Foto: © GAK Interviews

Der Plan für ein neues GAK-Stadion im Grazer Norden [Exklusiv-Interview] (2)

Die Rückkehr in den Profifußball ist beim GAK vier Jahre her. Wie sieht es sportlich und wirtschaftlich aus, wie hält man es mit Investoren und wie könnte ein eigenes Stadion für die Roten Realität werden?

90minuten.at: Unabhängig davon, ob Bundesliga oder zweite Liga. Im Profibereich kann der GAK aktuell in Graz nur in Liebenau spielen. Dort teilt man sich derzeit das Stadion mit Sturm. Es ist allgemein bekannt, dass Sturm dieses Stadion gerne alleine pachten und bespielen würde. Vor Kurzem hat der GAK erstmals den Wunsch geäußert, ein eigenes Stadion haben zu wollen. Wie ist dazu der offizielle Standpunkt des Klubs hier und jetzt?

"Der große Wunsch von uns und den Fans ist es natürlich, hier im Norden ein Stadion zu haben, aber ich kann der Standortsuche nicht vorgreifen. " - Dielacher

Dielacher: Wir haben nach all den Jahren gesehen, dass es mittelfristig eine Lösung geben muss. Glücklich waren wir in Liebenau nie, das ist bekannt. Wir waren aber in den letzten Jahren nicht in der Position, Forderungen nach einem Stadion zu stellen. Wir mussten mit dem zufrieden sein, was uns angeboten wurde. Und das war Liebenau. Das ist für beiden Seiten nicht lustig, alleine wenn ich nur an den Aufwand denke, das Stadion vor jedem Spieltag wieder umzudrehen. Von Dingen wie einer Identität rede ich gar nicht. Das ganze Thema muss man größer sehen. Bei der Sportinfrastruktur allgemein steht die Steiermark sehr weit hinten. Nicht nur in Wien oder Oberösterreich passiert viel mehr. Auch in Lustenau wird ein modernes Stadion gebaut.

 

Matthias Dielacher erzählt dazu noch, dass er sich einer Sturm-Forderung nach einem VIP-Klub-Ausbau zu einem Zeitpunkt angeschlossen hätte, wo es für den GAK überhaupt keine Rolle gespielt habe. Bei 300 VIP-Abos aktuell sei die Größe noch immer ideal. Es sei denn, es ist heiß und die kaputte Klimaanlage komme zum Tragen. Beim Derby hat Dielacher aber dann festgestellt, wo die Probleme beginnen. Der VIP-Klub sei für so eine Größenordnung selbst mit den besten Gastronomen nicht zu bespielen. Dielacher nennt es Substandard und fügt hinzu, er sage es nicht gern, aber er würde Sturm voll und ganz verstehen, dass sie damit Probleme hätten. Das sei nicht mehr tragbar. Die Fankurven würde dieses Thema zwar nicht interessieren, aber in seiner Funktion müsse er eben auch an die Wirtschaftlichkeit denken und mit der aktuellen Situation könne man nicht mehr arbeiten. Liebenau wäre vor einem Vierteljahrhundert top gewesen, seitdem hätte sich aber nichts mehr getan. Von den Möglichkeiten bei Rapid oder der Austria wolle er gar nicht anfangen zu reden.

 

90minuten.at: Ist die Politik in der Steiermark also seit Jahren säumig in Sachen Sportinfrastruktur?

Dielacher: Soweit würde ich nicht gehen. Es war eine schwierige Situation. Die Politik in Graz und der Steiermark ist bei diesem Thema vorsichtig. Einerseits hat das budgetäre Gründe, aber vielleicht sind die Fußballvereine auch ein bisschen selbst schuld. Das ausgeprägte Konkurrenzdenken war kontraproduktiv und die Politik hat sich davor gescheut Projekte anzugehen, weil sie immer den jeweils anderen Klub und die Opposition im Genick hatte. Ein Klima zu etablieren, wo sich die Vereine gegenseitig weniger neidig sind, wäre ein erster Schritt. Gleichzeit muss klargemacht werden, dass Infrastruktur eine öffentliche und gesellschaftlichen Angelegenheit ist. Die Veranstaltungen dort haben einen Wert. In Zeiten des immer stärker werdenden Individualismus fände ich es gut, gesellschaftliche Gemeinschaftsorte zu hegen und zu pflegen.

