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Thomas Hollerer zu VdF-Vorwürfen: "Laut ist nicht unbedingt richtig"

Im Interview mit 90minuten.at nimmt ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer zu den schweren Vorwürfen der Spielergewerkschaft Stellung, wonach der ÖFB seine Monopolstellung ausgenutzt habe.

Interview Thomas Hollerer - Seite 1 - Seite 2

 

90minuten.at: Die VdF meint, dass der ÖFB im Zuge der Neuordnung des Ausbildungs- und Transferentschädigungssystems seine Monopolstellung ausgenutzt habe. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Thomas Hollerer: Es ist natürlich völlig richtig, dass der ÖFB eine Monopolstellung aufweist, wir sind auch die Einzigen, die ein Nationalteam führen und den österreichischen Fußball international vertreten. Die Monopolstellung wird immer dann zu einem Problem, wenn man seine Einzigartigkeit missbraucht und zu Lasten der anderen Beteiligten ausnutzt. Wir denken, dass wir bei der Schaffung dieses neuen Ausbildungs- und Förderungsentschädigungssystems unsere Monopolstellung nicht missbraucht haben, wir haben auch – wie uns vorgeworfen wurde – das Bosman-Urteil nicht abgeschafft. Wir haben uns im Gegenteil bemüht, unter Einbindung aller Beteiligten eine Weiterentwicklung zu schaffen, die vielmehr auf die individuelle Spielerentwicklung abzielt als wie bisher eine finanziell pauschale Beurteilung zu treffen.

90minuten.at: Waren Sie überrascht über die Aussendung?

Hollerer: Wir waren nicht überrascht, dass die VdF eine Stellungnahme zum neuen System abgibt. Was für uns jedoch überraschend war und ist, dass einige Inhalte in dieser Aussendung nicht richtig sind. Wir möchten uns sehr gerne mit der VdF zusammensetzen, um diese Themen auszuräumen und zu besprechen, weil möglicherweise beruht das auf Missverständnissen. Ich denke, dass es in der heutigen Zeit sehr wichtig ist, im Sinne einer gelebten Sozialpartnerschaft gerade auch im Fußball mit einer Arbeitnehmervertretung Lösungen zu finden, die für alle Seiten Klarheit schaffen.

 

90minuten.at: Welche Inhalte der VdF-Aussendung waren aus Ihrer Sicht nicht richtig?

Hollerer: Was nicht stimmt, ist zum Beispiel der Vorwurf, dass es ein intransparentes Verfahren im Vorfeld gegeben hat. Wir haben mit diesem Thema schon vor Jahren begonnen und auch die VdF um ihre Meinung gefragt. Die VdF ist auch mit einem sehr interessanten, systematischen Vorschlag gekommen, wie das neue System aussehen sollte. Wir wollten diesen auch gerne detaillierter diskutieren und haben die VdF dann auch in weiterer Folge gebeten, entsprechende Unterlagen zu bringen, wie sie ihr System finanzieren will. Das haben wir bis dato nicht erhalten.

 

 

"Im Groben war der Vorschlag der VdF eine weitgehende Abschaffung der Ausbildungs- und Förderungsentschädigung." - Thomas Hollerer

90minuten.at: Was war der Vorschlag der VdF?

Hollerer: Im Groben war der Vorschlag der VdF eine weitgehende Abschaffung der Ausbildungs- und Förderungsentschädigung und die Idee war, dass die nötige Gegenfinanzierung der Vereine einerseits durch erhöhte Mitgliedsbeiträge der Sportlerinnen und Sportler und andererseits bei jenen Spielern, die sich das nicht leisten können, durch Förderungen der öffentlichen Hand erfolgen sollte.

 

90minuten.at: Eine Förderung der öffentlichen Hand klingt in Zeiten wie diesen eher utopisch. War dies auch die Sicht des ÖFB?

Hollerer: Die Überlegung der VdF ist sehr interessant. Wir haben die VdF wie schon erwähnt gebeten, dass sie uns entsprechende Sicherheiten übermitteln möge, wie die öffentliche Förderung aussehen könnte. Bei finanziellen Themen kann man aktuell bei der öffentlichen Hand ja leider keine großen Forderungen stellen.  

