Foto: © Stefan Berndl

Das spezielle Team von Rapid Wien: Ein Miteinander mit Vorbildwirkung

Als das Special Needs Team Rapids 2014 gegründet wurde, war der Klub noch ein nationaler Vorreiter in diesem Bereich. Seitdem hat sich viel getan. Nun stehen die Spieler vor dem größten Highlight ihrer Karriere. Ein Lokalaugenschein von Stefan Berndl.

Reportage Special Needs Team Rapid Seite 1 - Seite 2 - Seite 3

 

Knapp drei Jahre ist es mittlerweile her, dass der damalige General Manager Rapids, Werner Kuhn, die Vision hatte, ein eigenes Behinderten-Team ins Leben zu rufen. Das SK Rapid Special Needs Team. Das erste Projekt dieser Art in Österreich und auch international gehörten die Wiener zu den Vorreitern. So waren die unterschiedlichen Behinderungsklassen meist unter sich. Hier bildeten sie nun ein gemeinsames Team. Seitdem ist viel passiert. Nicht nur beim Special Needs Team. Jürgen Kerber und Matias Costa sind bereits von Beginn an mit dabei, waren an der Entstehung und Planung maßgeblich beteiligt. Kerber ist der Cheftrainer des Special Needs Teams. Nebenbei betreut er die U14-Mannschaft der Hütteldorfer. Hauptberuflich arbeitet er als Leiter eines Kindergartens.

"Sie verkörpern sehr stark die Rapid-Werte: das Gemeinsame, das Kämpfen und unter dem Strich das Siegen." - Jürgen Kerber

Sein Kollege, Matias Costa, dockte vom Behindertensportverband bei den Rapidlern an. Ehe das Special Needs Team gegründet wurde, hatten die Behinderten zwar bereits die Möglichkeit Fußball zu spielen, jedoch lediglich in ihren Behinderungsklassen. So kam die Idee Kuhns gerade recht, um ein Team zu gründen, in dem Sportler aller Klassen gemeinsam Fußball spielen konnten. Noch günstiger traf sich, dass wenig später der erste „Mehralsfußball-Cup“ über die Bühne ging, bei dem die unterschiedlichen Teams des Verbands erstmals aufeinandertrafen. Kerber und Costa beobachteten das Turnier und rekrutierten 16 Spieler. „Zehn Tage später war das erste Training, zwei Monate später haben wir in der Schweiz unser erstes Turnier gewonnen. Es war gewissermaßen eine Cinderella-Story“, erzählt Costa.

Premiere gegen die Austria

Drei Jahre später besteht der Kader des Teams aus 24 Spielern. Trainiert wird einmal die Woche, jeden Dienstagabend. So auch diese Woche. Während im Ernst Happel Stadion das Finale des DSG-Cups ausgetragen wird und die Rufe der Fans und Mannschaften nach draußen dringen, trudeln vor dem Stadion nach der Reihe die Spieler des Special Needs Teams ein. Es wird mit den Neuankömmlingen eingeklatscht, sich umarmt. Man wartet geduldig auf die Trainer. Ab und an kommen Jugendspieler von den Trainingsplätzen vorbei, auch diese werden begrüßt. Was die Spieler noch nicht wissen: Das Training wird heute etwas anders ablaufen. Denn Kerber erscheint mit einer Gruppe Kindergartenpädagoginnen und Pädagogen. Sie werden an diesem Abend mittrainieren. Die Spieler scheint das sichtlich zu freuen.

Eindrücke vom Training des Special Needs Team Rapid Wiens

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Die einzelnen Charaktere unterscheiden sich nicht nur in ihrem Behinderungsgrad, sondern auch in ihrer Art auf Leute zuzugehen. Während manche eher ruhiger wirken, gehen andere bewusst auf einen zu, reden gerne und viel. Und sie haben einiges zu erzählen. Darauf angesprochen, dass der Autor dieser Zeilen kommende Woche beim Training der Special Violets vor Ort sein werde, geht ein Raunen durch die Gruppe. Erst vor kurzem fand das erste Wiener Derby der Special Needs Teams statt. Für die beiden Rapid-Mannschaften gab es eine 1:6-Niederlage und ein 4:4-Unentschieden. “Nächstes Mal gewinnen wir”, meint einer der Spieler, “Ganz sicher.” Die Rivalität zum Stadtrivalen ist auch beim Special Needs Team spürbar. Die Austria hat ihre Mannschaft erst im letzten Jahr gegründet. Für beide Teams war es gewissermaßen ein Gradmesser. „Für unsere Entwicklung ist es auch wichtig, dass es die Special Violets gibt, damit auch wir den nächsten Schritt machen können“, sagt Kerber.

 

Patrick Sautner ist "seit Geburt Rapid-Fan."

