"Der moralische Downfall von Cristiano Ronaldo wird noch studiert werden"
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"Der moralische Downfall von Cristiano Ronaldo wird noch studiert werden"

Maximilian Ratzenböck war Fußballinfluencer, bevor es diesen Beruf gab. Der Laienschauspieler, Kabarettist und Moderator ist Fan von Ried und Köln. Man könnte es sich leichter machen.

Maximilian Ratzenböck war schon so manches in seinem Leben: Hobbykicker, Lehrling, Laiendarsteller, Stimmenimitator, Kabarettist und auch LigaZwa-Kommentator.

Wer auf Instagram und Co. unterwegs ist und halbwegs fußballaffin, kommt dem 34-Jährigen nicht wirklich aus. Seine Videos rund um Fußball haben ihn bekannt gemacht.

Das Spannende: als Laiendarsteller in Deutschland schaute ihm ein Millionenpublikum zu, das mitunter nicht wusste, dass er einmal "Der witzigste Mann der Euro" genannt wurde - und umgekehrt.

Heute macht er sich im 90minuten-Interview Gedanken über das Fantum in einer sich immer schneller, vielleicht sogar zu schnell, drehenden Fußballwelt.

90minuten: Wenn du ein Fußballer in einem bestimmten Spiel sein könntest, wer wäre es?

Maximilian Ratzenböck: Mit dem heutigen Wissen würde ich sagen, Zinédine Zidane im Finale der Weltmeisterschaft 2006. Ich würde die Geschichte einer Fußballnation komplett umschreiben und gewinnen. Ich würde mich nicht von Materazzi beleidigen und provozieren lassen. Der hätte die fünf Sekunden ruhig sein müssen und ich denke, dann hätte Frankreich gewonnen.

Wenn jemand super fesch ist, aber die Chemie stimmt nicht, werde ich mit der Person meine Zeit nicht an der Bar verbringen.

Maximilain Ratzenböck und die Frage, warum man Fan eines Vereins wird

90minuten: Wenn am Wochenende Fußball ist, für wen schlägt dein Herz auf Klubebene?

Ratzenböck: Ich bin Mitglied des 1. FC Köln, habe dort auch drei Jahre gelebt und meine Leidenschaft für den FC entdeckt. Wenn die zu Hause spielen, merkst du das in der ganzen Stadt. Als ich dort war, war Peter Stöger Trainer, der Klub ist gerade aufgestiegen und Sechster geworden. Das war ein Megahype. Schmadtke, Modeste und so weiter – ich bin dabei geblieben, auch wenn ich es nur noch selten nach Köln schaffe.

90minuten: Und in Österreich?

Ratzenböck: Als gebürtiger Schärdinger bin ich in der Nähe von Ried verortet. Drechsel, Glasner, Kuljic, neues Stadion, 2. Liga – das war schön. Ich wohne in Wien, ich gehe zu kleinen und großen Klubs, am liebsten aber zur Austria.

90minuten: War die SV Ried einfach der nächstgelegene Fußballklub?

Ratzenböck: Genau das war der Fall. Du kannst auch 20, 25 Minuten länger fahren, dann stehst du in Linz. Aber der LASK war für mich als Oberösterreicher nie ein Thema. Ried war kleiner und sympathischer. Das hat gepasst.

90minuten: Ist das die normale Ablehnung der Landeshauptstadt gegenüber, wenn man aus dem ländlichen Raum kommt?

Ratzenböck: Ich kenne schon ein paar LASK-Fans aus dem Innviertel, aber grundsätzlich bist du regional verbunden. Genauso, wie man den Schweinsbraten lieber mit Semmelknödel als Kartoffelknödeln isst wie in Niederösterreich.

Der Weltklassekicker Zinédine Zidane hat es Ratzenböck angetan
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Der Weltklassekicker Zinédine Zidane hat es Ratzenböck angetan

90minuten: Was hast du alles miterlebt?

