Aller guten Dinge sind drei!
Nach einem schwierigen ersten Jahr und einem wechselhaften zweiten Jahr, ist Nicolas Seiwald mittlerweile bei RB Leipzig voll angekommen und nicht mehr aus der Startformation wegzudenken.
In 16 der insgesamt 17 Pflichtspiele stand der 24-Jährige in der Startformation, einzig in Runde zwei gegen den 1.FC Heidenheim wurde er nur eingewechselt. Während er im Nationalteam seit Jahren der Dauerbrenner schlechthin ist, hat er sich diesen Status nun auch im Klub erkämpft.
Im 90minuten-Interview spricht Seiwald nun über seine Entwicklung, die Beziehung zu seinen Landsmännern Xaver Schlager und Christoph Baumgartner, Ex-Klub Salzburg und die bevorstehende Weltmeisterschaft.
90minuten: Nici, du bist jetzt in deiner dritten Saison bei RB Leipzig. Sportlich ist es dein bisher stärkstes Jahr. Wie fühlst du dich persönlich, aber auch abseits des Platzes in der Stadt?
Nicolas Seiwald: Ich fühle mich schon seit längerem sehr wohl in der Stadt. Aber auch auf dem Platz läuft es sowohl für mich persönlich als auch für die Mannschaft richtig gut. Wir sind Zweiter, performen in fast allen Spielen und sind richtig gut drauf.
Ich denke, dass ich vor allem gegen den Ball ziemlich gut bin, auch in Sachen Zweikampfverhalten. Verbessern kann ich mich sicher noch im Spiel mit dem Ball. Vor allem, was die Offensive betrifft. Tore schießen, Scorer sammeln.
90minuten: Im ersten Jahr hast du wenig gespielt, im Zweiten dann viel zwischen Sechs und Innenverteidigung rotiert. In diesem Jahr bis du alleiniger Sechser, stehst in jedem Spiel in der Startelf. Gab es bei dir diesen einen Moment, in dem du gemerkt hast, jetzt bin ich wirklich auf diesem Niveau angekommen?
Seiwald: Ich hatte auch im Vorjahr viele Einsätze und trotzdem war es so, dass ich keine fixe Position hatte. Erst seit diesem Jahr komme ich nur auf der Sechs zum Einsatz und hatte direkt die Chance, mich in die Mannschaft zu spielen. Es fühlt sich für mich persönlich einfach besser an, wenn man eine fixe Position hat und seine Leistung bringen kann.
90minuten: Du gilst als absoluter Musterschüler, hast eine der besten Passquoten der Liga, bist zweikampfstark und einer der besten Ballfänger der Liga. Wo siehst du selbst deine Stärken und wo hast du noch Luft nach oben?
Seiwald: Ich denke, dass ich vor allem gegen den Ball ziemlich gut bin, auch in Sachen Zweikampfverhalten. Verbessern kann ich mich sicher noch im Spiel mit dem Ball. Vor allem, was die Offensive in Richtung gegnerisches Tor betrifft. Tore schießen, Scorer sammeln.
90minuten: Wenn ich das richtig im Kopf habe, dann wartest du noch auf deinen Premierentreffer im Dress von RB Leipzig. Hast du vor das in dieser Saison noch nachzuholen?
Seiwald: Ja, das habe ich schon vor. Trotzdem ist es nicht meine Hauptaufgabe. Aber es wäre schön, wenn mir das in dieser Saison noch gelingen würde.
90minuten: Neben dir im Mittelfeld stehen in dieser Saison mit Xaver Schlager und Christoph Baumgartner oft zwei Landsmänner. Was zeichnet euch als Trio aus und welche Vorteile bringt das mit, dass ihr euch so gut kennt?
Seiwald: Dass wir drei uns aus dem Nationalteam schon so lange kennen, bringt nur Vorteile mit sich. Wir verstehen uns auch außerhalb des Platzes sehr gut. Uns zeichnet sicher aus, dass wir gegen den Ball sehr giftig und sehr unangenehm zu bespielen sind. Und auch mit Ball können wir uns gut freispielen. Ich glaube das sieht man sehr gut am Baumi, der diese Saison wirklich sehr torgefährlich ist und viele Scorer sammelt. Generell helfen wir einander sehr.
