
Muhamedbegovic und sein bestes Jahr: "24 ist der Knackpunkt"
Im Jahr 2017 galt der damals 18-jährige Ahmet Muhamedbegovic als großes Abwehrtalent. Er mauserte sich zur "Stütze", wie LAOLA1 damals schrieb. Wie geht es ihm heute und worauf kommt es an, um zu einem gestandenen Spieler zu werden?
"Ich lasse alles auf mich zukommen", meint Olimpija-Ljubljana-Legionär Ahmet Muhamedbegovic im 90minuten-Interview. "Wenn du ein gutes Jahr spielst, was da alles passieren kann: Raul Florucz kam aus der 2. kroatischen Liga zu uns und spielt jetzt Champions League."
Ganz in die Königsklasse hat es der heute 26-Jährige bis jetzt nicht geschafft. Und slowenische Liga mag in der Breite nicht mit Österreich mithalten, das zeigt die Fünfjahreswertung mit Rang 27. Aber Celje schaffte es wie Rapid ins Conference-League-Viertelfinale.
Und er und seine Ljubljana-Teamkollegen? Sie überstanden vergangene Spielzeit im Gegensatz zum LASK, St. Gallen oder Başakşehir die Ligaphase und schieden im Playoff aus. Zwei slowenische Klubs, die europäisch überwintern, das gab's noch nie. Obendrein gewann er mit Olimpija Ljubljana den Meistertitel - den ersten Titel seiner Karriere.
Doch angefangen hat alles in Niederösterreich …
Bissl besser als die anderen
Auf die Frage, wie seine Anfänge als Fußballer waren, meint er: "Gute Frage". Dann denkt er ein wenig nach. "Meine Eltern haben mir erzählt, dass ich mich schon mit drei, vier Jahren nicht wirklich für Spielzeuge interessiert habe, sondern für den Fußball."
Also wurde er für die U6 in Untersiebenbrunn angemeldet. Dort wurde bemerkt, dass "ich schon ein bisserl besser bin als die anderen". Also begann das Werk'l zu laufen: LAZ in Obersiebenbrunn, Aufnahme ins ÖFB-Talenteförderprogramm Projekt12, St. Pölten verpflichtete ihn 2011 für die U15.

Am 17. Dezember 2016 war es dann so weit: Jochen Fallmann hatte ihn schon in der Vorwoche in den Kader berufen, setzte ihn im Niederösterreich-Derby gegen die Admira erstmals ein, gleich über 90 Minuten.
Muhamedbegovic war damals seit eineinhalb Monaten 18 Jahre jung. Ein halbes Jahr später bezeichnete LAOLA1 ihn als "Man 2 Watch". Vor allem in St. Pölten galt er als mehr als nur ein Talent. Er meint: "Wenn du in dem Alter in der Bundesliga spielst, musst du schon sehr gut sein."
Ein Schlag in die Magengrube
Der Innenverteidiger verbrachte 2016/17 aber hauptsächlich bei der zweiten Mannschaft der Niederösterreicher in der Ostliga. Ab eben jenem Sommer 2017 war er dann öfters bei den Profis im Einsatz.
"Unter Oliver Lederer habe ich 14 Bundesliga-Spiele gemacht, die wir aber so gut wie alle verloren haben", erzählt er. Die "Muhamedbegovic-Bilanz" 2017/18: 14 Ligaspiele, 1.165 Minuten Einsatzzeit, ein Mal Gelb-Rot, drei Remis, ein Sieg und zehn Niederlagen.
Didi Kühbauer übernahm nach erfolgreichem Klassenerhalt, setzte aber nicht auf ihn. Ein "Schlag in die Magengrube", nennt er das. Denn zuvor hatte er seine Einsätze: "Das kennen sicher einige Profifußballer: Du bist 18, euphorisch, denn obwohl dein Verein schlecht spielt, lieferst du gute Leistungen ab." Familie, Freunde, Berater Max Hagmayr richteten ihn wieder auf.
Der erfahrene Manager berichtete ihm, dass Zweitligist Amstetten interessiert sei. Alles besser als in dem Alter bei den Juniors in der Landesliga zu spielen und für den noch-Teenager retrospektiv ein "super Schritt. Ich konnte mich dort sehr gut entwickeln und war ein fester Bestandteil des Teams."
Du musst aber realistisch sein. Ich denke, der Knackpunkt, ob das eine große Karriere ist, ist so bis zum 24. Lebensjahr.
Abschied aus Niederösterreich
In der Landeshauptstadt lief es nach diesem Jahr unrund. Muhamedbegovic kam aus Amstetten zurück, hatte zwei Tage frei und musste dann zum Bundesheer, ein Heeressportplatz war nicht möglich.
Das heißt: "Sechs Monate kein Vormittagstraining, am Nachmittag dann mit der zweiten Mannschaft, die nur Landesliga spielt. Das war ein mentaler Rückschlag."
Unter Andreas Ibertsberger zeigte er gute Leistungen, nach der Corona-bedingten Pause im Frühjahr 2020 spielte er groß auf. Der SKN performte in der Folgesaison gut, brach aber im Winter komplett ein und stieg nach zwei Niederlagen in der Relegation gegen Austria Klagenfurt ab: "Warum die Rückrunde so schlecht war, weiß bis heute niemand."
