitspieler auch diesen Pass an. Dennoch bekam er den Ball, konnte sich aber nur nach hinten orientieren und musste zum Innenverteidiger zurückspielen. Allerdings konnte in der Anschlussaktion trotzdem auf den rechten Flügel gespielt werden, um mit dem Außenverteidiger in das letzte Drittel zu kommen.

Zudem traf Krainz mit dem Ball viele situationsgerechte Entscheidungen. In der eigenen Hälfte oder im Spielaufbau kam es nur selten zu Fehlpässen. Dazu muss man aber auch sagen, dass er im eigenen und im Mittelfelddrittel eher sichere Pässe spielte und selten Risikobälle nach vorne passte. Kommt er jedoch mit dem Ball in das letzte Drittel, suchte er den schnellsten weg zum Tor. Wenn er am Flügel den Ball hatte versuchte er meistens aus dem Halbfeld zu flanken. Mehrere dieser Flanken wurden gegen Schalke auch zu Torabschlüssen, da sich Cordoba öfters in 1-gegen-1-Duellen gegen die Innenverteidiger im Sechzehner durchsetzen konnte und Ismail Jakobs weit in den Sechzehner einrückte, um als weitere Anspielstation (meist zweite Stange) zu dienen. Auch mit diagonalen Dribblings im letzten Drittel versuchte Kainz immer wieder Chancen zu kreieren.

Besonders das Umschaltspiel in die Offensive bei den Kölnern wirkte dies sehr gut, denn sie kamen immer wieder in das Offensivdrittel und dort auch zu Abschlüssen. Ebenso im Umschalten konnte Kainz seine situationsgerechten Entscheidungen mit dem Ball zeigen. Beispielsweise in der 14. Minute. (Abbildung 4)

Abbildung 4: Nach einer Balleroberung spielte Kainz einen perfekten Ball in die Tiefe für Ehizibue.

Köln gewann in der eigenen Hälfte den Ball und konnte sich mit einem Chipball zum Stürmer aus dem Gegenpressing der Schalker lösen. Daraufhin wurde Kainz von Cordoba am rechten Flügel angespielt. In diesem Moment vorderlief Ehizibue den Österreicher. Damit zog der Außenverteidiger nicht nur einen Gegenspieler mit und sorgte dafür, dass Kainz mehr Zeit hat, um sich zu entscheiden, sondern war auch eine Anspielstation für einen tiefen Pass. Der ÖFB-Legionär konnte daraufhin seinen Mitspieler mit einem perfekten Pass in die Tiefe in eine gute Flankenposition bringen. In der Anschlussaktion spielte der Außenverteidiger gleich mit dem ersten Kontakt in die Mitte, allerdings wurde die flache Flanke leicht abgewehrt.

 

Florian Kainz: Eine Option für die EM?

Der ÖFB-Teamspieler bekommt unter Markus Gisdol immer mehr Spielzeit. Zudem schießt Florian Kainz die meisten Standardsituationen und konnte dadurch den ersten Treffer assistieren. Beim 3:0 gegen den FC Schalke 04 zeigte Kainz, besonders in offensiven Umschaltsituationen, seine situationsgerechte Entscheidungsfindung mit dem Ball und sein gutes Zusammenspiel mit Ehizibue. Aber auch in der Defensive und vor allem im Pressing war er diszipliniert und folgte den Anweisungen des Trainers, weil die Gastgeber immer wieder hohe Balleroberungen hatte. Wenn Kainz seine Form behält, könnte er auf jeden Fall eine Option für die Europameisterschaft in der österreichischen Nationalmannschaft sein. Allerdings kommt dies vor allem auf das System und auf die Formation darauf an, ob er für die Startelf berücksichtigt werden kann. Beispielsweise, ob das ÖFB-Team mit einer Vierer- oder Fünferkette spielt und welche weiteren Spieler zur Verfügung stehen.

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