"Rapid hat den besten Kader", ließ Red Bull Salzburg-Sportchef Rouven Schröder letzte Woche aufhorchen. Diese Worte fielen bei den Kollegen von Sky im Zusammenhang damit, dass die Bullen nicht mehr die Einzigen sind, die national und international junge Talente à la Haaland oder Szoboszlai suchen und finden. Das hat Konsequenzen und ist nur ein Teil der Wahrheit.
Aktuell liegt der Ex-Serienmeister auf Rang vier, mit nur elf Punkten. Nach sieben Runden war das Konto nur in der ersten Saison nach dem Einstieg von Red Bull im Herbst 2005 mit sieben Punkten schlechter befüllt.
2007/08, 2010/11 und 2015/16 startete man so wie dieses Jahr. Nur vor zehn Jahren ging der Teller in die Mozartstadt. Allerdings waren die Bullen auch nie schlechter als Zweiter und bekanntlich ab 2013/14 zehn Mal in Folge Titelträger.
"Wir wollen da sein, wenn Salzburg auslässt", konnten Vertreter anderer Großklubs jahrelang in Mikrofone sagen, bei einer Fallhöhe im Millimeterbereich. Spätestens mit dem Sturm-Titel 2023/24 hat sich das massiv geändert.

Bestandsaufnahme: Die Dichte wird größer
Die Gegner haben aufgeholt. Nicht nur der SK Sturm oder der aktuelle Tabellenführer Rapid, sondern in etwas kleinerem Maßstab auch Cupsieger Wolfsberger AC.
Zwar wusste die Austria im Sommer kaum wie, aber am 32. Spieltag der letzten Saison hatten noch sie, der WAC sowie der spätere Meister Chancen auf den Titel.
Selbst Rang zwei für die Bullen ist angesichts dieser rezenten Entwicklungen nicht so realistisch. Nach Verlustpunkten ist man sogar Fünfter, sollte die WSG den Nachtrag gegen Sturm gewinnen.
Insgesamt gilt: Wenn mehr Teams länger Chancen auf Erfolg haben, heißt das, dass die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg bei den Salzburgern nur abnehmen kann.
Die Offensive der Salzburger liegt mit 15 Toren nach sieben Runden 30 Prozent unterhalb des Siebenjahreswertes. In den letzten drei Spielzeiten gelangen jedoch auch nur 18 Goals.
Werden die Bullen schwächer?
Wirft man einen Blick auf die Tabellen nach sieben Spieltagen, seit es die Zwölferliga gibt, zeigen sich zwei Dinge: Die Offensive der Salzburger liegt mit 15 Toren nach sieben Runden 30 Prozent unterhalb des Siebenjahreswertes.
In den letzten drei Spielzeiten gelangen jedoch auch nur 18 Goals. Und an den Wert von diesem Jahr kommen die anderen Klubs auch nicht ran.
Nachdem man mit zehn Toren weniger kassiert als schießt, wären sich mehr Punkte locker ausgegangen. Allerdings ist die Defensive aktuell die Achillesferse.
Mussten die Goalies in den letzten Jahren im Schnitt in den ersten sieben Runden 4,7 Mal hinter sich greifen, war das dieses Jahr schon zehn Mal der Fall.