90minuten: Du hast gerade Baumi angesprochen. Er spielt aktuell vermutlich die beste Saison seiner Karriere. Woran machst du das fest, dass jetzt der Knoten geplatzt ist? Ist das auch auf die Systemumstellung im Sommer zurückzuführen?
Seiwald: Er hat in diesem Jahr sicher eine andere Rolle und die kommt ihm auf jeden Fall zugute. Welche Qualitäten er mitbringt, hat er ja beim Nationalteam schon immer unter Beweis gestellt. Aber jetzt ist ihm auch der Knoten hier in Leipzig geplatzt. Er bringt sein Spiel besser auf den Platz und wirkt im Kopf auch irgendwie freier. Das sind sicher auch Gründe, warum es so läuft.
90minuten: Der Vertrag von Xaver Schlager endet ja im Sommer. Hast du ihn schon von einer Verlängerung überzeugt?
Seiwald: Also da ist der Xaver ein bisschen wie ein geheimes Buch. Er spricht da auch nicht gerne drüber und lässt sich da auch nichts anmerken. Er gibt aber weiter Vollgas. Der Xaver ist eben der Xaver.
90minuten: Ihr hattet als Verein im Sommer einen großen Umbruch, inklusive Trainerwechsel. Trotzdem spielt ihr eine richtig starke Hinrunde, steht auf Platz zwei und habt nur drei Niederlagen kassiert. Was zeichnet euch aktuell aus?
Seiwald: Ich glaube die Bereitschaft, dass jeder für den anderen läuft, dass wir füreinander kämpfen und als Team auftreten. Diese Attribute dann gepaart mit der hohen individuellen Qualität im Kader sorgen für den richtigen Mix und das zeichnet uns als Mannschaft aus.
90minuten: Leipzig setzt enorm auf Ausnahmetalente. Yan Diomande, Assan Ouedraogo, Antonio Nusa, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wie sehr wird man da auch im Training gefordert?
Seiwald: Ja, schon sehr. Es ist richtig gut, solche Qualität in den eigenen Reihen zu haben. Im Training wird man dadurch einfach besser. Es ist richtig cool zu sehen, wie sich die jungen Spieler von Training zu Training immer weiter verbessern. Da sieht man schon, welches brutale Potenzial in ihnen steckt. Und das ist bei sehr vielen Spielern von uns so.
90minuten: In der öffentlichen Wahrnehmung stehen meist die Offensivspieler im Rampenlicht. Ist dir das egal – oder braucht auch ein Sechser Anerkennung, um Selbstvertrauen zu tanken?
Seiwald: Nein, überhaupt nicht. Ich glaube der Trainer weiß sehr gut, was er an mir hat. In der Medienwelt können ruhig die Offensivspieler im Rampenlicht stehen. Solange sie für uns weiter Tore schießen und kämpfen, haben sie sich das verdient.
Ja, vorm Fernseher verfolge ich sie schon noch regelmäßig. Einmal war ich in dieser Saison auch bei einem Heimspiel vor Ort. Ich freue mich noch immer für sie, wenn sie gewinnen und sie sind ja auch Winterkönig.
90minuten: Du bist im Sommer 2023 nach Leipzig gewechselt, hast davor jahrelang für Red Bull Salzburg gespielt, warst Spieler der Saison und auch schon in der Jugend der "Bullen". Verfolgst du deinen Ex-Klub noch regelmäßig?
Seiwald: Ja, vorm Fernseher verfolge ich sie schon noch regelmäßig. Einmal war ich in dieser Saison auch bei einem Heimspiel vor Ort. Ich freue mich noch immer für sie, wenn sie gewinnen und sie sind ja auch Winterkönig. Und das, obwohl noch nicht alles nach Plan verläuft.
90minuten: Seit deinem Abgang war Salzburg nicht mehr Meister. Auch international läuft es nicht mehr rund. Wo siehst du die Gründe?