Ratzenböck: Den Aufstieg habe ich live im Stadion erlebt, und dann den zweiten Platz, auch den Cupsieg 2011. Die Tore hat Markus Hammerer geschossen, der ist dann völlig von der Bildfläche verschwunden. Es gab immer wieder überraschende Spielzeiten. 2016, beim Abstieg, bin ich auf der Tribüne in der Nähe des Präsidenten gesessen. Das war spannend anzusehen.

Leider schaffe ich es nicht mehr so oft ins Stadion. Jedes Mal geht ein Großer runter, wenn Ried oben bleibt, weil es eben nicht der größte Verein ist. Für das, was sie sind, haben sie eine unglaubliche Infrastruktur. Das Stadion ist fast 20 Jahre alt und wirkt noch immer neu. Es ist immer total schade, wenn die SVR absteigt – auch für Nichtfans.

90minuten: Was waren die Höhen und Tiefen mit Köln?

Ratzenböck: Mit Köln erlebst du jedes Jahr Tiefen. Es ist – nicht nur dieses Jahr – relativ unangenehm, Köln-Fan zu sein. Außer es ist so wie unter Stöger.

90minuten: Wenn ich dich auf ein Spiel einladen würde, wäre es eher Ried oder Köln?

Ratzenböck: Ich würde nach Köln fahren, den Riedern kann ich öfter auf die Beine schauen.

90minuten: Was ist der besondere Reiz eines Fußballklubs zu sein, der eigentlich nie Meister wird – das betrifft ja beide?

Ratzenböck: Es spielen viele Faktoren eine Rolle. Die Regionalität gehört dazu, die Chemie, die zwischen einem selbst und einem Verein entstehen kann. Wenn jemand super fesch ist, aber die Chemie stimmt nicht, werde ich mit der Person meine Zeit nicht an der Bar verbringen. Ich werde noch in 40 Jahren zu den Klubs gehen.

90minuten: Es ist eher ungewöhnlich, Fan zweier Teams zu sein.

Ratzenböck: Solange sie nicht in derselben Liga sind?

Ein ganz netter Schiri ist übrigens Stefan Ebner, der hat 2017 einmal ein Spiel gepfiffen, eine Woche nachdem unser Klubheim niedergebrannt ist.

Maximilian Ratzenböck hat nie Rot gesehen

90minuten: Du kommst aus dem vermutlich wunderschönen Taufkirchen an der Pram im Innviertlel. Auf Google Maps kommt als Bild dazu ein Fluss mit großen Steinen drinnen. Ist das das Spannendste, was es in Taufkirchen an der Pram gibt?

Ratzenböck: Das sogenannte Gstoanarat kennt jeder. Du kannst von der einen zur anderen Seite des Flusses hüpfen, für uns Kinder war es ein formidabler Grillplatz. Das Spannendste ist es aber nicht, es gibt das Bilger-Breustedt-Haus (Anm.: Ein Museum über die österreichische Künstlerin Margret Bilger und ihren Mann, den deutschen Bauhauskünstler Hans Joachim Breustedt). Der Weltklasse-Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger ist von hier – und mein Kindergartenfreund. Und dann gibt es den SV Taufkirchen an der Pram, der ist auch wichtig.

90minuten: Kicken ist wohl dennoch das Größte für einen jungen Bub?

Ratzenböck: Tatsächlich war es bei mir ein bisschen anders. In meiner Familie kann niemand was mit Fußball anfangen. Beim Kicken auf der Straße habe ich mit elf Jahren gemerkt, dass ich gut bin. Meine Freunde, die schon seit vier Jahren beim Verein waren, wollten mich mitnehmen – meine Eltern sprachen sich dagegen aus, weil ich ein guter Turner war. Dennoch habe ich angefangen und seitdem ist es eine everlasting love.

90minuten: In deiner Statistik stehen 115 Spiele und 227 Tore. Stimmt das und wie weit rauf ist es gegangen?

Ratzenböck: Das weiß ich nicht. Ich war schon Stürmer, die Nummer neun. Im Nachwuchs durfte ich schon sagen, wo ich spiele, weil ich so viel getroffen habe. In der Bezirksliga, das ist im Bundesland die dritte, insgesamt die sechste Leistungsstufe.