Spiele sagen mehr als Zahlen aus
Die Bullen spielen zudem alles andere als einen vogelwilden Kick, bei dem hinten vier kassiert werden und vorne sieben geschossen. Das zeigt sich, wenn man sich die bisherigen Saisonspiele vergegenwärtigt:
War die eine oder andere Leistung noch schmeichelhaft (2:1-Sieg in Hartberg, 2:2-Unentschieden gegen Blau-Weiß) über schlecht (1:3-Niederlage in Wolfsberg) bis hin zu nun durch eine vertretbare, aber harte Rote Karte mit Pech behaftet (0:2 daheim gegen Sturm).
Zum Unvermögen kommt wie immer und überall stets noch Pech dazu.
Summa summarum steht bewerbs- und saisonübergreifend ein Punkteschnitt von 1,6 bei Thomas Letsch. Pep Lijnders musste mit 1,64 gehen – Gerhard Struber mit 1,94.
Ohne mit dem Finger auf einzelne handelnde Personen zeigen zu wollen oder zu können, waren die Personalentscheidungen in den letzten Jahren nicht immer glücklich.
Interne Gründe für den Downfall
Struber ist ein gutes Stichwort. Ohne mit dem Finger auf einzelne handelnde Personen zeigen zu wollen oder zu können, waren die Personalentscheidungen in den letzten Jahren seit dem überraschenden Abgang von Matthias Jaissle im Sommer 2023 nicht immer glücklich.
Allerdings: Jaissle, der dem Ruf nach noch mehr Geld Richtung Al-Ahli gefolgt war, brannte selten Hurra-Kick-Feuerwerke ab.
An die Show von den Vorgängern Jesse Marsch und Marco Rose, geschweige denn Hütter und Schmidt, kam er nicht ran. Der gebürtige Salzburger Struber sollte dies ändern. Dann verlor Neo-Sportchef Bernhard Seonbuchner die Geduld.
Trotzdem wurschtelte man sich fast noch zum Titel. Den hätte man auch errungen, gebe es die Punkteteilung nicht, so nebenbei erwähnt.

Kaderunwucht
Nach Onur Cinel drehte Lijnders die Spielidee auf links und sorgte mit seltsamen Kaderentscheidungen zuerst für Stirnrunzeln, dann für schwache Leistungen und letztlich den Rauswurf. So ist Kontinuität schwierig.
Und auch die so wichtigen Spielerverkäufe konnten nicht dann durchgeführt werden, wann es sein hätte sollen. Es war anhand der fahrigen Leistungen einiger Kicker ersichtlich, wie unzufrieden sie waren, noch immer in Hart- und Wolfsberg zu kicken.
Dass Routiniers wie Walke und Ulmer mit der Zeit aufhörten und sich erfahrenere Kicker wie Terzic oder Kawamura nicht wie erwartet entwickelten bzw. sich schnell verletzten, passt wieder zum Pech.
Den Kader zu reparieren, dazu braucht es offensichtlich mehr Zeit als zwei Transferfenster.
Wenigstens raunzt man nicht darüber, dass mit Nene und Gloukh 36 Bundesliga-Scorerpunkte sowie mit Baidoo der Abwehrchef gegangen sind.
Talent ist nach wie vor da
Es gibt letztlich nicht den einen, einzigen Grund, warum es nicht läuft. Denn selbst der Trainer räumte im 90minuten-Interview ein, dass der "Red Bull-Fußball" 2025 nicht mehr so leicht funktioniert wie 2015.
Gegner, die auf hohe und zweite Bälle sowie wenig Ballbesitz setzen, verunmöglichen ein Gegenpressing, wie man es gewohnt war. Wenigstens raunzt man nicht darüber, dass mit Nene und Gloukh 36 Bundesliga-Scorerpunkte sowie mit Baidoo der Abwehrchef gegangen sind. Oder dass mit Karim Konaté der Einserstürmer und mit Kawamura ein erfahrener Mittelfeldmann fehlt.
Man weiß, dass es an der Salzach schon noch talentiertere Spieler gibt. Und dass ein ManCity-Stürmer und Liverpool-Spielmacher nicht der regelmäßige Gradmesser sein können.
Dennoch: Die Gadous, Schusters, Trummers, Kjaergaads oder Alajbegovics haben genug Talent für mehr Punkte.

Kommt Zeit, kommt was?
Sicherlich: Es gibt wenige Probleme im Leben, die besser werden, wenn man Geld drauf wirft. Der Fußball wäre so ein Sonderfall. Salzburg erwirtschaftet trotz sportlich relativ mauer Jahre Überschüsse.
Im Regelfall hilft allerdings hauptsächlich Zeit, in Kombination mit guter, ruhiger und kontinuierlicher Arbeit.
Von heute auf morgen geht es offensichtlich nicht, sonst würden die Bullen von der Spitze lachen. Gerade deshalb wäre man gut beraten, das Projekt Letsch/Schröder auch dann zu verfolgen, wenn nach zwei Titel-losen Saisonen noch eine drohen sollte.
Die Frage, ob Salzburg Mittelmaß ist, muss gegenwärtig mit einem Ja beantwortet werden, vollkommen unabhängig davon, wie die Spiele gegen Porto und die WSG ausgehen.