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Momentum am Montag: "Hurensohn" ist die falsche rote Linie

Die Spielunterbrechungen in Deutschland rund um die Schmähungen gegen Dietmar Hopp haben eines gezeigt: Die rote Linie, was im Stadion gesagt und gezeigt werden darf, wird sich verschieben. Und: Die aktuelle rote Linie ist geprägt durch eine Doppelmoral, die man schnell ablegen sollte.

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Das Messen mit zweierlei Maß hinsichtlich Vorkommnisse in (deutschen) Stadien ist unser Momentum am Montag.

Seit Wochen köchelt die Diskussion über das, was in Stadien gesagt werden darf, vornehmlich in Deutschland. Der DFB zeigt derzeit eine klare Linie: Kein Spielabbruch bei Rassismus, Naziparolen, Sexismus. Aber wehe, es geht gegen den Mäzen Dietmar Hopp - „Jetzt ist Schluss, jetzt müssen Grenzen gezeigt werden“, poltert etwa Fritz Keller vom DFB. Aber was ist mit den restlichen Vorfällen?

 

Alles gut bekannt

Hierzulande wird ebenfalls herum laviert, wenigstens hat sich der offene Rassismus größtenteils aus den Kurven verabschiedet, einzelne Aufreger wie vor ein paar Jahren im Cup bei Union Gurten oder bei dem einen oder anderen Bundesliga-Match sind die Ausnahme. Aber da wird unverhohlen Nazipropaganda im Bundesligastadion gezeigt, die sexistische Bezeichnung 'H****sohn' gehört ohnehin zum guten Ton in den meisten Fankurven, homophobe Chants sind beim Wiener Derby sowieso Standardrepertoire. Ein tröstliches, scheues „Wenigstens“: Zumindest entblödet sich die heimische Bundesliga nicht, das alles wegzuschweigen und im Umkehrschluss die ewig wiederkehrenden, mittlerweile schon öden, Anti-Mateschitz-Gesänge zu verurteilen.

 

Wichtige Funktion

Lobenswerter Weise fallen viele Fankurven auch mit positiven Aktionen aus. Etwa, wenn Spenden gesammelt werden, man sich kritisch mit den eigenen Strukturen auseinander setzte oder – wie jüngst die Fanszene in Salzburg – auf Rassismus in Stadien aufmerksam gemacht wird. Wie überall im Leben ist nicht alles schwarz oder weiß, es gibt Graustufen und dieselben Fans, die zehntausende Euros für caritative Zwecke sammeln, fallen in der Gesamtheit zuweilen mit homophoben Beschimpfungen auf. Eine knifflige Situation!

„Die Ultras“ oder wie auch immer sich die jeweiligen Fangruppen nennen, in einen Topf zu werfen, ist ohnehin vollkommen daneben und zeugt exakt von der Abgehobenheit, die der DFB an den Tag legt, wenn bei Schmähungen gegen einen Mäzen nach einer Knallhart-Strategie gerufen wird, die immer wieder kehrenden Geister einer widerwärtigen Vergangenheit aber ignoriert werden. Das zeigt auch, was den alten, weißen Herren in Deutschland wichtig ist: Ihresgleichen, nicht die etwa Kicker, die rassistisch beschimpft werden.

 

Aufruf an die Verbände

Letztlich kommt man wieder zum Messen mit zweierlei Maß. Wann soll ein Spiel abge- oder unterbrochen werden? Dafür braucht es klare Richtlinien, einen Konsequenzenkatalog und vor allem eines: Glaubwürdigkeit. Wenn die rote Linie hundertfach gehörte Schmähungen gegen einen Mäzen sind, Rassismus, Sexismus, Nazitum, Homophobie aber keine Konsequenzen nach sich ziehen, dann sagt das eben viel über den aus, der diese rote Linie nun zieht. Das ist eine Doppelmoral, die abzulehnen ist. 

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