Weil der Vertrag nicht für die 2. Liga galt, war es Zeit zu gehen.
Sprungbrett DAC
Im Sommer 2021 kam recht bald das Angebot von DAC Dunajská Streda aus der slowakischen ersten Liga. Auf deutsch hieß der Ort einmal Niedermarkt, heute sagt man eher Dunaszerdahely – das ist ungarisch. Es ist das wichtigste Zentrum der ungarischen Minderheit im Nachbarland Österreichs. Mit dem Auto ist man von St. Pölten aus in zwei Stunden dort.
Diese Informationen sind nicht unwichtig, denn bei DAC wirkten viele Österreicher: Robert Pflug und Kurt Garger waren Trainer, Rolf Landerl, Yüksel Sariyar oder Andreas Gruber (seit 2025) standen dort unter Vertrag.

Darüber hinaus ist der Verein mittlerweile ein gutes Sprungbrett, wie einige Namen aus den letzten Jahren zeigen. Andre Schäfer erspielte sich im Jänner 2022 einen Vertrag bei Union Berlin. Marko Divkovic schaffte ein halbes Jahr später einen Wechsel zu Bröndby nach Dänemark. Nikola Krstović wechselte vor zwei Jahren zu Lecce in die Serie A.
"Die Anlage dort hat mich begeistert. Die Liga selbst ist vielleicht nicht ganz so gut wie Österreich, aber DAC haben einen guten Plan, junge Spieler weiter zu bringen."
Knackpunkt und Scheideweg
Muhamedbegovic war damals 23 Jahre alt, der Traum eines jeden Profifußballers ist es aber, es in eine Top5-Liga zu schaffen. Für ihn wäre die Premier League ein Traumziel: "Du musst aber realistisch sein. Ich denke, der Knackpunkt, ob das eine große Karriere ist, ist so bis zum 24. Lebensjahr. Je älter du wirst, desto schwerer wird es."
Selbstkritisch blickt er dabei auf die ersten Jahre im Profibereich zurück. "Viele Junge sind sich so wie ich in dem Alter gar nicht bewusst, welche tolle Möglichkeit sie haben und schieben eben keine Zusatzeinheiten, achten nicht so auf die Ernährung und holen dann nicht jedes Prozent aus sich raus."
Doch die Wege des Fußballgotts sind unergründlich: "Mein ehemaliger Teamkollege Raul Florucz kam aus der zweiten kroatischen Liga zu uns und spielt jetzt Champions League."
Mit 'uns' meint er schon Olimpija Ljubljana, seinen heutigen Arbeitgeber. Noch war er aber nicht in Slowenien.
In der Conference League ist es dann egal, wer du bist – es ist immer eine einzigartige Atmosphäre und jeder kann jeden schlagen
Auf nach Europa
Muhamedbegovic hatte zwei Jahre in der Slowakei verbracht. Die Liga wird so wie die österreichische ausgetragen, DAC landete zwei Mal in der Meistergruppe. 2022/23 verpasste das Team den Meistertitel nur um zwei Punkte. In der Conference-League-Qualifikation musste man sich in Runde 3 knapp FCSB geschlagen geben.
Eine gute Zeit für ihn, auch wenn der große Wurf nicht gelang und man ihm mitteilte, dass der Vertrag nicht verlängert werden würde. Ljubljana klopfte an, dort ist er nun seit drei Jahren. Ein Schritt, der sich persönlich wirklich auszahlte:
Als Stammspieler absolvierte er sechs Spiele in der Conference-League-Gruppenphase, der Klub wurde Vizemeister. Im vergangenen Jahr gelang der große Wurf – Ljubljana ist aktuell Meister und überwinterte sogar in der Conference League. Celje, im Jahr zuvor Meister, schaffte es ins Viertelfinale.
"Europa ist einfach anders", berichtet er heute begeistert. "Als slowenischer Meister spielst du in der Quali gegen die Meister aus Gibraltar oder Armenien, bist Favorit. In der Conference League ist es dann egal, wer du bist – es ist immer eine einzigartige Atmosphäre und jeder kann jeden schlagen!"
Wenn, dann für Österreich!
Wie geht es nun weiter? Zunächst heißt der Gegner FC Noah, im Playoff zur Conference League (Das Hinspiel verlor Ljubljana zuhause mit 1:4). Dann vielleicht noch ein Titel in Slowenien und wer weiß: Es kann ja sein, dass dann dieser eine Anruf kommt, wie ihn seine Ex-Kollegen Krstović oder Florucz bekommen haben.
Dann kann es sein, dass das Nationalteam noch ein Thema wird, immerhin wurde sein Ex-Sturmkollege noch zu Olimpija-Zeiten von Ralf Rangnick gescoutet.
Gewissermaßen angeflirtet hat ihn der bosnische Verband. Da winkt er ab: "Ich würde meinen österreichischen Pass nicht hergeben."
Dafür müssen nur noch zwei, drei Dinge passieren. Seine Zwischenbilanz: "Manchmal denkst du dir schon, dass vielleicht mehr gegangen wäre. Aber ich hab bis jetzt Europacup-Gruppenphase gespielt und bin Meister geworden – noch dazu habe ich noch viele Jahre vor mir." Wenn 2024/25 nicht sein "bestes Jahr" bleibt, wird er in ein paar Jahren wohl woanders landen.