ÖFB-Hoffnung Linda Natter: "Deutschland ist mein nächstes Ziel"
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ÖFB-Hoffnung Linda Natter: "Deutschland ist mein nächstes Ziel"

Mit 18 Jahren wurde die Vorarlbergerin Torschützenkönigin, dann riss sie sich das Kreuzband. Bei der Vienna soll Linda Natter wieder in die Spur finden, die mittelfristig ins Ausland und Nationalteam führen soll.

Nach und nach rückt die nächste Generation ins Frauen-Nationalteam. Nach den ersten vier Spielen unter dem neuen Teamchef Alexander Schriebl haben bereits mehrere Talente debütiert, weitere warten auf ihre Chance - auch Linda Natter.

Mit 51 Bundesligaspielen, 43 Torbeteiligungen und einem Titel als Torschützenkönigin in der Tasche könnten die Argumente der 19-jährigen Vorarlbergerin kaum besser sein. Nach einem Kreuzbandriss und einem überraschenden Transfer im Sommer 2024 schnürt Natter ihre Schuhe derzeit für die Vienna. 90minuten hat mit der Stürmerin über ihr Comeback und große Ziele für die Zukunft gesprochen.

90minuten: Linda, du hast nach einem Jahr Verletzungspause schon wieder einige Pflichtspiele hinter dir - wie erleichtert bist du, dass du wieder regelmäßig auf dem Platz stehen kannst?

Linda Natter: Sehr erleichtert. Ich bin einfach froh, dass ich wieder mit den Mädels auf dem Platz stehe und das machen kann, was mir am meisten Spaß macht. Aus der Reha kann ich auch einige Dinge mitnehmen, die Zeit hat mich schon stärker gemacht. Ein bisschen dankbar bin ich dafür schon. Es ist aber gut, dass das jetzt vorbei ist und sich alles wieder nur um Fußball dreht.

90minuten:  Die ersten Tore sind dir schon gelungen, du spielst auch wieder relativ physisch und robust. Wie sicher fühlst du dich inzwischen?

Natter: Ich fühle mich sehr gut, habe aber am Anfang schon gemerkt, dass es Zeit braucht. Im ersten Spiel waren es ungefähr zehn Minuten, dann 20 und man steigert sich langsam. Die Matchpraxis ist extrem wichtig, mittlerweile kann ich auch über 90 Minuten wieder normal spielen. Fußballerisch passt es auch gut, würde ich sagen. 

Direkt nach dem Kreuzbandriss wollte ich über dieses Thema gar nicht nachdenken. Wir haben darüber gesprochen, sind aber nicht zusammengekommen.

Natter über eine Verlängerung in Altach

90minuten: Das kann man sagen, gegen die SPG Lustenau/Dornbirn hast du doppelt getroffen.  Wahrscheinlich hilft es auch, wenn das ganze Team einen guten Tag erwischt. 

Natter: Das war, denke ich, das beste Spiel, das wir in letzter Zeit gespielt haben. Die anderen waren eher ausbaufähig. Gegen stärkere Gegner tun wir uns leichter, deshalb freue ich mich jetzt schon auf die Playoffs. Ich bin gespannt, wie das wird. 

90minuten: Dein Wechsel im Sommer kam überraschend, du hast selbst lange damit gerechnet, in Altach zu bleiben. Wie hat sich das alles ergeben?

Natter: Vor der Verletzung war mein Ziel, ins Ausland zu gehen. Mein Vertrag in Altach wäre ausgelaufen, direkt nach dem Kreuzbandriss wollte ich über dieses Thema dann aber gar nicht nachdenken. Wir haben über eine Verlängerung gesprochen, sind aber nicht zusammengekommen.  Dann war es aber schon Sommer und deswegen gleich knapp. Mein Management hat nach einer Lösung gesucht, dann hat sich der Wechsel zur Vienna ergeben.

Der erste Kontakt ist von uns gekommen, aber das Interesse war auf beiden Seiten sofort da. Am Anfang war ich noch nicht bei jedem Training, vielleicht ein oder zweimal pro Woche. Dann haben wir das gesteigert, mit den Physios der Vienna habe ich Einzeltrainings am Platz gemacht, später auch Teamtrainings ohne Körperkontakt. Die Mannschaft hat mich voll gut aufgenommen, das Team ist echt sehr cool.

90minuten: In einem Interview mit der 'Kronen Zeitung' hast du im Sommer erklärt, dass in Altach nur ein Zweijahresvertrag möglich gewesen wäre.

Natter: Es wären zwei Jahre gewesen, ohne Option, den Verein zu wechseln. Darauf wollte ich mich einfach nicht festlegen. Es ist mir wichtig, Freiheiten zu haben.

