Lizenzdilemma: Zwei Ligen ohne Austrias
Die erstinstanzlichen Lizenz- und Zulassungsentscheidungen sind gefallen. Im Worst Case gibt es 2021/22 keine Austria Wien und keine aus Lustenau in den ersten beiden Ligen. Doch was bedeutet das konkret für die beiden Ligen in der nächsten Saison?
Zum jetzigen Zeitpunkt stehen wir vor der Herausforderung, noch keine 28 Mannschaften für die kommende Saison zu haben.
+ + 90minuten.at Exklusiv - Von Georg Sander + +
Dass es um die Finanzen von Austria Wien nicht gut bestellt ist, war lange klar. Aber auch die große Austria scheint nicht too big to fail. Läuft es schlecht, hat man, gemeinsam mit der Stadt Wien, ein Schmuckkästchen inklusive Trainingszentrum, aber keine Profimannschaft. Bitter, schien es nach dem Titel 2013 und der Champions League doch klug, in Steine zu investieren. Offenbar hat man sich aber auch bei der Investition in die Beine verdribbelt. Der sportliche Erfolg blieb aus, die Kosten hoch, die Lizenzverweigerung ist das Ergebnis.
Austria Lustenau kämpft seit Jahren um ein Stadion und bekam die Lizenz auch aus finanziellen Gründen verweigert. Dass zudem die Zulassung für die 2. Liga verweigert wurde, schmerzt. Die grün-weißen Vorarlberger spielen seit der Saison 1994/95, unterbrochen durch ein dreijähriges Bundesliga-Intermezzo von 1998 bis 2000, in der zweithöchsten Spielklasse, sind seit zwei Jahrzehnten Stamminventar.
Der FAC bemüht sich jedes Jahr um die Lizenz, es ist kein Wunder, dass die Anlage in Wien-Floridsdorf nicht für die Bundesliga taugt. Die 2. Liga-Zulassung erhielt man, verweigert wurde diese logischerweise der zweiten FAK-Mannschaft und auch wenig überraschend RLO-Klub Stripfing. Obschon die Verweigerung in finanzieller, infrastruktureller und rechtlicher Hinsicht durchaus eine ziemlich glatte Fünf sind. Wie kann die Bundesliga nun nächstes Jahr aussehen?
Eine Lizenzverweigerung, zwei Mannschaften weg
Nach dem weit über den Fußball hinaus gehenden Finanzdesaster Mattersburg könnte die Bundesliga zum zweiten Mal in Folge ohne Absteiger vonstatten gehen. Wenn die Veilchen auch vor Protestkomitee und Ständig Neutralem Schiedsgericht scheitern, dann gibt es keinen Absteiger. Der beste lizenziete 2. Liga-Klub könnte aufsteigen, Admira, St. Pölten, Altach, Ried und Co. wären gerettet. Die besten Karten hat gegenwärtig Austria Klagenfurt. Man liegt zwei Punkte vor Wacker Innsbruck, neun vor dem GAK. Die allfälllige Relegation, wenn der Klub nicht ganz vorne landet, fiele aus.
Ohne Austria verliert die 2. Liga aber nicht nur den Aufsteiger, bekommt keinen Absteiger, sondern auch noch ein zweites Team, die Young Violets. Die 16er-Liga käme ernsthaft in Gefahr. Neben zwei Klubs aus dem für die Bundesliga lizenzierten Vereinen Austria Klagenfurt, Wacker Innsbruck und dem GAK gebe es mit Liefering, SKU Amstetten, Vorwärts Steyr, SV Lafnitz, FC Juniors OÖ, FC Blau Weiß Linz, FC Dornbirn 1913, SV Horn, FAC Wien, KSV 1919 und SK Rapid II nur 13 Teams. Mit Austria Lustenau 14. Zur „Auffüllung“ bei einer FAK-Lizenzverweigerung stünden dann die Sturm Amateure und Hertha Wels bereit. Die Meisterschaftsregeln räumen dem ÖFB-Präsidium diese Möglichkeit ein. Macht also inklusive Lustenau auch nur 16 Teams.
Super-Gau Lustenau
Tricky wird es, wenn auch die nachgelagerten Instanzen neben der Austria aus Wien auch jener aus Lustenau die Zulassung verweigern. Es gibt dann keine Mannschaft mehr, außer Wacker II aus der Westregion. Das Problem: In dem Fall müsste Wacker Innsbruck aufsteigen, damit das Zweitteam hoch kann. Immerhin: Mit Rapid, Sturm und Wacker gebe es dann die Maximalanzahl an Zweitvertretungen in der 2. Liga. Tritt der Super-Gau ein und die weiteren Instanzen bestätigen den Senat 5, dann kann man nur noch hoffen, wie es Bundesliga-Boss Christian Ebenbauer formulierte: „Zum jetzigen Zeitpunkt stehen wir vor der Herausforderung, noch keine 28 Mannschaften für die kommende Saison zu haben. Die betroffenen Klubs haben in der zweiten Instanz die Möglichkeit, die erforderlichen Nachweise zu erbringen.“
All das wird sich erst in den nächsten Wochen klären. Eine generelle Schieflage, allem zum Trotz, ist aber eher nicht zu attestieren. Elf von zwölf Bundesligisten erhielten die Lizenz, drei mögliche Aufsteiger ebenfalls. In der 2. Liga erwischte es nur Austria Lustenau. Bei beiden Austrias dürften die Probleme schon länger bekannt sein. Es ist also durchaus eine Auszeichnung für den Rest, dass man trotz Corona-Pandemie sorgfältig wirtschaftet.
Aber was dann?
Bereits letzte Woche deutete BW Linz-Geschäftsführer und Fußballinventar Stefan Reiter an, dass die Bundesliga alles dafür tun würde, um das zwölf Vereine in der Bundesliga und 16 in der 2. Liga zu haben. Im allerschlimmsten Fall geht sich das in der 2. Spielklasse eben nicht aus, da man die höchste Spielklasse um die Austria auffüllen muss, die zweite Liga keinen Absteiger, keine zweite FAK-Mannschaft und kein Lustenau mehr hat. Die einzige Chance ohne kreative Lösungen scheint in diesem Szenario darin zu liegen, dass Wacker Innsbruck den Aufstieg schafft.
In jeglicher Hinsicht bleibt zu hoffen, dass die Austrias es schaffen, spätestens vor dem Ständig Neutralen Schiedsgericht eine Lizenz bw. Zulassung zu bekommen. So oder so sollte evaluiert werden, ob das Modell 12+16 mittelfristig durchführbar ist.
Nachlese: Alles zur Lizenzvergabe!