 

90minuten.at: Und hat die VdF dann Unterlagen geschickt?

Hollerer: Bis dato einmal nicht. Man muss auch sagen, dass wir mit der VdF vereinbart haben, uns nach der Transferzeit zusammenzusetzen, um zu evaluieren, wie die Transferzeit gelaufen ist. Vielleicht gibt es dann eine entsprechende Rückmeldung. Mir ist es jedenfalls ein Anliegen – gemeinsam mit Präsident Leo Windtner an der Spitze – mit der VdF gemeinsam Hand in Hand Probleme im österreichischen Fußball zu lösen. Das manifestiert sich auch darin, dass wir als Pilotprojekt in den Landesverbänden die Transferzeit für arbeitslose Fußballer noch einmal verlängert haben. Wir unterstützen auch die Bruno-Gala finanziell. Wir haben der VdF zudem angeboten, dass sie auch in die Strafausschüsse der Landesverbände bei Fragen von Nicht-Amateuren jeweils einen Vertreter entsenden kann. Zudem gab es das Angebot von regelmäßigen Informationsaustausch-Sitzungen, davon gab es in den letzten Monaten zwei.

 

90minuten.at: Was hat aus Ihrer Sicht noch nicht gestimmt in der VdF-Aussendung?

Hollerer: Die Darstellung zum FIFA-Regulativ ist eine internationale Regelung. Die zitierte Passage gilt nur für internationale Transfers und nicht für nationale Systeme. Was auch nicht stimmt, ist die Frage der Rückwirkung, die wird nicht gehandhabt. Das ist ein jahrelanges Projekt und es ist mit den entsprechenden Fristen ordentlich in Kraft gesetzt worden.

 

90minuten.at: Warum hat sich der ÖFB eigentlich bisher nicht dazu geäußert, wenn – wie hier im Interview jetzt von Seiten des ÖFB festgestellt – so viele Punkte inhaltlich nicht gestimmt haben sollen? Es haben sehr viele Medien über die Aussendung der VdF geschrieben, vom ÖFB war bislang nichts zu lesen.

Hollerer: Das ist eine berechtigte Frage. Wir machen, das ist unsere Politik, auf Anfragen unsere Ansichten zu diversen Themen gerne öffentlich. Warum haben wir in diesem Fall nicht selbst reagiert? Wir halten die Sozialpartnerschaft gerade im Fußball für ein sehr wichtiges Instrument. Wir haben daher zuerst die Gewerkschaft kontaktiert, um da auch möglicherweise auf Missverständnisse oder  Falschinterpretation hinzuweisen. Wir haben die Gewerkschaft gemeinsam mit der Bundesliga nach der Aussendung um ein Treffen ersucht.

 

90minuten.at: Gernot Zirngast hat im Interview mit 90minuten.at zu der Kontaktaufnahme Seitens des ÖFB und Bundesliga gemeint: „Es gab bisher keine Stellungnahme des ÖFB zu unserer Sichtweise mit Ausnahme eines, für uns völlig unverständlichen, Schreibens an unserer Muttergewerkschaft Younion, die mit der Sachlage gar nicht vertraut ist. Der Grund und der Zweck dafür liegen im Dunklen.“ Ein unverständlicher Brief. Können Sie das erklären?

Hollerer: Das ist ganz einfach erklärt.  Die grundsätzliche Umgehensweise zwischen der Gewerkschaft und dem ÖFB bzw. der Bundesliga sollte mit den Präsidenten der jeweiligen Institutionen festgelegt werden. Daher gab es auch einen Brief an den Präsidenten der Gewerkschaft, wo die VdF Mitglied ist. Dieser Brief ist auch von ÖFB-Seite von unserem Präsidenten und vom Bundesliga-Präsidenten unterschrieben. Wir hoffen, dass wir bald Termine bekommen, um diese Thematik zu besprechen.

 

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