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Rapid auf der Suche nach Dimension(en)

Goran Djuricin hat den schlafenden Riesen Rapid erfolgreich geweckt und die Leistungen des Rekordmeisters stabilisiert. Der Vorstoß in die Top 3 ist damit gelungen. Es wird jedoch schon bald der nächste Schritt notwendig sein, um die Ergebnisse der letzten Spiele zu bestätigen.

Eine Spiel-Analyse von Momo Akhondi

 

Zunächst ein Hinweis in eigener Sache: Es wurde der Vorwurf laut, dass 90minuten.at nur Spiele nach Niederlagen analysiert. Zuletzt kam dieser Vorwurf sogar direkt aus dem Trainerteam des SK Rapid. Daher möchten wir an dieser Stelle auf die letzte Rapid-Spiel-Analyse verweisen, die nach dem Sieg von  Rapid gegen den LASK geschrieben wurde.

 

Seitdem konnte die Mannschaft von Goran Djuricin eine regelrechte Serie hinlegen und gewann zuletzt sogar sieben Spiele in Serie. Es ist dem Trainer der Hütteldorfer gelungen, die Leistungen und Ergebnisse in den letzten Wochen zu stabilisieren, nachdem der Rekordmeister zuvor fast ein Jahr lang strauchelte und vergangene Saison zwischenzeitlich sogar gegen den Abstieg kämpfen musste.

 

Davon ist inzwischen nichts mehr zu hören, dies ist auch ein Verdienst von Goran Djuricin. Nach zwischenzeitlichen Kinderkrankheiten im Ballbesitzspiel spielen die Rapidler inzwischen einen viel organischeren und auf die einzelnen Spieler zugeschnittenen Fußball. Dies ist Djuricins Vorgänger Canadi zu keinem Zeitpunkt gelungen. Es wird diese Saison vermehrt Wert auf spielerische Lösungen gelegt, hohe Bälle werden seltener. Ein essentieller Part in dieser Entwicklung war hierbei sicher die Besetzung des Zentrums, sowohl in personeller als auch in strategischer Hinsicht.

 

Ljubicic‘ Rolle

Wurde mit Stephan Auer zu Saisonbeginn noch oft ein Spieler auf der Sechs eingesetzt, der seine Stärken wohl eher am Flügel hat, so hat sich diese Balance durch die Rückholaktion von Dejan Ljubicic drastisch verändert. Ljubicic übernimmt hierbei nicht nur einen Platz im Zentrum, sondern verdrängt vor allem Kapitän Stefan Schwab als Sechser.

 

Schwab rückt dadurch eine Reihe nach vorne und kann dem Spiel seiner Mannschaft seitdem als Achter wieder vermehrt den Stempel aufdrücken. Der junge Ljubicic hingegen tut sich ungemein leichter als Schwab, wenn er als Sechser vor der Abwehr unter Druck agieren muss. Der 20-jährige bringt hierbei nicht nur das technische und taktisch/strategische Rüstzeug mit, um diese Position auszufüllen, sondern auch die physische Komponente ist bei Ljubicic für die Rolle in Rapids System sehr passend. Durch diese simple Anpassung konnten die Hütteldorfer zuletzt auch die Stärken ihrer Einzelspieler vermehrt einbinden. Trotz zwischenzeitlicher Unkenrufe von außen verfügt der Kader des SK Rapid vor allem in der Offensive über enorme Qualität. Mit Schaub, Murg und Schobesberger hat Djuricin technisch versierte Spieler mit taktisch hochinteressanten Profilen zur Verfügung.

 

Mit der Hereinnahme von Ljubicic schien es auch so, als würde Djuricin die „Ausflüge“ der zentralen Spieler Richtung Outlinie verbieten. In den letzten Wochen konnte man fast durchgehend beobachten, wie Ljubicic und Schwab ihren Mittelstreifen unter keinem Umstand verlassen wollten. Wurde in der Vergangenheit vor allem in der Breite viel rochiert, so scheint dies nun fast komplett unterbunden.

Bild 1a und 1b – Schwab und Ljubicic besetzen konsequent das Zentrum und sind dadurch für Sturm leicht zu decken

Dreh- und Angelpunkt: Ljubicic und Schwab

Ljubicic und Schwab sind im Spielaufbau der Rapidler Dreh- und Angelpunkt. Der Gegner konnte sich in den letzten Wochen jedoch langsam darauf einstellen, wo man die Schlüsselspieler von Rapid antreffen wird: nämlich durchgehend im Zentrum. Vor allem während des ersten Ballvortrages befinden sich Ljubicic und Schwab immer im Mittelkreis. Dadurch ist es für den Gegner – vergangenes Wochenende der Tabellenführer aus Graz – ein Leichtes, die beiden Zentrumsspieler der Grün-Weißen aus dem Spiel zu nehmen.

 

Ljubicic und Schwab standen dadurch fast durchgehend mit dem Rücken zum Tor der Grazer und konnten dementsprechend Zuspiele von Galvao und Hofmann nur kurz zurückprallen lassen. In der engen Deckung - wie auf Bild 1 zu sehen - war es für Schwab und Ljubicic unmöglich, mit dem Ball aufzudrehen und den Blick Richtung Graz-Torhüter Jörg Siebenhandl zu richten.

 

Die einzige Möglichkeit, die den beiden blieb, um sich dem Druck des Gegners zu entziehen, waren vertikale Rochaden der Spielfeldlänge entlang. Dieses Abkippen und Hochschieben in der Vertikale (Länge des Spielfelds) scheinen noch erlaubt zu sein. 

