Das Wort "Baustelle" ist eines, das für den SK Sturm in nächster Zeit, wahrscheinlich sogar die kommenden Jahre, ein verlässlicher Begleiter sein wird. Das gilt sowohl für Steine als auch für Beine. Aktuell wird zum Beispiel in Messendorf ein Trainingsplatz erneuert und die Vorbereitungen für das neue Trainingszentrum in Graz-Puntigam laufen auf Hochtouren, Baubeginn ist voraussichtlich noch im Herbst 2025.
Umbau Liebenau: Vorsichtiger Optimismus
Dazu kommt der Post-Sportplatz, der den Damen derzeit als Übungsstätte dient. Dieses Gelände wird adaptiert und erweitert und soll so auch der zweiten Mannschaft, die im Moment ins südsteirische Tillmitsch ausweichen muss, als Trainingsort zur Verfügung stehen. Und freilich gibt es da noch die infrastrukturelle Causa Prima: Das Stadion in Liebenau.
Insgesamt ist man in fast allen Lagern vorsichtig optimistisch. Ein konstruktives Treffen zu Fragen der Finanzierung zwischen Stadt- und Landesregierung soll bereits stattgefunden haben.
Wie bekannt ist die Machbarkeitsstudie zum geplanten Umbau fertig und die Kosten wurden einmal mit rund 150 Millionen Euro veranschlagt. Rund 100 Millionen kostet der reine Umbau mit allem was dazugehört. Der Rest setzt sich aus notwendigen Grundstücks- und Gebäudeankäufen sowie Dingen wie dem Park and Ride-System zusammen. Da sehen manche durchaus noch Einsparungspotenzial. So oder so, die Gespräche über Finanzierung und konkrete Ausgestaltung kommen im Hintergrund immer mehr ins Laufen.
Insgesamt ist man in fast allen Lagern vorsichtig optimistisch. Ein konstruktives Treffen zu Fragen der Finanzierung zwischen Stadt- und Landesregierung soll bereits stattgefunden haben. Bürgermeisterin und Landeshauptmann sind – trotz diametral entgegengesetzter politischer Grundausrichtung – an einer gemeinsamen Lösung interessiert.
GAK "Problembär" bei Stadionlösung?
Bleiben noch die Vereine und da könnte einer der größeren Stolpersteine lauern. Während Sturm zu Bürgermeisterin und Landeshauptmann einen guten Draht zu haben scheint und außerdem informell auch schon einen finanziellen Beitrag zu den Umbauten zugesagt hat, ist die Lage beim Stadtrivalen undurchsichtig.
Aus Teilen der operativen Leitung kommt wiederholt die Aussage, es sei schlicht kein Geld für einen solchen Beitrag da. Der Präsident soll die Notwendigkeit eines GAK-Anteils sehr wohl sehen, habe laut unterschiedlichen Quellen aber das Heft des Handelns nicht zur Gänze in der Hand.
Und die rote Fanszene vermutet an allen Ecken und Enden eine geplante Übervorteilung ihres Verein durch den SK Sturm. Diese Situation birgt noch das eine oder andere Eskalationspotenzial, bis Ende des Jahres soll es laut Insidern aber in jedem Fall Gewissheit geben, was mit Liebenau ab 2026 passieren wird.
Alter Bekannter kehrt zurück
Aber nicht nur im Bereich Infrastruktur stehen Veränderungen an. Auch personell tut sich bei Sturm einiges. Eine Änderung gab es etwa im Trainerteam der ersten Mannschaft. Assistenztrainer Michael Madl musste sich aus privaten Gründen zurückziehen, ihm folgt Martin Lassnig nach, der in den letzten Jahren als Co-Trainer bei Austria Klagenfurt aktiv war.
Sportchef Michael Parensen verfolgt dabei konsequent jenen Weg, der Sturm die letzten Jahre so erfolgreich gemacht hat. Er holt junge bis sehr junge Spieler mit Potenzial, die bei Sturm ihre nächsten Schritte machen sollen.
Und ein alter Bekannter kehrt zurück und wird Christoph Wurm und Hannes Erhard an der Linie bei Sturm II unterstützen. Und das, obwohl er eigentlich nie Trainer werden wollte, wie er schon als Aktiver wissen ließ. Jakob Jantscher wird zukünftig als Co-Trainer bei der Zweier arbeiten und somit seine erste Position nach der Kicker-Karriere antreten. Das ganze übrigens ohne jegliche Trainerausbildung.
