Foto: © Stefan Berndl Reportage / 2017 / Mai

Das spezielle Team von Rapid Wien: Ein Miteinander mit Vorbildwirkung

Als das Special Needs Team Rapids 2014 gegründet wurde, war der Klub noch ein nationaler Vorreiter in diesem Bereich. Seitdem hat sich viel getan. Nun stehen die Spieler vor dem größten Highlight ihrer Karriere. Ein Lokalaugenschein von Stefan Berndl.

Reportage Special Needs Team Rapid Seite 1 - Seite 2 - Seite 3

 

Die Liebe zu Rapid ist etwas, das Spieler und Trainer eint. Kein Wunder also, dass beim Gang zurück in die Kabinen auch die Kampfmannschaft ein Thema ist. „Zum Glück haben sie letzte Woche gewonnen, gegen Sturm“, sagt einer der Spieler. Die für Rapid so schwierige Saison lässt auch die Special Needs Spieler nicht kalt. Und während auf die Profis noch das Pokalfinale gegen Salzburg als großes Saisonhighlight wartet, fiebert die Mannschaft von Kerber, Costa und Co. auf das Turnier Anfang Juni hin. Es ist das erste Internationale Special-Needs-Team-Turnier Rapids. Über drei Tage hinweg, von 2. bis 4. Juni, werden Teams aus ganz Europa im Einsatz sein. Gemeinsam mit dem U15-Turnier, das zeitgleich stattfindet, werden 24 Mannschaften vor Ort sein.

Das Hoffen auf ein Turnier auf Augenhöhe

Was die Spieler erwarten wird, weiß noch keiner so genau. Denn gerade die Teams aus dem Ausland sind eine Unbekannte. „Wir wissen nicht, ob wir für alle zu stark sind oder umgekehrt nur mitlaufen und von allen weggeschossen werden“, gibt Costa zu, „Ich glaube aber, dass wir ganz gut im Rennen sind.“ Unter den Gegnern befinden sich unter anderem Teams von Bayer Leverkusen, dem FC Zürich oder auch aus Southampton. Gespielt wird in zwei Bewerben: Dem Champions Cup sowie dem Euro Cup. Und auch die Wiener Austria ist mit dabei. Zu einer Neuauflage des Wiener Derbys kann es aber erst in der K.o.-Phase kommen. Die Rapidler hoffen auf eine Revanche.

Matias Costa wünscht sich ein Turnier auf Augenhöhe.

90minuten.at: Worauf gilt es im Training mit dem Special Needs Team besonders zu achten?

Matias Costa: In jedem Mannschaftssport muss man ein Ambiente schaffen, in dem sich die Spieler wohl fühlen und weiterentwickeln können. Das ist von der U6 bis zur Kampfmannschaft, vom Handball bis zum Basketball gleich. Bei uns gibt es die vielen Besonderheiten, gerade im Special Needs Team, wir haben ein riesiges Gefälle. Wir haben Spieler, die sind tolle Fußballer, die problemlos auf Regionalliga-Niveau spielen könnten. Und wir haben Spieler, die den Ball nur treten, das aber gerne tun. Das alles zu verbinden ist eine große Herausforderung. Wir machen einen Großteil des Trainings zusammen und dann trennen wir die Gruppen, damit das nicht zu ungleich wird. Es sollen schon die Schwächeren von den Stärkeren profitieren, aber nicht das ganze Training über. Es soll jeder leistungsgerecht gefördert werden. Da ist etwa die Herausforderung mit einem Sehbehinderten zu spielen, der einen orangenen Ball nicht sieht, weil das für ihn ein grauer Fleck ist. Du musst also mit einem weißen Ball spielen. Oder die Frage wie du mit einem Gehörlosen kommunizierst. Das lernst du alles. Das gehört zu den Herausforderungen eines Trainers, damit umgehen zu können und sich auf die Sportler einzulassen.

 

90minuten.at: Was macht die Arbeit mit den Spielern so besonders?

Matias Costa: Ich mache das jetzt schon seit 15 Jahren und ich mag das Ambiente, das Umfeld. Und ich bin da jetzt hineingewachsen und was mir gefällt ist die Mischung zwischen Leistungssport und Breitensport. Das ist jetzt schon ernst und man will schon eine Leistung erreichen, aber es ist nie ein Profisport, es ist nie dieser Druck da. Aber es geht auch nicht darum, nur mit dem Ball zu spielen. Und mit dieser Mischung kann ich mich gut identifizieren. Im Endeffekt ist es schon ein breitensportliches Ambiente, in dem aber schon ernst und mit Qualität trainiert wird.

