Lehren aus dem ersten Mal

Ein Doppelschlag reicht dem FC Liverpool, um die erste Champions League-Saison von Red Bull Salzburg zu beenden. Zeit für ein Fazit.

Mit Liverpool konnte man die Topmannschaft des Kontinents beschäftigen, in der Europa League sind aber mit Teams wie Ajax, Sevilla, Wolfsburg oder Manchester United auch nicht gerade Jausengegner zu finden.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein Kommentar von Georg Sander

 

Red Bull Salzburg startete mit einem fulminanten 6:2 in die erste Champions League-Spielzeit seit der Übernahme durch Red Bull. An der Anfield Road verkaufte man sich teuer, um dann im Endeffekt gegen clevere Neapolitaner nur einen Punkt zu machen. Dass es am Ende ein Doppelschlag durch (ausgerechnet) Naby Keita und Superstar Mo Salah war, der nach dem souveränen Auswärtssieg in Belgien gegen Genk Rang drei brachte, zeigt auf: Es fehlt ein bisschen was, um ganz, ganz vorne mitzuspielen.

 

Effizienz?

Nur die Bayern und Tottenham haben in der Guppenphase 2019/20 bislang mehr Treffer als die Bullen erzielt; die Teams der Gruppen A bis D können übrigens heute noch nachlegen, Real, PSG oder City bräuchten aber Kantersiege. Drei Treffer jeweils gegen Napoli und Liverpool hätten wohl unter anderen Umständen auch für mehr als einen Punkt gegen diese Teams gereicht. Natürlich gab es gerade gestern Chancen für Salzburg, aber wer hier mangelnde Effizienz anspricht, muss die dann auch bei Liverpool sehen, die ebenfalls einige Sitzer ausgelassen haben; wie im übrigen auch Napoli. Im Endeffekt hat man nur im Rückspiel gegen Liverpool nicht getroffen – die Offensive passt demnach ganz gut.

Defensive Stabilität

In einer derartigen Gruppe abwartend zu spielen entspricht weder der Red Bull-DNA, noch ist es klug. Dennoch gibt es die Themen Restverteidigung und individuelle Fehler in der Defensive. Salzburg versucht in der Offensive stets entweder schneller zu spielen, oder sich mit Überzahlsituationen einen Vorteil zu verschaffen. Letzteres geht notwendigerweise zulasten der Defensive. Wenn dann noch ein, zwei Mal vonseiten des Keepers oder eines Abwehrspielers unglücklich agiert wird, wird es schwierig. Wer hat noch so viele Treffer oder mehr wie Salzburg kassiert? Roter Stern Belgrad, Olympiakos Piräus, Genk, und Lille – der Vergleich mag hinken, aber diese Teams erreichten (bislang) zusammen sechs Punkte, Salzburg sieben, nur Belgrad, mit Lille in der Gruppe, schaffte den Umstieg in die Europa League. (Anm.: Gruppe A spielt erst heute, Belgrad kann aber nicht mehr Zweiter werden)

 

Europa League-Sieg?

Nach dem Spiel sagte Salzburg-Trainer, vielleicht auch aus der Emotion heraus: „In diesem Moment ist es das Ziel die Europa League zu gewinnen. Warum nicht?“ Gut, mit vor allem Liverpool konnte man im Grunde DIE Topmannschaft des Kontinents beschäftigen, in der Europa League sind aber mit Teams wie Ajax, Sevilla, Wolfsburg oder Manchester United auch nicht gerade Jausengegner zu finden. Und, ohne die heimische Liga schlecht reden zu wollen, kann man sich gerade national doch den einen oder anderen Aussetzer leisten und gewinnt trotzdem fast immer und die Liga sowieso. Dennoch muss man nicht bezweifeln, dass Talent, Taktik, Trainerentscheidungen, Motivation und Co. ausreichen können, um auch in der Euopa League weit zu kommen.

 

Nachschärfen

Schon für Maximilian Wöber hat man im Sommer ungewöhnlich viel Geld in die Hand genommen, um defensiv stabiler zu sein. Die Torwartposition ist mit Nationalteamkeeper Cican Stankovic nicht schlecht besetzt, auch die Ersatzleute Carlos Coronel und der erfahrene Alex Walke sind nicht schlecht. Und letztlich fehlte auch der prognostizierte Sechser Antoine Bernede. Aber um Teams der Preisklasse United oder Sevilla ausschalten zu können, braucht es mehr als das Gezeigte, vor allem in der Defensive – auch hinsichtlich einer möglichen neuerlichen Teilnahme an der Champions League, vielleicht schon 2020/21. Ob das alles am Personal liegt oder dem individuellen Verhalten, wird man ohnehin erst im Frühjahr sehen, wenn das Team in der Europa League antritt.

Den Salzburgern ist insgesamt wenig vorzuwerfen. Wenn es aber um den nächsten Entwicklungsschritt geht, wäre man schlichtweg schlecht beraten, nur darauf zu hoffen, in Zukunft eben ein bisschen kleinere Teams als Liverpool und Napoli zu bekommen. Die richtigen Stellschrauben müssen gedreht werden und die betreffen nun einmal die Defensive.