 

90minuten.at: Sturm-Präsident Christian Jauk hat vor Kurzem im Interview mit 90minuten.at festgehalten, die Zwei-Stadien-Debatte ginge nicht mehr weg. Es sei nur mehr eine Frage des Zeitpunkts. Wo könnte ein GAK-Stadion überhaupt stehen? Wir sitzen hier im Trainingszentrum Weinzödl im äußersten Grazer Norden. Wäre das nicht der logische Platz für eine Heimstätte?

Dielacher: Das größte Problem ist die Infrastruktur, nicht das Stadion selbst. Es braucht eine adäquate öffentliche Verkehrsanbindung und ausreichend Parkplätze. Die beim angrenzenden Shoppingcenter sind nur nutzbar, wenn wir ausschließlich am Sonntag spielen. Ein weiteres Thema ist: Wir können nur bis zu einer gewissen Höhe bauen, weil wir in einer Frischluftschneise sind. Aber prinzipiell ist ein Stadion hier möglich, ja. Mir fällt auch sonst wenig ein. Die Option mit dem ESK-Platz in Eggenberg wurde geprüft und gilt als politisch nicht machbar. Der große Wunsch von uns und den Fans ist es natürlich, hier im Norden ein Stadion zu haben, aber ich kann der Standortsuche nicht vorgreifen.

"Ich will nie wieder die Ausrede liefern, dass Dinge nicht gehen, weil der eine Klub etwas will und der andere Klub sich darüber aufregt. Es braucht für gemeinsame Auftritte eine Vertrauensbasis, da sind wir noch nicht ganz soweit, ich denke aber, das ist im Entstehen. " - Matthias Dielacher zu gemeinsamen Auftritten mit Sturm in der Stadionfrage

90minuten.at: Das Nadelöhr bei der ganzen Sache ist die Stadt Graz und ihre finanziellen Probleme. Die Mittel für ein Stadion kämen zwar von mehreren Seiten, aber ohne Beitrag der Stadt wird es nicht gehen.

Dielacher: Der Beitrag der Stadt könnte auch die Basis des Ganzen sein, sprich das Grundstück und keine Geldmittel. Und der Grund hier in Weinzödl gehört zu 100 Prozent der Graz Holding. Das wäre ein Ansatz, den ich mir vorstellen kann, um das Projekt weiterzudenken. Die öffentliche Anbindung müsste außerdem von der Stadt kommen. In einem ersten Schritt meint das eine Verdichtung des Bustaktes. Mittelfristig gibt es Pläne, dass eine Straßenbahn bis zum Shopping Center Nord geführt wird. Uns ist bewusst, dass auch der GAK seinen Beitrag leisten wird müssen. Aktuell in der zweiten Liga ist das allerdings sehr schwer vorstellbar, aber es gibt noch andere Möglichkeiten: Eine Form von Public-private-Partnership könnte so einem Projekt zugrunde liegen. Letztendlich wird dieser Bau mehr leisten müssen als alle 14 Tage dem GAK als Heimstätte zu dienen. In Linz hat man bei Blau-Weiß zum Beispiel ein Möbelhaus und ein Stadion kombiniert.

 

90minuten.at: Von welcher Kapazität reden wir, wenn wir an ein Stadion hier im Norden denken?

Dielacher: Es gibt die Vorgaben der Liga, das heißt kleiner als 5.000 Plätze geht ohnehin nicht für die oberste Spielklasse. Wir glauben aber, um es wirtschaftlich in der Bundesliga abbilden zu können, dass eine Kapazität von 8.000 Plätzen sinnvoll wäre. Wir stellen uns in der Planung ein Modulsystem vor, wo in der Baugenehmigung schon vorgesehen ist, auf 10.000 Plätze erweitern zu können. Das würde bis zu einer gewissen Kategorie auch Europacupspiele ermöglichen.

 

90minuten.at: Es geht bei einem Stadion in erster Linie ums Geld, es geht aber auch um die öffentliche Darstellung. Der GAK und Sturm haben eine Arbeitsgruppe gegründet, wo man gemeinsam mit der Politik spricht. Wäre es nicht sinnvoll, gemeinsam öffentlich aufzutreten, um das Thema positiv darzustellen?

Dielacher: Wir tun uns nach außen nicht immer leicht miteinander, wie man erst wieder rund um das Grazer Derby gesehen hat. Unter vier Augen geht es meistens besser, als man glauben könnte. Ich denke aber schon, dass gemeinsame Auftritte möglich und sinnvoll sind. Anders wird es nicht funktionieren, zu solchen Themen muss man gemeinsam auftreten. Die Rivalität hat man am Platz und es gibt Konkurrenz bei Sponsoren. Bei übertriebener Rivalität kann aber sogar passieren, dass sich Geldgeber abgestoßen fühlen und sagen, es bekommt keiner etwas. Ich will nie wieder die Ausrede liefern, dass Dinge nicht gehen, weil der eine Klub etwas will und der andere Klub sich darüber aufregt. Es braucht für gemeinsame Auftritte eine Vertrauensbasis, da sind wir noch nicht ganz soweit, ich denke aber, das ist im Entstehen.

