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Viktoria Schnaderbeck: „Es muss egal sein, ob ein Mädchen oder Junge Fußball spielt“

Viktoria Schnaderbeck, Legionärin beim FC Bayern München, wird das österreichische Frauenteam als Kapitänin in die anstehende EM führen. Im Interview mit 90minuten.at. spricht die 26-jährige Grazerin über die Erwartungen für das Turnier aber auch die Unterschiede zwischen dem deutschen und österreichischen Frauenfußball. Das Gespräch führte Stefan Berndl.

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90minuten.at: Wo sehen Sie selbst die größten Stärken des Teams?

Schnaderbeck: Unser Stärke ist über all die Jahre hinweg gesehen sicher der Teamspirit. Und der Charakter jeder einzelnen Spielerin und des Teams selbst. Jede Spielerin ist bereit für das Team alles zu geben und die Marschroute, die der Trainer vorgibt, zu hundert Prozent durchzuziehen. Da ziehen alle an einem Strang. Und das ist auch sehr wichtig und sicher unsere größte Stärke. Wir hoffen auch, dass wir mittlerweile um ein paar Jahre und Erfahrungen reifer sind. Obwohl wir noch relativ jung sind.

 

90minuten.at: Wie oft kommt das Team dann wirklich zusammen? Ihr seid ja doch auf mehrere Vereine aufgeteilt. Inwiefern gibt es auch abseits des Platzes gemeinsame Unternehmungen, um den Teamgeist zu stärken?

Schnaderbeck: Wir haben einerseits unsere Lehrgänge, da sehen wir uns immer. In der deutschen Bundesliga sieht man auch einige Spielerinnen. Und es ist schon auch so, dass wir mit der Mannschaft ab und an etwas unternehmen. Das ist sehr oft eine Zeitfrage. Aber wir hatten uns etwa im letzten Jahr, nach dem Spiel gegen Israel, etwas gemietet und gemeinsam gefeiert. Da war die EM-Qualifikation schon so gut wie fix. Das sind schon auch besondere Momente und machen die Mannschaft aus.

Dominik Thalhammer ist seit 2011 Teamchef des Frauen-Nationalteams.

90minuten.at: Welche Rolle spielt Teamchef Dominik Thalhammer? Wie würden Sie ihn als Trainer beschreiben?

Schnaderbeck: Er spielt meiner Meinung nach die zentrale Rolle. Letztendlich ist er derjenige, der hinter der Spielphilosophie steht und aus der Mannschaft so viel herausgeholt hat. Er hat uns einzeln und als Mannschaft extrem weitergebracht. Und er steht auch für diesen Teamspirit und gibt uns die Möglichkeit, uns als Team zu entfalten. Das ist meiner Ansicht nach extrem wichtig. Sowohl das sportliche als auch das zwischenmenschliche beherrscht er sehr gut. Seitdem er da ist, hat man auch gesehen, dass sich einiges getan hat. Und das spricht auch für einen Trainer.

 

90minuten.at: Im Team sind sehr viele Legionärinnen aus Deutschland mit dabei. Gegen England starteten zehn Legionärinnen. Bloß Nadine Prohaska, die bei St. Pölten in der heimischen Liga spielt, agierte von Beginn an. Inwiefern spricht das Ihrer Ansicht nach zwar für das Nationalteam und dessen Qualität, aber auch gegen die heimische Liga?

Schnaderbeck: Die österreichische Liga ist sehr unausgeglichen und es gibt wenig Konkurrenz und kaum professionelle Bedingungen. Deshalb machen viele dann auch den Schritt ins Ausland. Weil man da in allen Belangen mehr gefordert ist und auch professioneller arbeiten kann. Mit Ausnahme vielleicht von Spratzern, die bereits relativ gute Bedingungen haben. Aber davon gibt es einfach zu wenig.

 

90minuten.at: Da hat also die österreichische Liga noch sehr viel Aufholbedarf?

Schnaderbeck: Ja, das muss man sich wohl ehrlicherweise eingestehen.

"Du gibst dein komplettes Leben auf, bist weg von der Familie, den Freunden, deinem gewohnten Umfeld." - Viktoria Schnaderbeck über den Schritt nach Deutschland

90minuten.at: Sie sind nun bald knapp zehn Jahre in Deutschland aktiv. Wo sehen Sie die größten Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten zwischen dem österreichischen und deutschen Frauenfußball?

Schnaderbeck: Es gibt verschiedene Bereiche. Einerseits sind es sicher die finanziellen Möglichkeiten. Das andere ist die Infrastruktur. Das heißt die kompletten Trainingsmöglichkeiten, und -Häufigkeiten. Und dann teilweise auch die Struktur. Insofern, dass man an Männervereine gebunden ist. Das ist in Deutschland mittlerweile schon gang und gäbe. In Österreich hat man das noch nicht wirklich. Das sind die drei Punkte, die zwar wenig klingen, aber im Prinzip einfach den großen Unterschied ausmachen.

 

90minuten.at: Wie schwer ist Ihnen dann damals der Schritt gefallen, nach Deutschland zu gehen? Und inwiefern waren auch Hürden - etwa finanzieller Natur - vorhanden, die dies erschwert haben?

Schnaderbeck: Mir ist es damals schon sehr schwer gefallen, einfach von Zuhause weg zu gehen. Du gibst dein komplettes Leben auf, bist weg von der Familie, den Freunden, deinem gewohnten Umfeld und baust dir mit 16 Jahren in einem neuen Land, einer neuen Stadt ein neues Leben auf. Das war schon schwierig. Mich hat aber der sportliche Ehrgeiz und die Motivation angetrieben und dazu veranlasst, diesen Schritt zu machen.

90minuten.at: Sie sind nun auch im Nationalteam - obwohl noch recht jung - eine der routiniertesten Spielerinnen im Team und auch Kapitänin. Inwieweit sind Sie in diese Rolle schon hineingewachsen?

Schnaderbeck: Mittlerweile übe ich das Kapitänsamt seit vier Jahren aus. Das war damals für mich eine große Ehre, das Amt anzunehmen. Und es hat mich auch persönlich reifen lassen. Ich versuche verantwortungsvoll mit dieser Rolle umzugehen. Auf und abseits des Platzes. Deswegen war und ist es für mich eine große Ehre, das Team anzuführen und Österreich als Kapitänin zu vertreten.

 

90minuten.at: Wie sind Sie dann damit umgegangen, dem Team ein halbes Jahr nicht auf dem Platz helfen zu können? Inwieweit haben Sie versucht da das Team auch abseits des Platzes zu unterstützen?

Schnaderbeck: Ich habe versucht den Kontakt zum Team sehr eng zu halten. Natürlich auch zu einzelnen Spielerinnen. Insofern hat sich gar nicht so viel geändert. Ich war etwa auch beim Länderspiel gegen Deutschland vor Ort. Ich habe zumindest versucht, nah dran zu sein. Wie ist es im Team? Wie ist die Stimmung? Wie waren gewisse Leistungen? Ich war eigentlich schon nah dran.

 

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