"Selbst ein Triumph im Cup gegen den Serienmeister, ein Heimsieg gegen den Erzrivalen und ein Auswärtssieg in dieser Reihenfolge reichen in Graz nicht mehr aus, um nach einer Niederlage nicht ein fragiles Konstrukt und allerlei andere Negativszenarien herbeizubeschwören."
In den sozialen Medien waren Beschimpfungen über Emanuel Emegha zu lesen, der im Frühjahr bislang nicht in Bestform spielt. Wir reden hier von einem jungen Mann, der gerade erst einmal 20 geworden ist. Neo-Goalie Arthur Okonkwo wäre kein Rückhalt und würde im Tor agieren wie ein Kind, hieß es auch. Abgesehen von der Respektlosigkeit gegenüber einem Mann, der von Arsenal als Zukunftshoffnung forciert wird, soll mir bitte jemand erklären, was er mit der Niederlage gegen Klagenfurt zu tun hatte? Und über allem wurde von der sozial-medialen Öffentlichkeit vielfach eine Ideenlosigkeit gegen tief stehende Gegner konstatiert. Die Gegenfrage dazu: wie viele Mannschaften schaffen es, gegen tief stehende Gegner ohne Schwierigkeiten zum Erfolg zu kommen?
Sturm bekommt die Rechnung für den Erfolg
Aber nicht nur Facebook und Co waren voll mit sehr absoluten Kommentaren über die Mannschaft. Auch die 'Kleine Zeitung' war flugs mit einem harschen Urteil zur Stelle. Ein „fragiles Konstrukt“ sei der SK Sturm noch immer. Die bisherigen drei Siege im Frühjahr wären außerdem nur sehr knapp gewesen. Welches Team konstant stabil bleibt, wenn eine Reihe wichtiger Spieler ausfällt, dazu bleibt das Kleinformat die Antwort aber schuldig. Ich halte fest: Selbst ein Triumph im Cup gegen den Serienmeister, ein Heimsieg gegen den Erzrivalen und ein Auswärtssieg in dieser Reihenfolge reichen in Graz nicht mehr aus, um nach einer Niederlage nicht ein fragiles Konstrukt und allerlei andere Negativszenarien heraufzubeschwören.
Kann bitte irgendjemand die Kirche im Dorf lassen? Sturm muss auf eine Reihe von Stammspielern verzichten, liegt stabil auf dem zweiten Platz und steht im Cup-Halbfinale. Irgendwie nicht die Gemengelage, um gleich wieder von Jubelchören ins Lamento zu verfallen. Es wartet jetzt eine schwierige Phase und jeder wusste, dass die irgendwann kommen würde. Der ganze Herbst blieb verletzungsfrei, Rasmus Højlund konnte - nicht als Einzelspieler, aber im Kollektiv – ersetzt werden und viele Akteure waren in sehr guter Form. Jetzt hat man ein Lazarett und neben den Verletzten einige Schlüsselkräfte in eher mäßiger Verfassung, wie etwa Jon Gorenc Stankovič oder Alexander Prass. Und dann noch dieser Emegha, der nicht zu gebrauchen ist …
Andreas Schicker und Co „ernten“ jetzt diesen Teil der erfolgreichen Arbeit: die jenseitige Erwartungshaltung. In Messendorf gilt es jetzt, sich davon nicht anstecken zu lassen. Auch dann nicht, wenn in Lustenau nicht gleich wieder alles rund läuft. Spätestens wenn Emanuel Emegha dann um ein paar Millionen verkauft wird, werden es ohnehin wieder alle gewusst haben.