Huub Stevens' etwas eigenwillige Biographie

In seiner Biografie lässt Huub Stevens Kapitel für Kapitel alle seine Spieler- und Trainerstationen Revue passieren – der Titel des Buches erschließt sich aber bis zum Ende nicht. Von Jürgen Zachariass

Eines steht fest: Huub Stevens ist definitiv einer der besseren Vertreter seiner Zunft. Der Niederländer gewann mit Schalke 04 den UEFA-Cup und wurde dort zum Trainer des Jahrhunderts gewählt. Er holte mit den Gelsenkirchnern zudem zweimal den deutschen Cup und mit Red Bull Salzburg 2010 den österreichischen Titel. Er durfte außerdem Hertha BSC und den Hamburger SV trainieren, PAOK Saloniki, Roda Kerkrade, den 1. FC Köln, den VfB Stuttgart und PSV Eindhoven und von Ende Oktober 2015 bis Anfang Februar kurzzeitig auch noch die TSG Hoffenheim. Lücken zwischen den Engagements sind in seiner Vita kaum auszumachen, wenn es bei einer Station zu Ende ging, taten sich für Stevens stets im Handumdrehen neue Möglichkeiten auf.

"Erfolge rechnet Stevens seinem Talent zu Spieler und Mannschaften zu entwickeln, Misserfolge sind aus seiner Sicht oftmals auf Kicker zurückzuführen"

Der Feuerwehrmann

Vielleicht liegt auch in dieser hohen Job-Fluktuation und in der Tatsache, dass er bei der Hälfte seiner Engagements das Ruder während der Saison übernehmen musste, die zweite Erkenntnis seiner Karriere begründet: Der ganz große Überflieger und Wunderwuzzi war Stevens nicht. Er wurde von den Vereinen meist nicht geholt, um Titel zu gewinnen. Sondern vielmehr, um nach einem schlechten Saisonstart den Abstieg zu verhindern oder einen Mittelständler zu stabilisieren. In seiner nun erschienenen – gemeinsam mit Co-Autor Bert Nederlof verfassten – Biografie „Niemals aufgeben“ (Verlag Die Werkstatt) präsentiert sich der Niederländer aber trotzdem mit allen Wassern gewaschen und durchaus von sich eingenommen.

 

Interessant, aber einseitig

Erfolge rechnet Stevens seinem Talent zu Spieler und Mannschaften zu entwickeln, Misserfolge sind aus seiner Sicht oftmals auf Kicker zurückzuführen, die „nicht voll mitzogen“ und „ihr Ego über das Team stellten“. Auch Geschäftsführer und Manager, die „nicht erreichbar“, „an keinem konstruktiven Austausch interessiert“ oder „mit anderen Vorstellungen“ an die Arbeit herangingen bekommen in der Biografie ihr Fett weg. Probleme scheint Stevens in seiner zweiten Schalker Amtszeit vor allem mit Sportdirektor Horst Heldt gehabt zu haben, auch auf Co-Trainer Markus Gisdol und so manchen Spielerberater ist er nicht gut zu sprechen, viel Kurioses weiß er von seiner Zeit bei PAOK Saloniki zu berichten. Ob all diese Ansichten einer objektiven Begutachtung standhalten sei dahingestellt. Interessant sind sie dennoch, untermauern sie doch ganz gut das Bild eines Trainers, der in der Öffentlichkeit oft als knorrig, dickköpfig und stur wahrgenommen wurde.

 

Der Mensch hinter der öffentlichen Person

In manchen Passagen wird aber auch der Mann hinter dieser Fassade und der Familienmensch erkennbar, wenn Huub Stevens etwa von den Erkrankungen seiner Frau und seiner Tochter erzählt oder über seine Markensammlung berichtet, deren Fortführung er gerne seinem Schwiegersohn überantworten würde. Leider sind diese Ausflüge selten und ist all das recht unspektakulär erzählt. Zudem wiederholen sich manche Passagen und Anekdoten und so ist „Niemals aufgeben“ unter dem Strich nicht mehr als ein Protokoll der Karriere eines guten Fußballtrainers, der viele Konflikte – auch mit dem Abstand mehrerer Jahre – recht lapidar erklärt: So bin ich eben. Was soll ich machen? Niemals aufgeben!