2018

Was macht Österreich eigentlich, wenn Nordirland auch auf Mentalität setzt?

Das Geschreibe und Gerede rund um die Mentalität von Spielern, die dadurch Spiele entscheiden könnten, hat ein erträgliches Maß überschritten.

Ein Kommentar von Michael Fiala

 

Jetzt ist es schon wieder passiert. Die Mentalität soll der entscheidende Faktor für das Spiel gegen Nordirland am Freitag sein: "Wir haben bestimmt die besseren Fußballer in unseren Reihen. Am Freitag werden jedoch die Einstellung und Mentalität entscheidend sein. Daher müssen wir von Anfang bis Ende geschlossen auftreten, hell wach sein und an unsere Grenzen gehen. Wir wollen gewinnen, und müssen natürlich auch gewinnen.“ Für Marcel Sabitzer führt also der Weg zum Sieg über die Mentalität. Auch für Guido Burgstaller ist der entscheidende Faktor für einen Sieg klar: „Dafür müssen wir 100% geben. Dann bin ich auch davon überzeugt, dass wir als Sieger vom Platz gehen werden.“

 

Mentalität als entscheidender Faktor

Wissenschaftlich betrachtet ist übrigens der Zufall der größte Entscheidungsfaktor ob ein Spiel gewonnen wird oder nicht. Zwischen 45 bis 50 Prozent der Tore fallen durch zufällige Faktoren, hat Martin Lames, Lehrstuhlinhaber für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der Technischen Universität München einst  errechnet.

Wenn 50 Prozent durch Glück entschieden werden, bleiben noch immer 50 Prozent über, die man selbst beeinflussen kann. Generell hat man derzeit aber den Eindruck, dass die Mentalität in Österreichs Fußball zum entscheidenden Faktor verkommen ist. Legt eine Mannschaft eine Siegesserie hin, liegt es an der mentalen Stärke. Rutscht die Mannschaft in die Krise, schwafeln Sportdirektoren und Trainer nach den Spielen von fehlender Mentalität.

 

Auch Medien steigen darauf ein

Das Mentalitätsgerede kommt aber nicht von ungefähr. Selbst Medien bringen das Thema immer öfters auch gerne ungefragt. Es liegt auf der Hand, dass Trainer wie Spieler und andere Fußball-Funktionäre den Mentalitäts-Ball gerne aufgreifen. Das hat einen ganz einfachen Grund: Mentalität lässt sich nicht messen. Man kann minutenlang darüber in Interviews darüber sprechen, es wird nur schwer zu widerlegen sein. Und: Man braucht sich nicht mühsamen Spielsystem-Diskussionen oder anderen kritischen Fragen stellen, wenn man die Mentalität als entscheidenden Faktor auserkoren hat. Das gilt für Spieler und Trainer ebenso wie für Medien. 

Einen Gedanken sollte man sich bei dem ganzen Mentalitätsgerede jedenfalls immer vor Augen halten. Ein bisschen sarkastisch gefragt: "Welchen Plan B haben Marcel Sabitzer und Guido Burgstaller eigentlich, wenn man merkt, dass Nordirland ebenfalls auf die Mentalität setzt?" Dann kommt wohl wieder die Fähigkeit eines Trainers ins Spiel, die womöglich doch nicht so unwichtig ist, wie sie manchmal zu sein scheint. Insofern ist das ganze Mentalitätsgerede nur Schall und Rauch und wird bei zwei intakten Mannschaften - so wie Österreich und Nordirland -  keine wesentliche Rolle spielen. 

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