Am Freitag habe ich immer in Altach trainiert und war am Wochenende beim Match dabei. Unter der Woche war ich in St. Pölten.

Linda Natter

90minuten: Viele Spielerinnen arbeiten neben ihrer Karriere in der Bundesliga. Hast du schon einen Plan, wie du mit diesem Thema umgehen willst?

Natter: Meine Eltern unterstützen mich, sonst wäre es derzeit schon eher knapp. Nach der Matura wollte ich eine Pause, deshalb studiere ich derzeit noch nicht. Ein oder zweimal die Woche helfe ich bei Kindertrainings mit, sonst liegt der Fokus derzeit voll auf Fußball.

90minuten: Du hast mit 19 Jahren schon viel erreicht, über 50 Bundesligaspiele, fast genauso viele Torbeteiligungen. Du warst schon Torschützenkönigin. Was gibt es in Österreich noch für dich zu beweisen?

Natter: Es hat sich in dieser Saison leider nicht erfüllt, aber der Cup-Titel wäre schon cool gewesen. Ich würde es mir gerne selber noch einmal beweisen, dass ich eine auffällige Spielerin in der Bundesliga sein kann. Das heißt, ich will meine Leistung abrufen und dem Team mit Toren und Torbeteiligungen helfen.

90minuten: Dein Trainer Mark Dobrounig hat bei deiner Präsentation als Vienna-Spielerin gesagt: "Wir gewinnen eine der komplettesten Angreiferinnen im österreichischen Fußball". Würdest du das so unterschreiben?

Natter: Nein, nicht ganz. Man kann immer noch etwas verbessern, ich auch. Beim Kopfball zum Beispiel. Eigentlich würde ich das nicht unterschreiben, ehrlich gesagt. 

90minuten: Trotzdem ist es wahrscheinlich nicht schlecht, wenn der eigene Trainer so etwas sagt.

Natter: Ja, das ist schon cool und eh sehr lieb (lacht).

Es war mir eigentlich schon ziemlich klar, dass ich ins Ausland - nach Deutschland - gehe.

Linda Natter

90minuten: Ich ziehe wieder den Vergleich: Wenn in der Männer-Bundesliga ein 18-Jähriger Torschützenkönig wird, ist klar, dass sich Vereine aus dem Ausland melden. Wie war das bei dir? 

Natter: Es war mir eigentlich schon ziemlich klar, dass ich ins Ausland - nach Deutschland - gehe. Mit der Verletzung wollte ich es dann selbst gar nicht mehr unbedingt, irgendwohin zu gehen, wo ich niemanden kenne. Es hätte aber schon konkrete Möglichkeiten gegeben.

90minuten: Wenn es nach dir geht, wäre der nächste Schritt Deutschland?

Natter: Ja, Deutschland ist schon mein nächstes Ziel. Irgendwann würde ich aber schon auch gerne in England oder Spanien spielen.

90minuten: Wegen des Kreuzbandrisses hast du leider die U20 WM verpasst. Du warst dann trotzdem vor Ort, um das Team zu unterstützen. War das eine bittere Erfahrung oder hat dich das angetrieben?

Natter: Beides. Auf der einen Seite war ich sehr dankbar, dass ich dabei sein durfte. Auf der anderen Seite war es manchmal hart, bei den Spielen zuschauen zu müssen. Ich habe es dann trotzdem als Motivation mitgenommen, auch bald wieder dabei sein zu können. 

90minuten: Das nächste Großereignis, bei dem Österreich dabei sein könnte, ist die WM 2027. Nimmst du dir vor, dann im A-Nationalteam dabei zu sein?

Natter: Ja. Es ist schon ein Ziel, dabei zu sein, wenn Österreich es zur WM schafft. 

90minuten: In der Bundesliga hast du ihn wegen der Verletzung nicht getroffen - hast du trotzdem einen Eindruck vom neuen Teamchef Alexander Schriebl?

Natter: Meine Zimmerkollegin (Anm.: Magdalena Rukavina) war beim Nationalteam dabei, sie hat mir von den Ideen erzählt. Sie wollen pressen und schnell vor das Tor kommen. Ich finde das gut, der erste Eindruck ist positiv. 

90minuten: Wir haben schon über Ziele gesprochen. Zum Abschluss: Was möchtest du in den nächsten Jahren deiner Karriere erreichen?

Natter: Mir ist es jetzt einmal wirklich wichtig, bei jedem Spiel meine Leistung auf dem Platz zu zeigen und mit Selbstvertrauen aufzutreten. Langfristig würde ich sagen: Einmal in England oder Spanien spielen und auf jeden Fall im A-Team. Und natürlich möglichst viele Titel zu gewinnen. 

Vielen Dank für das Gespräch!

VIDEO: Mein erstes Mal - mit ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel

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