Seiwald: Das ist von außen immer schwer zu beurteilen und das will ich auch gar nicht. Da müsste man jemanden fragen, der intern bei Salzburg drin ist. Trotzdem weiß ich, dass die Spieler viel Qualität haben, vor allem individuell. Wenn sie als Team funktionieren, dann traue ich ihnen sehr viel zu. Natürlich auch die Meisterschaft.
90minuten: Ich würde gerne noch ein bisschen über das Nationalteam sprechen. Du bist der Dauerbrenner unter Ralf Rangnick und einer der wichtigsten Spieler im System. Was schätzt du am Teamchef und wie viel Einfluss hat er auf deine Entwicklung?
Seiwald: Er hat schon einen sehr großen Einfluss auf mich. Einfach auch weil er mich immer eingesetzt hat, egal wie oft ich zu der Zeit in Leipzig gespielt habe. Vor allem in meinem ersten Jahr bei RB, als ich wenig gespielt habe. Das hat mir in meiner Entwicklung sicherlich geholfen, denn du wirst einfach durch Spiele besser.
90minuten: Was zeichnet Ralf Rangnick als Trainer aus?
Seiwald: Ralf ist ein Trainer, der einen klaren und strukturierten Plan verfolgt. Und den will er auch durchziehen, egal was andere denken. Er ist einfach sehr klar in seiner Idee und das sieht man auch auf dem Platz, wie wir agieren. Gemeinsam, geschlossen und mit einer klaren Spielidee. Das zeichnet uns aus.
90minuten: Österreich ist zum ersten Mal seit 1998 wieder bei einer WM dabei. Da warst du selbst noch nicht einmal auf der Welt. Wie stolz bist du, dass die Qualifikation funktioniert hat und wie groß ist auch die Vorfreude bei dir?
Seiwald: Schon nach der Auslosung für die WM-Quali hat es überall geheißen, dass wir uns qualifizieren müssen bei der Gruppe. Wir sind trotzdem sehr stolz, dass wir es am Ende auch geschafft haben. Weil es nicht leicht war, die Gegner waren stark und trotzdem haben wir uns durchgesetzt. Die Erleichterung in Wien gegen Bosnien war riesig. Ein Gefühl von Stolz, dass wir es nach so langer Zeit endlich geschafft haben. Und trotzdem war es nur der Anfang, im Sommer wartet dann die WM und da rechnen wir uns auf jeden Fall was aus.
90minuten: Mit Argentinien wartet der amtierende Weltmeister. Ich nehme mal an, für dich und viele andere ein absolutes Traumlos gegen Lionel Messi zu spielen, oder?
Seiwald: Es war für viele ein absoluter Traum, Argentinien aus Topf eins zu bekommen und am Ende ist es auch so gekommen. Ich war unfassbar happy nach der Auslosung.
90minuten: Ansonsten geht es noch gegen Algerien und Jordanien. Wie schätzt du die Gruppe ein und was ist für euch bei der WM möglich?
Seiwald: Es ist es eine schwere Gruppe, vor allem weil Argentinien ein richtiges Brett ist. Aber auch Algerien und Jordanien sind nicht zu unterschätzen. Trotzdem wollen wir in dieser Gruppe weiterkommen. Bei solchen Turnieren kann immer alles passieren. Wir sind auf jeden Fall gewarnt, wir haben aber bei der EM gezeigt, dass wir auch eine Gruppe mit Frankreich und den Niederlanden gewinnen können. Aber es ist natürlich unser klares Ziel, diese Gruppe zu überstehen. Was danach kommt, ist sowieso offen, aber so weit wollen wir jetzt mal nicht denken.
90minuten: Nächste Woche ist Weihnachten, hast du einen sportlichen Wunsch ans Christkind für 2026?
Seiwald: Ich wünsche mir, dass es mit Leipzig so erfolgreich weitergeht, wir die Intensität aufrechterhalten und den Spaß so weiterführen. Mit Österreich möchte ich bei der WM so erfolgreich wie möglich sein. Und dann natürlich verletzungsfrei und gesund bleiben. Das ist mal sportlich das Wichtigste.
Florian Gabriel