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Rapid in Krammers Endlosschleife

Fredy Bickel wirkt zunehmend ratlos. Seine Zeit bei Rapid könnte sich bald dem Ende zuneigen. Die Hütteldorfer scheinen damit unter Präsident Michael Krammer in einer Endlosschleife zu stecken.

Die 91. Minute von Michael Fiala

 

Dass der Trainerwechsel von Rapid nicht die Lösung der grundsätzlichen Probleme in Hütteldorf ist, wurde bereits hier und (von Kollegen Gerald Gossman im Profil) hier analysiert. Dennoch war die Hoffnung im Rapid-Umfeld groß, dass es einen kurzfristigen Trainererffekt gibt, der zumindest in der Liga etwas Entspannung mit sich bringen wird. Wenige Wochen später steckt Rapid - nach dem Desaster in Hartberg und dem Debakel gegen Villarreal - noch tiefer in der Krise als es die ärgsten Djuricin-Kritiker sich damals hätten träumen lassen.


Alternativloser Kühbauer?

Die Installierung von von Didi Kühbauer als neuen Rapid-Trainer stellte Rapids Sportdirektor Fredy Bickel mehr oder weniger als Alternativlos dar: “Es war mit Blick auf die Tabelle klar, dass uns nur ein Trainer helfen kann, der das Umfeld kennt. (...) Didi ist der Mann, der uns dorthin führen kann, davon bin ich völlig überzeugt, er war ganz oben auf meiner Liste.”


Bickels erste große Fehleinschätzung rund um Kühbauer lieferte der Rapid-Sportdirektor bei eben dieser Präsentation: “Es war mir auch wichtig, dass es ein Trainer ist, der mit dieser Mannschaft umgehen kann. Mir war es auch wichtig, dass wir Ruhe reinbringen können. Das geht nur mit einem Trainer mit großer Reputation und der auch vom Umfeld angenommen wird und der Mannschaft den Druck abnehmen kann.” Bereits heute weiß man, dass Kühbauer diese Ziele eindeutig verfehlt hat: Der Druck ist vor allem nach dem 0:3 gegen Hartberg in der Liga größer als zuvor - Umfeld oder Reputation, Rapid-Legende hin oder her.

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Bickel und Krammer unter Druck

War bis vor wenigen Wochen vor allem Goran Djuricin im Blickfeld des medialen Mainstreams, so sollten nun nach und nach nun Fredy Bickel und Rapid-Präsident Michael Krammer ins Zentrum der Analysen rücken, wenn Trainerwechsel nicht den gewünschten Erfolg bringen.

Bickel hielt lange - vermutlich zu lange - an Djuricin fest. Das lag daran, dass Djuricin quasi Bickels Erfindung war. Das Scheitern von Djuricin war auch die erste große Delle von Bickel. Diese Delle konnte Bickel bisher nicht ausklopfen. Im Gegenteil: Mit den Analysen der letzten Wochen verstärkte sich der Eindruck, der bereits mit der Kaderplanung im Sommer entstanden ist: Eine nachhaltige Strategie des Schweizers ist nicht wirklich zu erkennen. Ein Beispiel: Im Frühsommer bemängelte Bickel die fehlenden Spieler mit Mentalität im Kader. Die Strategie: Mehr Spieler mit eben dieser Mentalität, die eine Mannschaft führen können, in den Kader holen. Abgesehen davon, dass die Mentalitätsdebatte sowieso nur eine Scheindiskussion ist, um von den eigentlichen Problemen abzulenken, waren die Rapid-Transfers genau das Gegenteil von dem, was Bickel vor hatte. Weder Knasmüllner, Alar, Barac oder Pavlovic passen in dieses Beuteschema.