90minuten: Wie lange hast du dir das angetan?

Ratzenböck: 2006/07 habe ich mein Kampfmannschaftsdebüt gegeben, 2011/12 war ich kurz in Riedau, 2016 bin ich nach Taufkirchen zurückgekommen. Ich würde heute noch spielen, wenn ich die Zeit dazu hätte.

Im Innviertel wird man eher Ried- als LASK-Fan
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Im Innviertel wird man eher Ried- als LASK-Fan

90minuten: Vom Platz gestellt hat man dich nie.

Ratzenböck: Ich habe auch keine Gelbrote bekommen! Gelbe habe ich einige bekommen, die meisten wegen Kritik am Schiedsrichter. Ein ganz netter Schiri ist übrigens Stefan Ebner, der hat 2017 einmal ein Spiel gepfiffen, eine Woche nachdem unser Klubheim niedergebrannt ist. Jetzt pfeift der international. Mir sagte er in einem Spiel: Du warst höflich – vielleicht in dem Spiel, ansonsten waren die Schiedsrichter immer meine Gegner.

90minuten: Scouts werden nie in Taufkirchen gewesen sein, aber war es einmal Thema, es Richtung Profifußball zu probieren?

Ratzenböck: Für mich ja, für meine Familie nicht. Es hat sich auch nie jemand ein Fußballspiel angesehen. Das ist ok für mich. Ich denke heute schon, dass zumindest BNZ möglich gewesen wäre. Aber ich habe es nie versucht. Das heißt aber nicht, dass ich wenig investiert habe. Als Kind war ich in jeder freien Minute am Fußballplatz.

90minuten: Sowohl im Fußball als auch in deinem Metier – was braucht es, um Profi zu werden?

Ratzenböck: Das Mindset ist wichtig. Du musst es unbedingt wollen und dem alles unterordnen. Dann braucht es noch Glück, denn viele schaffen es nicht. Wir haben den unglaublichen Johannes Moser gesehen. Wenn alles nach Plan läuft, spielt der in drei Jahren bei einem großen Verein. Aber es braucht nur ein bisschen Pech auf diesem Weg und er arbeitet im Supermarkt. Du brauchst dich nur schnell verletzen, dann ist es vorbei. Da gibt es mehrere Geschichten.

90minuten: Bei dir war es aber so, dass die Karriere zum Reisebürokaufmann nicht Plan B war?

Ratzenböck: Fußballprofi zu werden war nie mein Ziel, vielleicht in meinen Träumen. Dann habe ich diese Lehre gemacht, als Teil meines ersten Lebens, bevor ich in die Unterhaltungsbranche gegangen bin.

Mittlerweile würde ich mich übrigens durchaus als Schauspieler bezeichnen. Wenn ich irgendwen ohne Akademieerfahrung in ein Profispiel einwechsle und er schießt zwei Tore und legt noch eines auf – ist er ja auch nicht gleich Profi?

Analogien zwischen Fußball und Schauspielerei

90minuten: Dieses Format heißt Promifan und jetzt sind wir eigentlich an dem Punkt angekommen, warum du prominent wurdest.

Ratzenböck: Ich bin 2011 zum SV Riedau gegangen. Dort gab es ein normales Festl für die Vereinskassa. Ich war an der Kasse und der letzte geht rein und er meinte: Jetzt gehen wir zwei auch etwas trinken. Das habe ich verneint, denn ich musste um sechs Uhr in der Früh zu einem Casting nach München. Er fragt: Was? Glaubst, du wirst jetzt Schauspieler? Ich entgegne nur: Wenn ich es nicht probiere, dann nicht. Also bin ich hin und drei Monate später wurde ich angerufen.

90minuten: Um vor Menschen zu performen, muss man ja ein bissl extrovertiert sein. Wolltest du letztlich doch irgendwas machen, was über Büroarbeit hinausgeht?