Zu den Spielern. Da hat zuallererst Kapitän Stefan Hierländer seinen Vertrag noch einmal um ein Jahr verlängert. Seine Rolle abseits des Spielfelds, auf dem er ja nicht mehr besonders viel Zeit verbringt, dürfte so wichtig sein, dass es für ein neues Arbeitspapier gereicht hat. Und auch abgesehen davon war jener Mann, auf den in dieser Transferzeit in Graz alle Augen gerichtet sind, schon zu Beginn der Übertrittszeit recht aktiv.
Sportchef Michael Parensen verfolgt dabei konsequent jenen Weg, der Sturm die letzten Jahre so erfolgreich gemacht hat. Er holt junge bis sehr junge Spieler mit Potenzial, die bei Sturm ihre nächsten Schritte machen sollen. Parensen bediente sich in Dänemark, Polen, der Schweiz oder Frankreich, holte Spieler, die sofort ganz oben mitspielen können (Julius Beck, Axel Kayombo oder Filip Rozga) und solche, die zuerst in der zweiten Mannschaft Spielpraxis sammeln sollen (Wisler Lazarre oder Ismaël Jabateh).
Es herrscht "aufgebauschtes Beratertreiben"
Dazu kommt mit Tim Oermann ein Leihspieler aus Leverkusen für die Innenverteidigung, der sich deutscher U21-Teamspieler nennen darf. Den einen oder anderen Transfer eines arrivierteren Spielers darf man für die verbleibende Transferperiode noch erwarten, gilt es doch den Abgang von Abwehrchef Gregory Wüthrich nach Bern zu kompensieren und ganz vorne wird man wohl auch noch etwas tun.
Ansonsten wird viel davon abhängen, was es an Abgängen zu verbuchen ist und wo nachjustiert werden muss. Die laufenden Gerüchte rund um Otar Kiteishvili oder William Böving bezeichnet ein Insider als "aufgebauschtes Beratertreiben". Auch Michael Parensen lässt wissen, dass es derzeit keine konkreten Angebote für Leistungsträger der letzten Saison auf seinem Tisch gibt.
Der Georgier ist inzwischen in Verdienstsphären, wo die üblichen Verdächtigen der Kategorie Slavia Prag oder Roter Stern Belgrad keine Konkurrenz mehr sind.
Speziell bei Otar Kiteishvili ist ein Verbleib bei den Schwoazn gar nicht so unwahrscheinlich. Der Georgier ist inzwischen in Verdienstsphären, wo die üblichen Verdächtigen der Kategorie Slavia Prag oder Roter Stern Belgrad keine Konkurrenz mehr sind. Es bräuchte also wohl ein Angebot aus einer Top 5-Liga oder der englischen Championship, um den in Graz sehr verwurzelten Publikumsliebling zum Nachdenken zu bringen.
Sturm muss den Champions League-Bonus nützen
Unabhängig davon wartet viel Arbeit auf Jürgen Säumel und seine Kollegen, insbesondere auch im Zusammenspiel mit Christoph Wurm bei Sturm II. Es gilt einige Neuzugänge zu integrieren und immer auch den Blick eine Liga tiefer zu werfen, wie sich die Perspektivspieler tun. Für die wurde relativ viel Geld in die Hand genommen, ein gewisser Erwartungsdruck in diese Richtung wird vorhanden sein.
Für die sportliche Leitung und auch Präsident Jauk gilt es, die kommunikativen Herausforderungen der nächsten Monate gut zu meistern. Der Erwartungsdruck im Umfeld nach der Titelverteidigung ist hoch, dem muss mit proaktiver und bedachter Darstellung nach außen Rechnung getragen werden. Das meint insbesondere zu erklären, warum welche Schritte gesetzt werden und die wesentlichen Dinge nicht dem Reich der Spekulationen zu überlassen.
Sturm ist durch die Millionen aus der Champions League in der komfortablen Situation weit vorauszuplanen und perspektivisch arbeiten zu können. Es kann jetzt ein Fundament gelegt werden, um den ganzen Klub noch besser und stärker zu positionieren und die Führungsrolle in der Liga zu festigen. Diesen Bonus gilt es zu nützen.
Jürgen Pucher ist Buchautor, Politikwissenschaftler, Fußballjournalist und praktizierender Sturmfan in Wien. Der Steirer war Mitgründer der Fanplattform Sturm12.at. Seit 2015 ist Pucher als Betreiber des Podcast BlackFM aktiv, der sich den "Schwoazn" widmet. Für 90minuten.at schreibt er in regelmäßigen Abständen die Kolumne "12 Meter".