Macht diese Liga ja nicht kaputt!
Der Streit um die Verteilung der TV-Gelder droht zu eskalieren. Die Protagonisten der Vereine spielen dabei ein gefährliches Spiel. Der Liga droht der Crash, der um jeden Preis zu vermeiden ist.
Ein Kommentar von Michael Fiala
Platz 11 in der Uefa-5-Jahreswertung und höchstwahrscheinlich ein weiteres Jahr ein Fixplatz in der Champions League; ein neues Ligaformat, das drei Runden vor dem „Cut“ für extreme Spannung sorgen wird. Die Vereine kämpfen um Fanzuspruch, Millionen werden in Infrastruktur investiert, Woche für Woche pilgern doch ein paar zehntausend Fans in die Stadien, viele mehr sitzen vor den TV-Geräten.
Und was macht die Liga aktuell? Die zwölf Klubvertreter zerfleischen sich wegen der Verteilung der TV-Gelder möglicherweise am Dienstag selbst – und könnten dabei der gesamten Liga einen irreparablen Schaden zufügen.
Der erste Versuch im Dezember ist bekanntlich mit einer 7:5-Abstimmungsniederlage gescheitert – Niederlage deshalb, weil es für die notwendige Zweidrittelmehrheit acht Stimmen benötigt hätte. Jetzt soll die Revolution noch einmal durchgezogen werden. Ob einer der fünf Klubs, der zuletzt für die Beibehaltung der Regelung votiert hat, nun das Lager gewechselt hat, ist fraglich.
Es geht um viel mehr
Doch heute, Dienstag, geht es um viel mehr als ob der neuerliche Antrag vielleicht doch einen achten Klub findet oder nicht. Es geht dann ab 12 Uhr darum, ob die 12 Vereine sich ihrer oft selbstzugeschriebenen Professionalität auch wirklich bewusst sind. Denn heute kann es eigentlich nur eine Lösung geben: Ein Kompromiss, der keinen Verlierer übrig lässt und der ein vernünftiges Gesprächsklima für die Zukunft aufbereitet.
Es gibt drei zentrale Punkte in dieser Diskussion, die heute beachtet werden sollten:
1. Da ist zunächst der Punkt der Zentralvermarktung und einer ungleichen Verteilung der TV-Gelder: Die aktuelle Regelung, die für so viel Aufregung sorgt, wurde im Frühjahr 2017 beschlossen, wenn auch nicht einstimmig. Es muss allen Klubs klar werden, dass nicht jeder Verein gleich viel Geld aus der TV-Vermarktung kassieren kann. Einerseits liefern Rapid & Sturm zum Großteil die besten Quoten und meisten Abonnenten für Sky ab, andererseits bedienen gerade diese beiden Traditionsvereine als Gäste bei den Spielen die kleinen Klubs mit vielen Auswärtsfans. Dass der beste Klub dieser TV-Gelder-Wertung im optimalen Fall das 2,5-fache bekommt als der letzte, war wohl übers Ziel hinausgeschossen, was wiederum zu Punkt 2 führt:
2. Der zweite Punkt ist jener der wichtigen Solidarität. Es ist ziemlich unsexy, aus Sicht von Rapid oder Sturm zu sagen: „Liebe andere Klubs, strengt euch mehr an, dann habt ihr mehr Fans und auch mehr TV-Geld.“ Österreich hat einfach nicht 12 große Ballungsräume, dass man etwa so wie in Deutschland in den „Wettbewerb um Fans“ gehen kann. Von Altach oder etwa Wolfsberg dies zu verlangen, ist einfach nur fad (und auch feig). Die wenigen großen Ballungsräume in Österreich sind sowieso schon bevorzugt, vor allem auch mit Blick auf potenzielle Sponsoren für die Klubs. Und wenn schon Rapid so oft auch von den kleinen Klubs mehr Professionalität fordert, müssen die Hütteldorfer aber auch zugestehen, dass dies zum Teil nur über finanzielle Ressourcen wie zum Beispiel über die solidarische Vermarktung funktionieren kann. Die kleineren Klubs mit einer Berechnung der absoluten Zuschauerzahl dafür auch noch zu bestrafen, ist jedenfalls mit Sicherheit kein geeignetes Modell für die Verteilung der TV-Gelder in Österreich. Und das führt zum dritten Punkt.
3. Und – das ist heute Dienstag wohl der wichtigste Punkt – es geht um den Zeitpunkt: Es liegt in der Natur der Sache, dass Regelungen auch wieder verändert werden. Insofern ist auch der Verteilerschlüssel nicht in Stein gemeißelt – das weiß auch Rapid. Aber nach nur sechs Monaten eine Regelung zu kippen, noch dazu wenige Wochen vor Abgabe der Lizenzunterlagen, in der essentielle Budgetzahlen geplant werden müssen, könnte sich durchaus als Retourkutsche herausstellen. Nämlich dann, wenn ein langwieriger Rechtsstreit als Folge eines Streits herauskommen sollte. Immer wieder fällt hier das Wort der „Planbarkeit“. Es droht ein Rechtstreit, bei dem sich derzeit niemand auch nur annähernd zu prognostizieren traut, welche Folgen dies für einzelne Vereine und die gesamte Liga haben könnte.
Es geht um die Zukunft der Liga
Heute, Dienstag, geht es daher nicht nur darum, ob die Admira über den TV-Verteilerschlüssel das Budget erhöhen kann. Es darf auch nicht darum gehen, ob Rapid in der Person des oft aufreizend agierenden Christoph Peschek abermals von vielen anderen Ligaklubs wie der Austria, Salzburg oder LASK eine sogenannte Watschn bekommt oder nicht.
Es geht schlicht und einfach um eine seriöse und planbare Bundesliga als Ganzes, die bei Fans, Sponsoren, Medien und allen anderen Partnern auch als solche wahrgenommen wird. Denn eines ist auch klar: Wenn der morgige Dienstag in einem langwierigen Rechtsstreit endet, werden sich aktuelle aber vor allem auch potenzielle Wirtschaftspartner abwenden. Ein weiterer Expansionsplan der Liga wäre schwer gefährdet. Eine Chaosliga würde auch Fans verlieren, eine Eigenvermarktung von Rapid würde nur weitere rechtliche Unsicherheit mit sich bringen, um nur einige der drohenden Punkte zu nennen. Kurz gesagt: Die Liga wäre kaputt.
In diesem Sinne kann man allen Ligavertretern, die heute an der Sitzung teilnehmen, nur raten: „Macht euch und uns diese Liga ja nicht kaputt“.