Ratzenböck: Exponiert zu arbeiten war nicht das Ziel, aber mein Zugang war schon, meinen Charakter, der Leute gerne unterhält, zu verwerten. Wenn du aus Taufkirchen kommst und kein Jahrhundertalent an der Orgel bist, wird es schwierig. Es gab damals noch nicht die Möglichkeiten, sich im Web bekannt zu machen, und wenn dann irgendwer anruft und dir eine Hauptrolle anbietet, nimmst du es an, wenn es nicht komplett absurd ist. Selbst, wenn ich damals nur Laiendarsteller war.  Damals war das wichtig, dass ich diesen ersten Schritt gehen konnte.

90minuten: Gab es damals Unterstützung von der Familie?

Ratzenböck: Meine Eltern wollten immer das Beste für mich. Sie hatten nur mit Fußball explizit nichts am Hut. Wenn ich heute etwas drehe, schicken sie mir Feedback von Freunden. Es ist jetzt nicht Support, auch, weil sie nicht aus der Branche sind.

90minuten: Dass der erste Job bei ATV (Wien Tag und Nacht) war, hat sie nicht gestört?

Ratzenböck: Das haben mir eh alle gesagt. Vielleicht haben es meine Eltern auch gedacht. Aber noch einmal: Wenn du diese Möglichkeit bekommst, nutzt du sie. Laienschauspieler ist einfach ein Job, du bekommst Drehbücher, hast so ein Viertel Freiheiten und kannst Hallo oder Servus sagen. Du arbeitest mit Schauspiellehrerinnen und Psychologinnen. Mittlerweile würde ich mich übrigens durchaus als Schauspieler bezeichnen, nach so vielen Jahren und vielen Ausbildungen und Coachings. Wenn ich irgendwen ohne Akademieerfahrung in ein Profispiel einwechsle und er schießt zwei Tore und legt noch eines auf – ist er ja auch nicht gleich Profi?

Von Polster bis Kainz, dazwischen Ratzenböck: Köln mag seine "Ösis"
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Von Polster bis Kainz, dazwischen Ratzenböck: Köln mag seine "Ösis"

90minuten: Vielleicht ist es so, wenn man seinen ersten Profivertrag in der 2. Liga bei einem Dorfklub bekommt - Profivertrag ist Profivertrag!

Ratzenböck: Das ist eine gute Analogie.

90minuten: Mir dem für viele Österreicher erhofften Wechsel nach Deutschland hat es dann geklappt!

Ratzenböck: Es war dasselbe Format. In Wien war es sehr volatil, einmal waren die Quoten gut, einmal scheiße. Also wollte man es beenden. Dieselbe Produktionsfirma hat auch Köln 50667 gemacht und die wollten einen Österreicher ausprobieren. Dann wurden es drei Jahre.

90minuten: Quasi Red Bull Salzburg zu RB Leipzig. 

Ratzenböck: In etwa so. 

90minuten: Wie ist es, nach Deutschland zu gehen?

Ratzenböck: Es ist jedenfalls größer. Du bist 20, 21 Jahre alt, jeden Tag schaut dir eine Million Menschen zu. In der Mittagspause kannst du ohne Sicherheitsdienst nicht in den Supermarkt gehen. Das war oft nicht ohne, darum gab es ja die Psychologin. Wir mussten einmal im Monat hingehen, das ist auch notwendig, wie viele Beispiele zeigen. Aber mit 22 denkst du auch nicht weiter darüber nach als mit Mitte 30. Heute denke ich, dass es eine Wahnsinnsentscheidung war, aber ich würde dennoch wieder dort wohnen wollen. Es ist nicht schwer, dort Fuß zu fassen. Alle Österreicher, die dort gekickt haben, von Toni Polster bis Florian Kainz, fühlen sich beim FC wohl.

90minuten: Wie schwierig ist es, mit dieser Aufmerksamkeit umzugehen? Das ist in Fußball und Showbusiness ja gleich.

