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Rapids Regressforderung: Stand heute nicht so einfach

Rapid-Präsident Michael Krammer kündigte an, dass Rapid allfällige Strafen bei denen regressieren will, die diese verursachen. Christina Toth, Sportanwältin, hat für 90minuten.at die Rechtslage aufgeschrieben.

Ein Gastbeitrag von Sportanwältin Christina Toth

 

Stadionbesuchern und Fußball-TV-Konsumenten sind die Bilder vom 325. Wiener Derby am vergangenen Sonntag leider nur allzu gut bekannt: einzelne Zuschauer, die mit Böllern, dem Werfen von Gegenständen oder Flitzen das Fußballvergnügen stören. Manchmal werden dabei Unschuldige gefährdet oder gar verletzt. So auch geschehen etwa im Februar 2014, als bei einem Spiel des 1. FC Köln ein Anhänger einen Knaller gezündet und dabei sieben Menschen auf den Unterrängen verletzt hat. Der Verein wurde daraufhin vom Verband mit einer Strafe von 50.000 EUR belegt, weitere 30.000 EUR musste der Klub in Gewaltprävention stecken.

 

Geld, das sich der 1. FC Köln vom Böllerwerfer zum Teil zurückholen wollte. Und ein Fall, den Rapid-Präsident Michael Krammer bei der Pressekonferenz am Montag angesprochen hatte. Schon mehrmals hatten in der Vergangenheit deutsche Gerichte den Vereinen Schadenersatz für die vom Verband auferlegten Strafen zugesprochen. So auch das Landesgericht Köln in diesem Fall. Nach einer zwischenzeitlichen Aufhebung des Regresses durch das Oberlandesgericht Köln schaffte der Bundesgerichtshof Rechtssicherheit: Zuschauer haften in Deutschland für Schäden, die sie durch die Störung der Fußballveranstaltung verursachen. Das gilt ausdrücklich auch für Verbandsstrafen. 

Und was heißt das für Österreich?

Fürs erste einmal nicht viel. Bislang gab es in Österreich erst eine Entscheidung eines Instanzengerichts zur Frage, ob sich Vereine die Verbandsstrafen von gewalttätigen bzw. störenden Zuschauern zurückholen dürfen. Die österreichischen Vereine sind hier ihrer Anhängerschaft gegenüber wohl etwas zurückhaltender.

 

Jedenfalls hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien schon im Jahre 2011 entschieden, dass ein Verein die ihm auferlegte Verbandsstrafe nicht auf den Zuschauer überwälzen darf, selbst wenn Letzterer mit seinem Verhalten die Strafe verursacht hat. Zweck der Verbandsstrafe sei es, die Vereine zu angemessenen Sicherheitsvorkehrungen zu veranlassen und damit Störungen durch Zuschauer überhaupt zu verhindern.

 

Das ist auch korrekt. Was das Landesgericht mitunter aber übersieht ist, dass solche Verbandsstrafen in der Regel verschuldensunabhängig ausgesprochen werden. Selbst wenn also der Verein sämtliche Vorkehrungen trifft, um die Sicherheit der Menschen im Stadion zu gewährleisten, wird er vom Verband für das Fehlverhalten von störenden Zuschauern zur Verantwortung gezogen. Der Störenfried hingegen ist nach der derzeitigen österreichischen Judikatur – was die Verbandsstrafen betrifft – fein raus.

 

Aus general- und spezialpräventiven Gründen ist ein solches Signal an die gewaltbereite Anhängerschaft kontraproduktiv. So sollte zumindest eine Abwägung dahingehend getroffen werden, ob und inwieweit der Verein seiner Verpflichtung zur Gewährleistung der Sicherheitsvorkehrungen nachgekommen ist. Hat er alle ihm möglichen (und zumutbaren) Vorkehrungen getroffen, so muss auch nach österreichischem Recht der Regress gegen störende Zuschauer möglich sein.

 

Zur Autorin: Christina Toth ist Rechtsanwältin und eine der führenden Sportrechtsexperten Österreichs. Sie wurde international als Sports Lawyer of the Year 2017 – Austria ausgezeichnet. Zu ihren Kunden zählen Sportverbände, Vereine, Athleten und Event-Veranstalter. Christina ist Vizepräsidentin des Österreichischen Tennisverbandes und Vorstandsmitglied des First Vienna Football Club.

 

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