 

90minuten.at: Wie ernst geht es dann bei einem Spiel, einem Turnier wirklich zu? Etwa zuletzt beim Derby gegen die Austria?

Matias Costa: So wie in jedem anderen Spiel auch. Verlieren will keiner. Wir haben uns sehr geärgert und sehr viel gegrübelt nach der Niederlage. Auch die Spieler. Gewinnen und verlieren gehört zum Sport, aber natürlich geht jeder auf den Platz und will gewinnen. Das ist schon sehr ernst. Wobei das Derby ein interessantes Beispiel ist. Die Sportler kennen sich alle aus ihren Behindertensportvereinen. Das heißt, es ist schon eine Rivalität da, aber es ist schon auch irgendwie eine Freundschaft vorhanden. Und das ist auch gut. Als wir gegen Chelsea gespielt haben, da war es schon auch hitzig. Oder in Turin, da geht es schon sehr ernst zur Sache.

"Es ist ein wenig wie eine Pralinenschachtel. Man weiß ja nie, was da daherkommt." - Matias Costa

90minuten.at: Nun wartet das Special Needs Team Turnier im Allianz Stadion. Welche Erwartungen haben Sie an diesen Bewerb?

Matias Costa: Es ist ein wenig wie eine Pralinenschachtel. Man weiß ja nie, was da daherkommt. Welche Teams und Behinderungsklassen. Wir gehen als Rapid natürlich in das Turnier um zu gewinnen, aber wir dürfen auch verlieren. Wir haben keinen Druck. Das wichtigste ist, die Farben Rapids zu präsentieren und die Tugenden des Vereins hochzuhalten. Gemeinsam zu kämpfen und siegen. Das versuchen wir ihnen zu vermitteln und wollen wir auch auf dem Platz sehen. Worüber wir uns sehr freuen würden, wäre, wenn die Spiele möglichst auf Augenhöhe sind.

Ein Traum für Spieler und Trainer

Und dann trennen sich die Wege auch schon wieder. Die Spieler verabschieden sich herzlich. Wieder wird eingeklatscht, sich umarmt. Am kommenden Montag wird das Team erneut vor dem Ernst Happel Stadion stehen und auf seine Trainer warten. Genauso motiviert und begeistert wie jede Woche. Und nicht nur die Spieler freuen sich jedes Mal aufs Neue auf das gemeinsame Training. Auch die Betreuer stehen gerne und mit Leidenschaft auf dem Platz. Für Mario Rausch ist im letzten Jahr, als er ins Team geholt wurde, ein Traum in Erfüllung gegangen: „Es gibt für mich im Fußball nichts Anderes als Rapid. Es ist für mich also ein absoluter Traum, hier zu arbeiten. Ich genieße das sehr. Es gibt nichts Besseres.“

Das gilt für Rausch, das gilt auch für die Spieler des Special Needs Teams. Der Klub bietet ihnen eine Möglichkeit in einem professionellen Umfeld Fußball zu spielen. Was nicht selbstverständlich ist. Vor drei Jahren hatte man noch vergeblich nach nationaler Konkurrenz gesucht, musste ins Ausland reisen, um sich mit anderen Teams zu messen. Seitdem haben in Österreich zumindest einige Teams mitgezogen. Sei es die Wiener Austria, St. Pölten, oder Altach. Klar ist aber auch, dass das Projekt an sich trotz allem noch recht jung ist. Drei Jahre sind keine allzu lange Zeit. Und der Weg zur von Kerber erträumten Bundesliga für Special Needs Teams ist mit Sicherheit noch ein langer.

Die Stadtrivalen im Vergleich

Während Rapid vor drei Jahren den Anfang machte, zog der Stadtrivale aus Wien Favoriten im vergangenen Jahr nach. Die Special Violets wurden gegründet. Und prompt wurde – wie schon angesprochen – das erste Derby für sich entschieden. Doch wie steht man bei der Wiener Austria zum Thema Special Needs? Wie wird beim Team der Special Violets gearbeitet? Und welche Erwartungen und Pläne hat man für die Zukunft? All das gibt es kommende Woche auf 90minuten.at. zu lesen.

Eindrücke vom Training des Special Needs Team Rapid:

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