Bild 2a und 2b – Ljubicic und Schwab kippen abwechselnd ab und versuchen sich dem Druck der Grazer zu entziehen

Dies war ein probates Mittel, um sich dem Pressing der Grazer zu entziehen. Der jeweils abkippende Sechser konnte frei angespielt werden und dementsprechend auch gleich aufdrehen und den Blick Richtung gegnerisches Tor richten. Damit verblieb jedoch auch der zweite Rapid-Sechser alleine im Offensivpressing-Netz des Tabellenführers (wie auf den Bildern 2a und 2b zu sehen).

 

Spielaufbau gebremst

Problematisch war bei dieser Aufbaustaffelung dadurch vor allem dann die Folgeaktion. Der zweite Sechser der Rapidler fand sich in einer noch hoffnungsloseren Situation wieder, während die Außenverteidiger Bolingoli und Auer oft zu weit nach vorne rückten, sobald sich ein Sechser abkippen ließ. Die Anspielstationen der Rapid-Innenverteidiger waren während des ersten Ballvortrags somit oft schon nach dem ersten Pass blockiert, der Spielaufbau dadurch gebremst.

 

Pässe ins Zentrum hatten zur Folge, dass die Grazer ihre Pressingfalle zuschnappen lassen konnten und den ballführenden Sechser der Rapidler sofort gehörig unter Druck setzten. 

Bild 3a und 3b: Schwab wird angespielt und wird sofort von fünf Grazern umzingelt.

Die Grazer installierten durch das eindimensionale Positionsspiel der beiden Sechser konstant eine Pressingfalle um Ljubicic und Schwab, die sofort zuschnappte, sobald einer der beiden im Mittelkreis angespielt wurde.

 

Auch deshalb wurden viele Angriffe der Rapidler über die Außen gestartet und auch auf hohe Bälle musste die Mannschaft von Djuricin öfter zurückgreifen als ihnen lieb war. Dabei gerieten die Rapidler in Probleme, wenn sie beschlossen, den Spielaufbau über die Außenverteidiger zu starten. Diese Aufbausituationen waren für den Gegner nicht nur leicht zu isolieren, sondern brachten die Hütteldorfer bei einem eventuellen Ballverlust sofort in die Bredouille.

Bild 4a und 4b – Ljubicic und Schwab wieder umzingelt von Grazern, Bolingoli wird isoliert. Rapid verliert den Ball.

Ging der Ball am Flügel verloren, so waren Ljubicic, Schwab sowie die gesamte Offensivabteilung der Rapidler aus dem Spiel genommen, während die Grazer sofort Richtung Konterangriff durchstarten konnten.

 

Die Lösung für dieses Problem in der ersten Phase des Spielaufbaus war hierbei zugleich in der Theorie simpel, für die Rapidler in ihrer Ausrichtung jedoch praktisch schwer umzusetzen.

 

Die Grazer verteidigten in ihrem 5-2-3 relativ hoch, vor allem die beiden Sechser Zulj und Jeggo standen sehr weit vorne und schlossen dadurch den Raum hinter den drei Stürmern Alar, Röcher und Huspek. Dahinter war der Raum zu den Verteidigern bei den Gastgebern aber sehr groß. Diesen Zwischenlinienraum zwischen Mittelfeld und Abwehr galt es für die Grün-Weißen anzuvisieren. Hierfür war es jedoch notwendig, dass die Rapidler ihre beiden Sechser richtig einsetzen. Ljubicic und Schwab mussten in der Lage sein, sich aus der engen Deckung des Grazer Offensivpressings zu befreien, damit sie ihren Blick in Richtung Jörg Siebenhandl und den offenen Zwischenlinienraum der Grazer richten können.

Bild 5a und 5b – Alar ist noch nicht auf seiner Position, Schwab und Ljubicic haben mehr Platz. Diesen nutzen die Rapidler klug.

Den Rapidlern gelang dies auch einige Male sehr gut. Wenn beispielsweise Alar den direkten Weg auf Ljubicic und Schwab nicht verstellen konnte, trauten sich die Innenverteidiger (vor allem Galvao) auch gleich den Pass ins Zentrum zu, die Rapid-Sechser hatten gleichzeitig die technischen Voraussetzungen um sauber aufzudrehen. Auch wenn Rapid (auf den Bildern 5a und 5b zu sehen) selbstverständlich noch weit davon entfernt ist, ein Tor zu schießen, so waren eben jene Situationen, in denen Ljubicic oder Schwab im Zentrum aufdrehen konnten, der Ausgangspunkt für alle gefährlichen Aktionen der Hütteldorfer (wenngleich es davon nur wenige gab). Kam man erfolgreich in diese Situationen, in der die Sechser offen zum gegnerischen Tor standen, wurde es für die Grazer automatisch brandgefährlich.

Bild 6 Schwab, mit dem Blick nach vorne, spielt einen genauen Flachpass zwischen Mittelfeld- und Abwehrlinie der Grazer

Zum Bemängeln war hierbei jedoch, dass die Mannschaft von Goran Djuricin solche Situationen nie aktiv suchte. Man war lediglich in der Lage, solche gefährlichen Aktionen zu kreieren, wenn die „Blackies“ einmal nachlässig verteidigten. Man muss den Spielern jedoch zugutehalten, dass sie entsprechende Situationen oft gut erkannten. Es entsprang jedoch nicht aus der eigenen Stärke im Manipulieren der defensiven Formation (Grundpfeiler des Positionsspiels nach spanischem Vorbild), sondern primär nach der mangelhaften Verteidigung des Gegners. Der Denkansantz des SK Rapid im Spielaufbau war dadurch ein sehr reaktiver Anstatz.

 

>>> Weiterlesen – Seite 2: Rapids Optionen im Aufbau

So sollen die neuen ÖFB-Trikots aussehen (Bilder: footyheadlines.com)

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