Kerber: „Voraussetzung ist Rapidler zu sein.“

Kerber, 31 Jahre alt, kommt ursprünglich aus Vorarlberg. Seit 2007 ist er in der Bundeshauptstadt. Beim Special Needs Team ist er für die sportliche Ausrichtung verantwortlich: „Meine Aufgabe ist sicher, die sportliche Richtung dorthin zu entwickeln wo wir aktuell stehen und auch hinwollen.“ Einmal jährlich machen sich die Verantwortlichen auch auf die Suche nach neuen Spielern. Ein Sichtungslehrgang bietet neuen Gesichtern die Möglichkeit sich zu präsentieren. Patrick Sautner war vor knapp zwei Jahren einer davon. Nach mehreren Anläufen und einem Probemonat bekam der 30-Jährige die Zusage. „Wer den Rapid-Geist hat und verlässlich ist, der hat auf jeden Fall Chancen“, meint er. Sautner gehört zur Gruppe der mental Behinderten im Team. Und er lebt, wie seine Kollegen, für den Verein. „Ich bin seit Geburt Rapid-Fan“, sagt er.

Für die Trainer ist es auch wichtig, eine gewisse Ausgeglichenheit zu schaffen. „Ich hätte gerne, dass wir ein gutes Gleichgewicht halten und keinen Überschuss einer speziellen Behinderungsklasse haben“, macht Kerber klar. Das Team ist bestückt mit Sehbehinderten, Gehörlosen, mental Behinderten, körperlich Beeinträchtigten sowie CPlern (Menschen, die an einer cerebralen Bewegungsstörung leiden).  Sie alle gemeinsam bilden das Special Needs Team Rapids. Dieses mannschaftliche Gefüge ist den Trainern ein großes Anliegen. Dabei gilt es für Kerber und seine Kollegen die richtige Mischung zu finden. Zwischen dem Spaß am Fußball, aber auch einem gewissen Ernst, wenn es in ein Spiel oder Turnier geht.

Jürgen Kerber: Cheftrainer des Special Needs Teams Rapids.

90minuten.at: Wie sehr ist der Wettkampfgedanke im Team tatsächlich ausgeprägt? Wie ernst wird das auch von den Spielern angegangen?

Jürgen Kerber: Sehr ernst sogar. Sie sind mit großem Engagement dabei. Wenn man den Fußballplatz betritt und zwei Teams aufeinander treffen geht es immer darum zu gewinnen. Das ist schon etwas, nach dem jeder Spieler strebt. Und uns ist wichtig, dass wir das auch ermöglichen. Daher ist es auch schön, dass es jetzt Mannschaften gibt, mit denen man sich messen kann. Damit sich das in Zukunft weiterhin in eine positive Richtung entwickelt. Und wie gesagt: Jeder der auf den Platz geht, will gewinnen, ob Behinderung oder nicht.

 

90minuten.at: Was macht die Arbeit mit dem Special Needs Team für Sie so besonders?

Jürgen Kerber: Natürlich einmal das Engagement und die Freude ein Teil dieses Vereins zu sein. Das ist zu spüren und klar ersichtlich. Auch die Einstellung zu den Trainings, zu den Spielen ist top. Sie verkörpern sehr stark die Rapid-Werte: das Gemeinsame, das Kämpfen und unter dem Strich das Siegen. Egal wer da dabei ist, unter dem Strich ist jeder der Sieger. Was für mich als Trainer auch sehr erfreulich ist, ist die Kontinuität und die Entwicklung. Nicht nur fußballerisch, sondern auch was die Persönlichkeit der Spieler betrifft.

 

90minuten.at: Von 2. bis 4. Juni findet nun das erste Special-Needs-Team-Turnier Rapids statt, bei dem Teams aus ganz Europa mit dabei sein werden. Wie bereitet man die Spieler darauf vor? Mit welchen Erwartungen geht ihr in das Turnier?

Jürgen Kerber: Es ist ganz schwer zu definieren. Grundsätzlich freuen wir uns, dass es auch im Ausland Mannschaften gibt, die Behinderten-Teams haben. In erster Linie ist spannend, wie stehen sie da? Welches Niveau haben sie? Um dann auch einen Vergleich zu ziehen und zu schauen, was dabei herauskommt. Es ist eine spannende Geschichte, wie auch schon gegen die Austria. Da haben wir auch nicht gewusst, wo wir stehen. Auch, weil wir die ersten waren, worauf wir auch ganz stolz sind. Aber es gibt immer Möglichkeiten sich weiterzuentwickeln. 

 

90minuten.at: Wie soll sich das Ganze in den nächsten Jahren noch entwickeln?

Jürgen Kerber: Wir haben von Beginn an immer gesagt, dass es schön wäre, wenn andere Vereine auch mitziehen und wir irgendwann eine Art Bundesliga machen können. Mit wenig Reiseaufwand. Das wäre schön, wenn sich so etwas entwickeln würde. Der Schritt jetzt, nach drei Jahren, ist schon sehr positiv. Da kann man auch stolz sein. Und das wird sich auch sicher so weiterentwickeln.

 

>>> Seite 2: Special Needs Team Rapid: Wenn der Fußball im Mittelpunkt steht

Eindrücke vom Training des Special Needs Team Rapid:

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