Interviews / 2018 / Jänner

Karabakh-Trainer Volkan Kahraman: "Eine Niederlage und ein 70-jähriger Sektionsleiter redet mit dir über Fußball" (3)

In der neuen zweiten Liga könnte mit dem FC Karabakh Wien ein neuer Player an die Türen des professionellen Fußballs klopfen. Mit Kickern wie Ümit Korkmaz oder Christian Thonhofer will der von aserbaidschanischen Geschäftsleuten unterstützte Verein hoch hinaus. Aber wie nachhaltig ist das?

Interview Volkan Kahraman Seite 1 - Seite 2 - Seite 3

 

90minuten.at: Karabakh wird von österreichisch-aserbaidschanischen Geldgebern gesponsort. Sie haben selber mit der Vienna oder dem FavAC Ex-Klubs, die Traditionsklubs sind, sogenannte Traditionsvereine im Kicker-Lebenslauf. Jetzt tun diese sich schwer. Warum investieren Geldgeber nicht in bestehende Marken, sondern schaffen eine neue?

Kahraman: Weil die bestehenden Marken alteingesessene Vorstände haben, die glauben, sie wissen alles über Fußball. Ich denke, es müsste jetzt eine Revolution passieren. Die Jungen müssen ran. Auch in den Vorständen der Vereine. Ich weiß nicht, wie andere Vereine arbeiten, aber wir haben einen jungen Vorstand und einen jungen Präsidenten. Keiner mischt sich in den Job des anderen ein. Bei vielen anderen lässt man sich nicht gegenseitig so arbeiten. Dann kommt eine Niederlage und irgendein Sektionsleiter mit 70, 75 Jahren redet mit dir als Trainer über Fußball. Mit allem Respekt, aber anstatt dass man zusammen arbeitet, habe ich schon öfters erlebt, dass innerhalb des Vereins gegeneinander gearbeitet wird. Darum sind solche Mannschaften nicht stark genug. Beim FavAC hat das Sportliche nun der Trainer und es läuft bei ihnen. Das war jahrelang anders. Die Vereinsführung ist dafür da, dass der Verein finanziell optimal geführt wird, aber das Sportliche lässt man die Kollegen arbeiten. Leider Gottes will aber jeder über Fußball mitreden. Da gibt es in Österreich sehr viel Nachholbedarf, in Wien vor allem. In welche Marke soll man überhaupt investieren. Wenn wir über Marken wie den Sportclub oder die Vienna reden, glaube ich schon, dass es da Angebote gab. Der Geldgeber sagt dann, dass es nach seiner Pfeife geht. Aber der muss wissen, dass es sportlich ein Konzept gibt, das der Vorstand akzeptiert. Danach muss man arbeiten. Lieber vorher alles besprechen, als nachher kritisieren.

 

90minuten.at: Sie waren der erste „Austro-Türke“ im Nationalteam. Wendet sich der Verein, der von Migranten gesponsort wird, auch dezidiert an diese Community?

Kahraman: Ich denke, der Name Karabakh Wien ist entstanden, weil der Vorstand aus Aserbaidschan kommt. Wir können uns nicht mit Austria, Rapid, Vienna oder WSC vergleichen. Das sind Vereine, die hundert Jahre alt sind. Das ist klar. Wir haben uns eigentlich nicht das Ziel gesetzt, migrantische Zuschauer anzusprechen. Es gibt schon eine Fanarbeit, wir holen Fans zu uns, die uns wegen unseres Fußballs anschauen. In der Wiener Liga waren wir Meister mit gutem Fußball. Am Anfang gab es oft Neid und man hat klassisch wienerisch gesagt, dass die jetzt da sind und nächstes Jahr wieder weg sind. Man hat nicht an uns geglaubt. Durch kontinuierliche Arbeit gibt es jetzt schon auch Sympathien gegenüber uns. Für gute Fans muss man aber auch dementsprechend eine gute Atmosphäre bieten. Ein Spiel ist ein Event. Das ist bei uns noch nicht so optimal. Unser Ziel ist es aber nicht, irgendwann 50.000 Zuschauer zu haben. Ich habe auch bei Pasching gespielt, das war ein Stadion für 8.000 Zuschauer. Oder Ried und St. Pölten. Die haben tolle Stadien für österreichische Verhältnisse. Wenn da 3.000 oder 4.000 Zuschauer kommen, wäre das für uns schon ok und es schaut kompakt und frisch aus. Wenn das klappt, sind wir überglücklich.

 

90minuten.at: Zum Abschluss: Halten Sie es, auch wenn man sich nicht dezitiert an Migrantinnen und Migranten wendet, gerade in der heutigen Zeit für ein tolles Zeichen, dass Zugewanderte hier etwas aufbauen?

Kahraman: Hundertprozentig. Aber ich persönlich halte nicht viel von Migranten, Einheimischen, Ausländern und so weiter. Im Fußball ist egal, wo man herkommt, es gibt nur ein Ziel und das ist das Gewinnen. Ob man ein lieber Bub oder ein Arschloch ist. Mein Umgang mit Menschen ist der, dass ich nicht sortiere. Vielleicht geht es mir im Moment deshalb gut. Ich schaue auf den Charakter, nicht von wo ein Spieler herkommt. Man braucht Anstand, Respekt und Akzeptanz. So bilden wir die Mannschaften. Andererseits gibt es Regelungen für Österreicher und junge Spieler. Das muss man aus finanzieller Sicht auch beachten.

 

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