Ratzenböck: Bei der hohen Aufmerksamkeit muss man auf sich achten, nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf die anderen. Da reicht ein Anruf bei der Mama auch nicht aus, weil sie das nie erlebt haben. Das alles bringt auch Negatives mit sich. Gut, dass wir psychologische Unterstützung hatten, denn von alleine wäre keine von uns dorthin gegangen.

Es kommt auch immer auf das Umfeld des Vereins an.  Und selbst wenn die Stadt scheiße ist, kann der Verein noch immer richtig handeln. Wenn ich mit Fußballern rede, dann erzählen die schon auch, dass sie nicht immer gut betreut werden, außer bei Training, Physio und Essen. Es sind alle erwachsenen Menschen, aber es lastet viel Verantwortung auf den Schultern.

Der Auftakt im Brauhaus in Eferding war mit 400 Menschen gleich ausverkauft, meine Oma ist mit Dirndl in der ersten Reihe gesessen. Sie wusste zwar nicht, was das ist, wollte sich aber fesch machen.

Ratzenböck und sein Bühnendebüt

90minuten: Wobei Österreich-Deutschland noch sehr ähnlich sind.

Ratzenböck: Ich war in den letzten Jahren auch viel in den USA. Du denkst, dass die uns nahe sind, aber in Wahrheit ist uns Kairo näher. Die Amis haben einen ganz anderen Zugang.

90minuten: Mit der Rückkehr geht es zurück zum Fußball, Du wurdest, kann man so sagen, Österreichs erster "Fußballinfluencer".

Ratzenböck: Das hat am Klo eines Freundes angefangen. Wir haben uns 2014 das Spiel Niederlande gegen Spanien angeschaut. Das war das mit dem ikonischen Flugkopfball von Robin van Persie. Ich hatte einfach eine Idee und habe das Video downgeloadet und auf meiner privaten Facebook-Seite mit einem Voice-over hochgeladen. Damals gab es noch kaum Beschränkungen von solchen Inhalten und es ist abgegangen wie nur was. Am nächsten Tag haben die Leute angefangen, sich gegenseitig drunter zu markieren. Also habe ich mehr gemacht und es ist immer erfolgreicher geworden. 

90minuten: Das hat dich dann auf die Bühne gebracht.

Ratzenböck: Zwei Monate vor dem Ende in Köln hat mich eine österreichische Agentur gefragt, ob ich daraus ein Fußballkabarett machen will. Der Auftakt im Brauhaus in Eferding war mit 400 Menschen gleich ausverkauft, meine Oma ist mit Dirndl in der ersten Reihe gesessen. Sie wusste zwar nicht, was das ist, wollte sich aber fesch machen. Zwei Tage später bin ich zurück nach Köln und man informiert mich, dass mein Charakter aus der Show rausgeschrieben werde. Als ich aus dem Büro rausgehe, ruft mich die Agentur aus Österreich an: Du, wir wollen eine Tour daraus machen. Also rufe ich meine Eltern an, dass sie mir eine Wohnung in Wien suchen müssen. Von Schärding aus ging es los.

90minuten: Das war rund um die Euro 2016?

Ratzenböck: Die hat dem ganzen noch einen Schub gegeben, die erste Show war 1. September 2016. Ich habe in ganz Österreich gespielt, das war super. Der Falter hat über mich geschrieben: "Der lustigste Mann der Euro". Da stand auch, dass die in Deutschland nicht wussten, dass ich Fußballkabarett mache und die in Österreich nicht, dass ich im deutschen Vorabendprogramm auftrat.

Bei dem, was aus Cristiano Ronaldo geworden ist, greift er sich am Schädel
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Bei dem, was aus Cristiano Ronaldo geworden ist, greift er sich am Schädel

90minuten: Das hat dich dann zur Moderation und zu den Abstaubern gebracht, einer mittlerweile legendären Sendung auf Sky?

Ratzenböck: Die beiden Johannes' – Brandl und Hofer – wollten mich für die Sendung haben. Bei der Pressekonferenz wurde auch Marc Janko vorgestellt und dann wurden vier tolle Jahre daraus. Die Leute kommen jetzt noch zu mir und meinen: Du warst auf unserer Maturareise 2016 omnipräsnet mit den Videos. Das heißt, dass ich die Menschen seit bald zehn, 15 Jahren begleite.

