Im August 2024 wechselte David Affengruber vom österreichischen Meister Sturm Graz zum damaligen Vorletzten der zweiten spanischen Liga, dem FC Elche.
Viel Kritik ging mit seinem Wechsel einher, doch knapp 15 Monate später sieht die Welt ganz anders aus. Elche spielt mittlerweile nicht mehr gegen den Abstieg in LaLiga2, sondern in der ersten spanischen Liga gegen Klubs wie Real Madrid oder den FC Barcelona.
Und der Niederösterreicher mittendrin - als absolut gesetzter Stammspieler. Seine Leistungen werden nicht nur von den Elche-Fans honoriert, sondern wecken mittlerweile auch das Interesse größerer Klubs.
Für eine Einladung zum österreichischen Nationalteam hat es bislang trotzdem noch nicht gereicht.
90minuten hat sich mit Affengruber über seine Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme, seine Highlights in Spanien und seine Karriereambitionen unterhalten.
90minuten: Hallo, David. Du bist jetzt seit etwas mehr als einem Jahr bei Elche unter Vertrag. Wie hast du dich in dieser Zeit in Spanien eingelebt?
David Affengruber: Sehr gut! Das letzte Jahr war natürlich sehr erfolgreich, dadurch ist vieles einfacher geworden. Aber auch unabhängig davon, hab ich mich im Verein und in der Umgebung gut eingelebt. Ich bin ja während des laufenden Spielbetriebs gekommen, da ging alles sehr schnell. Es hat von Anfang an gut gepasst. Ich hab hier einen sehr ambitionierten und tollen Verein mit richtig coolen Mitspielern gefunden.
90minuten: Was würdest du sagen, sind im Alltag die größten Unterschiede zwischen Spanien und Österreich?
Affengruber: (lacht) Die Geschäfte machen alle zu Mittag zu. Wenn du etwas erledigen willst, musst du das vor zwei Uhr machen, danach geht es erst wieder ab fünf oder sechs Uhr weiter. Ansonsten habe ich das Gefühl, dass es hier eine ganz andere Lebensmentalität gibt. Ob das schlechter oder besser ist, würde ich gar nicht beurteilen. Es ist einfach anders.
90minuten: Und die fußballerischen Unterschiede?
Affengruber: Ich kann nur über unseren Verein, unseren Trainer und unseren Spielstil sprechen. Der Fußball ist hier viel stärker auf Ballbesitz ausgerichtet. Wir sind eine Mannschaft, die den Ball haben und mit ihm etwas kreieren will, die einen sauberen Spielaufbau sucht. Bei meinen früheren Stationen ging es eher um hohes Pressing und schnelles umschalten. Hier ist es ein anderer Stil. Ich glaube, dass in meiner Karriere beides sehr gut funktioniert hat. Für mich ist das einfach ein zusätzliches Stilmittel, das ich jetzt beherrsche.
90minuten: Was vermisst du am meisten an Österreich?
Affengruber: Ganz klar: Familie und Freunde. Früher habe ich zwar auch nicht daheim gespielt, aber Graz war halt nur zwei, drei Stunden mit dem Auto entfernt. Jetzt muss man zwei, drei Stunden fliegen und es geht nicht täglich ein Flieger. Das ist schon was anderes, früher hab ich mich einfach ins Auto gesetzt und war gleich mal daheim.
90minuten: Du spielst jetzt in LaLiga, bist Stammspieler und spielst gegen die besten Klubs der Welt. Gegen Atletico und gegen Barça habt ihr in dieser Saison bereits gespielt. Was war dein bisheriges Highlight?
Affengruber: Das Unentschieden (Anm. 1:1) auswärts bei Atlético, das war richtig stark. Auch das 2:2 in Sevilla war ein Highlight. Wir lagen lange in Führung, und die Stimmung war extrem aufgeheizt. Genau das liebe ich am Fußball. Und natürlich auch das Spiel gegen Barcelona. Auf solche Gegner trifft man nicht alle Tage.
90minuten: Das nächste Highlight, das Spiel gegen Real Madrid, steht nun vor der Tür (Sonntag, ab 21:00 Uhr im LIVE-Ticker). Dabei kommt es unter anderem zu Duellen gegen Kylian Mbappe und Vinicius Jr.. Was ist eure Erwartungshaltung vor diesem Spiel, speziell für dich als Verteidiger?
Affengruber: Es wird sicher ein intensives Spiel, speziell für uns Verteidiger. Wir werden als Mannschaft generell schwierige Phasen überstehen müssen und auch mal längere Zeit verteidigen. Aber so wie ich unseren Trainer kenne, werden wir unseren Spielstil nicht ändern. Wir werden trotzdem versuchen, viel Ballbesitz zu haben, um das Spiel zu kontrollieren. Wie gut das gelingt, wird man dann im Spiel sehen, aber auch gegen Real Madrid bleiben wir uns treu. Auch gegen andere große Gegner haben wir versucht, unseren Fußball auf den Platz zu bringen. Gegen Barcelona haben wir zwar 3:1 verloren, aber wir haben trotzdem unser Spiel auf den Platz bekommen und das war wichtig.
90minuten: Wer war dein bisher stärkster Gegenspieler?
Affengruber: In meiner Zeit bei Sturm Graz hatten wir schon sehr starke Gegner. Wir haben etwa gegen David Silva oder Mario Götze gespielt. Gegen Alexander Sörloth bin ich damals auch schon auf dem Feld gestanden, und jetzt mit Elche wieder. Aber der größte Name war sicher Robert Lewandowski. Er ist zwar nur eingewechselt worden, aber er ist sicher einer der besten Stürmer der letzten zehn Jahre.
Von so einem Namen bin ich noch sehr, sehr, sehr weit weg.
