Der Schlussakt einer denkwürdigen Saison
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Der Schlussakt einer denkwürdigen Saison

An diese Spielzeit werden wir uns lange erinnern. Unerwartete Titelkandidaten, der Sieg der Resilienz und der Hang zum schnellen Trainerwechsel. Ein Kommentar:

Gespannt blickt Fußball-Österreich auf den Schlussakt einer wahrlich außergewöhnlichen Saison.

Es ist nicht lange her, als Red Bull Salzburg in Meisterschaft und Cup Titel-Abos hatte.

Und doch verschwimmen die Erinnerungen irgendwie – war das eine Rose-Saison oder doch eine unter Marsch, eventuell gar Jaissle? Fader Einheitsbrei, freilich nicht zuletzt der großen Qualität der damaligen Bullen geschuldet.

Das vergessen wir nicht so schnell

Dass es auch anders geht, hat das Doublejahr 2024 des SK Sturm bewiesen. Dass das aber eigentlich nur das Vorspiel für eine der spektakulärsten Spielzeiten der Bundesliga-Geschichte sein würde, hat im vergangenen Sommer niemand geahnt.

Was auch immer am letzten Spieltag – und bei den Zugaben Europacup-Playoff – passiert, an die Saison 2024/25 werden wir uns noch lange erinnern.

Weil es in der 30. Runde in sechs von sechs Spielen noch um etwas geht.

Auch in der siebenten Saison der Tabellen- und Punkteteilung ist die Ligareform nicht unumstritten. Dass sie für Spannung sorgt, ist allemal belegt. Dass die Punkteteilung die Abschlusstabelle aber massiv verfälscht, ist durch folgendes Beispiel zu veranschaulichen:

Der WAC gewinnt in Graz und wird dadurch Meister, weil die Austria gegen BW Linz nur Unentschieden spielt, dadurch sogar von Salzburg überholt wird, das Rapid besiegt.

Die Tabelle nach aktuellem Reglement:

Rang

Verein

Punkte

1.

WAC

39

2.

Sturm

39

3.

Salzburg

38

4.

Austria

37

Die Tabelle ohne Punkteteilung:

Rang

Verein

Punkte

1.

Sturm

62

2.

Austria

60

3.

WAC

57

4.

Salzburg

57

Weil am letzten Spieltag noch drei Teams Meister werden können.

Nach 2010 und 2011 ist das seit Gründung der Bundesliga erst zum dritten Mal der Fall. Und es sind mit der Austria und dem WAC zwei Meister möglich, auf die vor der Saison niemand einen Cent gesetzt hätte.

Die Austria kämpfte sich in der Vorsaison als Achter noch über das Playoff in den Europacup, um mit dem Aus gegen Ilves Tampere dann einen Fehlstart in die Saison hinzulegen.

Der WAC hat das völlig unerwartete Cup-Finale gegen Hartberg gewonnen, erstmals in seiner Geschichte einen Titel eingefahren und beweist, dass auch vermeintliche "Dorfklubs" durch ruhige und gewissenhafte Arbeit sowie eine gute Strategie zu ganz großen Coups fähig sind.

Doch auch der SK Sturm hat eine außergewöhnliche Saison hinter sich, musste er doch im Herbst fast sein gesamtes sportliches Know-How nach Hoffenheim ziehen lassen und sich mitten in der Saison komplett neu aufstellen.

Resiliente Teams und Teams, die lange keine waren

Resiliente Teams sind zu schnellen Adaptionen fähig, das gilt auch für die Austria und den WAC, die beide mit neuen Trainerteams in die Saison gestartet sind.

Anderswo hat das nicht so gut funktioniert. Etwa weil das Teamgefüge nicht gefestigt genug war, gefühlt über weite Strecken viele ausgezeichnete Individualisten, aber keine Einheit am Platz stand (Salzburg, LASK). Oder weil offenbar die Ansprache sensiblerer Leistungsträger alles andere als ideal war (Rapid, GAK).

Der Hang zum schnellen Trainerwechsel

Was vereinsübergreifend bleibt, ist der Hang zum schnellen Trainerwechsel. Nur vier Coaches waren vom ersten bis zum letzten Spieltag im Amt – Didi Kühbauer, Stephan Helm, Philipp Semlic und Gerald Scheiblehner.

"Der ewige Scheiblehner" ist man angesichts von vier Saisonen auf der Blau-Weiß-Bank zu schreiben geneigt. Dass er es mit den Linzern entgegen aller Erwartungen in die Meisterrunde geschafft hat, ist ein weiteres Beispiel dafür, dass es sich auszahlt, Trainer langfristig etwas entwickeln zu lassen.

Das war zuletzt ja auch bei Peter Pacult und Austria Klagenfurt der Fall, ehe die seit Saisonen augenscheinlichen Finanz-Probleme sowie die dadurch entstandene, hanebüchene Entscheidung, sich DIESEM Sponsor auszuliefern, die erfolgreiche Ehe in die Brüche gehen ließ.

Zugegeben, es lief sportlich in dieser Saison nicht nach Wunsch. Wie die Saison für die Klagenfurter endet, wissen wir nach dem letzten Spieltag. Weil es da noch einmal um alles geht – oben wie unten.

Was für eine Saison!

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