Das ist doch schön, manche kennen mich von ATV und aus Köln, andere vom Kabarett, wieder andere aus dem Internet und von Sky. Derzeit mache ich noch viel mehr, auch Werbefilme oder bald einen Film. Ich will auch mehr auf die Bühne.

90minuten: Du hast zuletzt viel Zeit in den USA verbracht. Dort ist Unterhaltung schon viel mehr im Sport angekommen. Die Abstauber waren ja eh wie die Fußballpundits mit Herny und so weiter.

Ratzenböck: Ich mag die USA, Unterhaltung können sie. Ich habe mit King of Queens und CNN Englisch gelernt. Aber diese Sendung mit Carragher oder Henry, das ist doch wertlos. Die produzieren das nur, um provokante Snippets zu haben.

90minuten: Sind wir im Sport zu viel amerikanisiert?

Ratzenböck: Wenn man den Fußball noch retten will, dann muss man jetzt damit aufhören. Eine Halbzeitshow wie beim Football wird den Fans den Rest geben. Setzt sich irgendwer hin und will eine Eröffnungsshow sehen? Es gibt im Fußball keine Romantik mehr. Kann eh jeder selbst entscheiden, ob es gut ist, wenn Lionel Messi Apple-TV alleine finanziert oder ob es gut ist, wenn Cristiano Ronaldo mit der saudischen Delegation ins Weiße Haus fährt.

Ich mag ihn als Kicker, aber kenne ihn nicht, dennoch denke ich nicht, dass er eine Ahnung von Politik hat. Es steht in seinem Vertrag und er bekommt 100 Millionen. Der moralische Downfall von Cristiano Ronaldo wird noch studiert werden.

Infantino führt das Erbe von Blatter nicht nur weiter, sondern macht es noch schlimmer. Da werden unsere geliebten Turniere an alle Schurkenstaaten dieser Welt verkauft!

Kritik an dem, was aus dem Fußball zu werden droht

90minuten: Du und ich kennen noch den 90er-Jahre-Kick, den alten Fußball, bevor alles kommerzialisiert wurde. Was denkst du, dass die Gen Z oder Alpha dazu sagt?

Ratzenböck: Es darf nicht so weit kommen, dass man den Sport ändern muss. Die Aufmerksamkeitsspanne wird von Jahr zu Jahr geringer, sechs Sekunden, dann muss der Hook kicken. Wenn da nichts passiert, schalten die Jungen weg – die Gefahr besteht darin, dem nachzugeben. Infantino ist in dem Zusammenhang gefährlich. Er bringt eine Trophäe ins Weiße Haus, nur um sich anzubiedern. Wenn ich dort jemanden habe, den das nicht interessiert und ich mache es trotzdem, dann weiß ich, was Infantino für ein Typ ist. Er führt das Erbe von Blatter nicht nur weiter, sondern macht es noch schlimmer.

Da werden unsere geliebten Turniere an alle Schurkenstaaten dieser Welt verkauft! Ich würde ihm zutrauen, dass es nach 20, 40 und 60 Minuten eine Werbepause gibt. Nicht heute, aber die Jungen swipen herum, während wir noch gebannt auf ein paar Minuten Nachspielzeit warten. Ich habe noch Hoffnung, weil die junge Generation einen Mittelweg findet, zwischen Fußballgenießen und dem modernen Kick mit zwei Instagram-Snippets vor dem Einlaufen. Wenn das nicht passiert, wird der Fußball untergehen.

90minuten: Gibt es einen Punkt, an dem du sagen würdest: Ich will da nicht mehr mitverdienen?

Ratzenböck: Ich arbeite für einen Pay-TV-Sender. Aber langfristig sollte man sich auf ein Modell mit weniger Abos für den Verbraucher ändern, sonst befürchte ich, wird es den Leuten zu viel - mir auch.

90minuten: Wir danken für das Gespräch!


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