90minuten: Ihr seid ja in dieser Saison Aufsteiger. Für viele in Spanien wart ihr sicher einer der Favoriten auf den erneuten Abstieg, aber ihr seid sehr gut in die Saison gestartet, aktuell steht ihr auf dem elften Platz. Was ist für euch in dieser Saison noch möglich? Bleibt das Ziel der Klassenerhalt oder wird auch mit einem Auge nach Europa geschielt?
Affengruber: Unser Start hilft uns sicher, damit haben wir mal ein gutes Gefühl. Wir können jedes Spiel mit dem Gefühl angehen, dass wir punkten können. Aber das erste Ziel bleibt sicher, die Klasse zu halten. Wenn wir das mal geschafft haben, kann man weitere Ziele setzen. Als Aufsteiger geht es in erster Linie darum, sich in der Liga zu etablieren. Alles andere kommt Schritt für Schritt.
90minuten: Aufgrund deiner Leistung bezeichnen dich in Spanien die Fans mittlerweile als "Affenbauer", in Anlehnung an Franz Beckenbauer, einen der größten Verteidiger aller Zeiten. Wie findest du diese Verehrung der Elche-Fans?
Affengruber: (lacht) Natürlich ist das eine große Ehre, aber von so einem Namen bin ich noch sehr, sehr, sehr weit weg. Was er erreicht hat, wird wahrscheinlich kein Verteidiger jemals wieder erreichen, aber natürlich ist das ein Lob von den Fans. Generell, wenn Leute dein Trikot anhaben, ist das eine Ehre. Wenn sie sich dann noch etwas Kreatives einfallen lassen, ist das umso schöner.
Ich glaube, dass ich mit meinen Qualitäten jeder Mannschaft was geben kann.
90minuten: Zuletzt gab es auch immer wieder Gerüchte, dass auch größere Vereine, wie der FC Sevilla, Betis Sevilla und auch Atletico Madrid an dir interessiert sein sollen. Was denkst du über solche Gerüchte?
Affengruber: Gerüchte gehören im Fußballgeschäft dazu. Es passiert ständig, dass Spieler mit verschiedensten Vereinen in Verbindung gebracht werden. Für mich ist das ein Lob, denn das bedeutet, dass meine Leistungen zuletzt gut waren. Aber man darf sich von so etwas nicht ablenken lassen. Ich bin glücklich hier, und mein Fokus liegt darauf, Leistung zu bringen und Punkte zu holen.
90minuten: Gibt es einen Verein oder eine Liga, die dich besonders reizt?
Affengruber: Einen speziellen Verein würde ich nicht sagen. Natürlich gibt es Klubs und Ligen, auf die man früher viel drauf geschaut hat, das sind generell die Top-5-Ligen. In einer darf ich jetzt schon spielen. Zu sagen, wo man mal spielen wird, ist nicht möglich, weil man weiß nie, was passiert. Am Ende zählt, dass man Leistung bringt. Und ich bin sehr glücklich in Elche. Es ist ein super Verein mit tollen Menschen.
90minuten: Dein Vertrag läuft bis 2027, gab es schon Gespräche über eine Vertragsverlängerung?
Affengruber: Wir sprechen immer wieder über Alles, aber das macht der Verein mit mehreren Spielern, das gehört einfach dazu. Wir besprechen alles offen miteinander. Wir haben gerade noch keinen allzu großen Druck, weder der Verein, noch ich. Wenn man so ein Verhältnis zu einem Verein hat, muss man das extrem schätzen.
90minuten: Welche Ziele hast du in deiner Karriere?
Affengruber: Ich würde sicher gerne nochmal international und so lange wie möglich in einer der Top-5-Ligen spielen. Auf diese Ligen schauen die meisten Leute, da hat man die meisten Zuschauer. Das macht für mich den Fußball aus, deswegen bin ich auch Profi geworden. Wenn man vor ausverkauftem Haus spielt, egal in welchem Stadion, ist das einfach immer cool.
90minuten: Jetzt war ja gerade Länderspielpause, Österreich hat sich für die WM 2026 qualifiziert. Zu deinen Zielen gehört es ja sicher auch, mal für das ÖFB-Team zu spielen. Du wartest aber immer noch auf deine erste Nominierung für die Nationalmannschaft. Wie groß ist deine Hoffnung auf eine WM-Teilnahme im kommenden Jahr?
Affengruber: Hoffnung gibt es immer. Aber entscheidend ist, dass man Leistung bringt. Nur damit kann ich es beeinflussen. Dass ich mit Elche erfolgreich bin, ist auch extrem wichtig. So kann ich mich fürs Nationalteam ins Rampenlicht spielen. Den Rest wird man dann sehen.
90minuten: Auf deiner Position ist das ÖFB-Team so gut besetzt wie auf fast keiner anderen Position. Wie siehst du die Konkurrenzsituation im Nationalteam?
Affengruber: Die Konkurrenz ist groß. Österreich ist auf meiner Position sehr gut besetzt. Trotzdem, wenn man in einer Top-Liga konstant Leistung bringt, darf man sich Hoffnungen machen. Ob es dann passiert, kann ich nicht beantworten. Aber ich glaube, dass ich mit meinen Qualitäten jeder Mannschaft etwas Positives geben kann.
90minuten: Gab es schon einen Austausch mit Teamchef Ralf Rangnick?
Affengruber: Nein, mit dem Teamchef noch nicht.
90minuten: Aber mit anderen Verantwortlichen gab es einen Austausch?
Affengruber: Ja, da ich auf Abruf bin, hatte ich Kontakt mit dem Team-Manager. Es ging um den Kontakt und den Austausch zum Verein.
90minuten: Danke für das Gespräch!