"Man kommt dabei immer wieder zum Punkt, wo man merkt, man belügt sich selbst. Wenn man auf unangenehme Wahrheiten stößt, ist man geneigt die zu relativieren und sie sich zurechtzubiegen. Eine ernsthafte Aufarbeitung muss also von außen kommen und wir wollen uns dabei wissenschaftlich begleiten lassen." - Matthias Dielacher zur GAK-Vergangenheit

90minuten.at: Noch zu einem anderen Thema. Der GAK arbeitet aktuell mit dem jüdischen Centrum der Uni Graz zusammen. Es geht dabei um die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Was ist dazu genau geplant?

Dielacher: Wir sind zunächst von einer Publikation ausgegangen, haben aber in letzter Zeit weitergedacht und wollen auch Aktionen setzen. Aktuell sind wir im Klub in einer Brainstorming-Phase, was das alles sein könnte. Demnächst ist geplant, damit auf die Fangruppen zuzugehen. Als ich noch Hobbyfunktionär war, habe ich mich sehr mit der Vereinshistorie befasst. Mittlerweile fehlt mir die Zeit dazu, es liegt mir aber immer noch sehr am Herzen. Man kommt dabei immer wieder zum Punkt, wo man merkt, man belügt sich selbst. Wenn man auf unangenehme Wahrheiten stößt, ist man geneigt die zu relativieren und sie sich zurechtzubiegen. Eine ernsthafte Aufarbeitung muss also von außen kommen und wir wollen uns dabei wissenschaftlich begleiten lassen. Es geht dabei nicht nur um das, was war. Man muss die Thematik ständig mitnehmen und wir haben den Anspruch in dieser Hinsicht mehr zu tun.

 

90minuten.at: Wie sieht es bei den Fangruppen mit der Bereitschaft aus, da mitzugehen?

Dielacher: Es wird bei manchen sehr viel Überzeugungsarbeit nötig sein. Ich glaube aber, wenn es nicht frontal verordnet wird und die Leute eingebunden werden, kann da viel Cooles entstehen.

 

90minuten.at: Wäre es in weiterer Folge nicht wünschenswert, den gesamten Grazer Fußball in solche Aktionen einzubinden?

Dielacher: Auf alle Fälle. Gerade in Bezug auf den Hakoah-Platz habe ich Ideen, wie man alle dazu holen kann. Als ich begonnen habe, mich mit der Geschichte dieses Platzes auseinanderzusetzen, habe ich das nicht als GAK-Funktionär getan. Ich will auf gar keinen Fall, dass das irgendwie den Anschein eines PR-Gags für meinen Klub erweckt. Die Aufarbeitung unserer Geschichte ist die eine Sache, darüber hinaus wird das sicher kein GAK-Event sein, wo wir Einladungen an die anderen Klubs verschicken. Wir haben schon mit der Sportunion gesprochen, auf deren Grundstück sich der Platz befunden hat. Auch mit der IKG Graz habe ich ein Erstgespräch geführt. Da gibt es überall Bereitschaft mitzumachen. Zusätzlich müssen bei einem Andenken an diese Spielstätte alle Grazer Klubs eingebunden werden, neben dem GAK und Sturm auch Austria Graz und der GSC. Hinter den Kulissen passiert mehr gemeinsam, als es mancher wahrhaben will. Das soll bei solchen Themen auch so sein.

 

90minuten.at: Zum Ausklang: Nach einer sehr langen Winterpause kommt irgendwann der Frühling 2023. Was wünscht sich Mathias Dielacher in diesem für den GAK?

Dielacher: Seit dem Cup-Derby im Oktober merkt man, es ist im Verein etwas passiert. Eine Art Aufbruchsstimmung, es wurden ein paar Leute geweckt, die schon weit entfernt waren. Das Selbstbewusstsein der Spieler ist außerdem gestiegen. Für den Verein wäre es schön, wenn man diesen Spirit weiterführen könnte.

90minuten.at-TV powered by OneFootball

90minuten.at-exklusiv

2. Liga TV

Schon gelesen?