Viele Gründe für Rapids Versagen

Langsam aber doch gehen Fredy Bickel die Gründe aus, warum Rapid einfach nicht in die Spur findet. Waren es zunächst die fehlenden Spieler mit Mentalität, wurde in weiterer Folge das Rapid-Umfeld auserkoren, das ruhiges Arbeiten nicht ermögliche. Schlussendlich war es aber dann doch der Trainer, der seinen Kopf hinhalten musste. Nach der Hartberg-Pleite und vor dem Match gegen Villarreal ließ Bickel mit einer weiteren Facette der Rapid-Krise aufhorchen. Nach dem Abgang von Steffen Hofmann habe es ein Loch gegeben: “Er hat die Mannschaft unglaublich geführt, dafür gebührt ihm riesiger Respekt. Nur hat es die Mannschaft dahinter verpasst, sich zu entwickeln. Das ist nicht Steffens Schuld, aber es ist keine Hierarchie entstanden.”

Mentalität, Rapid-Umfeld, Trainer und Hofmann-Loch zum Trotz: Nach dem Debakel gegen Villarreal wirkte Bickel so richtig ratlos. Saft- und kraftlos gab er zu Protokoll: “Es ist eine Mannschaft, die immer wieder aufgestanden ist, die sich zusammengerauft hat. Heute hat sie das das erste Mal seit langer Zeit nicht getan. Und das ist etwas was ich nicht nachvollziehen kann, weil die Reaktionen waren eigentlich immer wieder da. Es war schlimm, dass man immer erst eine auf den Deckel brauchte, bevor die Reaktion gekommen ist. Aber das jetzt nicht einmal mehr eine Reaktion kommt, lässt tief blicken.” Und auch die Mannschaft scheint nach dem 0:5 unter der aktuellen sportlichen Führung hilfloser als je zuvor. Die Ratlosigkeit der Mannschaft, die öffentlich immer öfters auch als fehlende Mentalität oder gar Faulheit - leider auch von sogenannten Experten - abgestempelt wird, ist aber ein Ergebnis der Fehlentwicklung der sportlichen Führung.

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Der letzte (!) Tabellenplatz ist möglich

Ein Desaster gegen Hartberg, ein Debakel gegen Villarreal, Platz neun in der Bundesliga. Rapid ist sogar so weit gekommen, dass man am Sonntag rein theoretisch auf den letzten Tabellenplatz zurückfallen könnte. All dies ist das Ergebnis eine langfristigen Entwicklung, die vor allem Fredy Bickel und nicht zuletzt Michael Krammer zu verantworten haben. Der Rapid-Präsident sorgte bereits vor zwei Jahren für Verwunderung, als er Mike Büskens und Andreas Müller im Doppelpack feuerte und danach, flankiert von einem (Sport-)Expertenrat, zunächst mit Damir Canadi einen Trainer holte und erst danach einen neuen Sportdirektor. Noch vor dem Debakel in Hartberg meinte der Rapid-Präsident bei Talk und Tore optimistisch: “Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ‘Canadi-reloaded’ wird, weil Didi Kühbauer von seinem ganzen Zugang her und auch von seiner Entwicklung gezeigt hat, dass er mehrere Spielsysteme spielen kann.” Zwar hat Rapid gegen Villarreal ein neues System gespielt oder besser gesagt probiert, der Versuch ging jedoch nach hinten los.

 

Grün-Weiße Endlosschleife

Es ist durchaus denkbar, dass Krammer im Falle eines mäßigen Spiels gegen die Admira am Sonntag im Vorfeld der Rapid-Hauptversammlung, die Ende November über die Bühne gehen wird, seinen letzten Joker zieht und Bickel von seinen Aufgaben entbindet, um den Mitgliedern zu signalisieren, dass man auf die Krise reagiert habe. Damit würde sich die grün-weiße Endlosschleife übrigens fortsetzen: Das Ende von Büskens und Müller war ebenfalls vor der Hauptversammlung; Krammer konnte die Stimmung der Mitglieder kurzfristig drehen. Besonders schmerzhaft: Eine sportliche Weiterentwicklung ist seit dem nicht zu erkennen, zwei Jahre später steht man vor einem ähnlichen Scherbenhaufen. 

Auch wenn es hart klingt: Aber Bickels aktuelle Bankrotterklärung nach dem Villarreal-Match ist eigentlich nur ein Symptom. Ein Symptom für die fehlende sportliche Philosophie in der Amtszeit von Rapid-Präsident Michael Krammer, auch wenn Krammer die Schuld bei den Spielern sieht

 

Die Stimmen zum 0:5 gegen Villarreal

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