Was wollen Sie eigentlich, Herr Riegler?

Die Spielerrevolte gegen Ferdinand Feldhofer beim WAC, angeführt von Urgestein Michael Liendl, war erfolgreich. Das wirft viele Fragen auf.

Wenn das Goderlkraulen einiger Kicker über 30 wichtiger ist, als nachhaltige Entwicklung und Weitblick, dann dorfkaisert es mal wieder in Fußballösterreich.

+ + 90minuten.at Exklusiv – Ein Kommentar von Georg Sander + +

 

Ein alternder, auf jeden Fall sehr verdienter Spieler macht so lange Stunk, bis der allmächtige Präsident den Trainer vor die Tür setzt. Was nach den wilden 1990er-Jahren oder dem 2. Klasse-Verein von nebenan klingt, passiert 2021 in Fußballösterreich bei einem Klub, der zuletzt zwei Mal Meistergruppe und Europa League spielte.

Nachdem Michael Liendl wochenlang seinen Unmut über weniger Einsatzzeit öffentlich mehr als breit treten durfte, eskalierte die Situation wie berichtet im Vorfeld des Cup-Duells mit dem LASK. Neben Liendl (35) flogen noch Christopher Wernitznig (31) sowie Außenpracker Michael Novak (30) aus dem Kader. Die Wolfsberger schlugen sich mit einer strikten Defensivtaktik beachtlich, verloren letztlich 0:1, wegen eines Elfers. Nicht zu vergessen ist, dass der WAC gegen denselben Gegner am 27. Jänner von den Athletikern noch weitgehend chancenlos mit 0:3 aus dem eigenen Stadion geschossen wurde; mit Liendl und Novak in der Startelf, mit Wernitznig als Einwechselspieler in der Schlussphase. Aber der Reihe nach.

 

Erfolgreicher Herr Feldhofer

Ferdinand Feldhofer hat den Machtkampf verloren. Dabei hat er viel vorzuweisen. Er beerbte Gerhard Struber Ende 2019, schaffte mit 1,57 Punkten im Schnitt den zweitbesten Punkteschnitt aller Zeiten. Er sicherte sich Rang 3 und somit die zweite Europa League-Gruppenphase der Vereinsgeschichte, noch dazu in Folge. Diese wurde prompt überstanden, in der Meisterschaft liegt man knapp über dem Strich. Junge Spieler wie Stratznig oder Taferner spielen eine große Rolle, Neuzugänge wie Vizinger haben Entwicklungspotential und kommen nicht, wie just Liendl, zum Karriereausgedinge ins Lavanttal. Wenn man noch dazu addiert, dass das Coronavirus im Herbst sogar zu einer Spielabsage wegen zu weniger Spielern führte, es anhand der wirtschaftlichen Möglichkeiten für Klubs wie den WAC (oder Hartberg, Altach, SKN und Co.) ohnehin nur um den sechsten Platz im oberen Playoff geht, steigt der Wert der Arbeit des Trainers sogar noch.

 

Oldies führen einen Machtkampf – und gewinnen

Michael Liendl hat es drauf angelegt. Das steht einem Kicker eigentlich nicht zu. Wäre der mittlerweile 35 Jahre alte Edelkicker nicht ein – objektiv – sympathischer Typ, wären wohl schon vor einiger Zeit mehr Augenbrauen hoch gegangen. Feldhofer, selber nur sechs Jahre älter, wollte sich das nicht (mehr) gefallen lassen. Liendl dürfte im Hintergrund mehr Kicker auf seine Seite gezogen haben, anders ist das Streichen von Novak und Wernitznig kaum erklärbar. Natürlich fehlte sportlich im Vergleich zur Vorsaison einiges, aber, wie oben erwähnt, der WAC ist nicht plötzlich Richtung Abstieg unterwegs, der Einbau jüngerer Kicker wie Stratznig, Taferner, Vizinger, das kann nicht sofort zum selben Ergebnis führen. Dass ein – sehr verdienter – Spieler öffentlich so umrührt und Stimmung gegen den Trainer macht, gibt es in Österreich zudem nicht mehr bei vielen Klubs. Vor allem nicht einem Verein, der dabei ist, sich zur nationalen Elite hochzuschwingen, steht das alles andere als gut zu Gesicht. Eigentlich peinlich, dass eine Hand voll Spieler zum Präsidenten rennen kann und einen (erfolgreichen) Trainer rausmobben kann. Denn das ist so passiert, liest man die öffentlich zugänglichen Informationen quer. Alles andere ist he-said-she-said, Spekulation.

 

Was wollen Sie eigentlich, Herr Riegler?

Und das führt abschließend zur wichtigen Frage, wohin der allmächtige Boss des WAC Dietmar Riegler überhaupt hin will. Will man, wie im Herbst angekündigt, bei Verpassen der Meistergruppe umstrukturieren? Das hieße im Regelfall, junge Spieler einzubauen, Werte zu schaffen, sportliche Ergebnisse hintan stellen, um stärker aus dem Tal zu kommen. Das würde zur Kaderverjüngung passen, zu den Stadionplänen. Wenn aber nun der umgekehrte Fall eintritt, ein paar ältere Spieler zum Präsidenten raunzen gehen können und der dann tatsächlich den Trainer rauswirft, dann ist das Krauthappelliganiveau. Wenn das Goderlkraulen einiger Kicker über 30 wichtiger ist, als – und das ist objektiv bewertbar – der Einbau von jungen Spielern, somit nachhaltige Entwicklung und Weitblick, dann dorfkaisert es mal wieder in Fußballösterreich.

Eigentlich hätte man ja gedacht, dass diese Tage vorbei sind. Fehlt eigentlich nur noch, dass ein bekannter Ex-Teamspieler auf der Bank Platz nimmt, auf die Ü30-Fraktion setzt und sich im unteren Mittelmaß einordnet. Dann wäre die gesamte Aufbauarbeit wieder beim Teufel und der WAC nicht mehr als eine Randnotiz in Österreichs Fußball.

 

90minuten.at-Exklusiv