Trotz Kritik: Warum der TSV Hartberg mit seinem Trikot eigene Wege geht
Foto © 11teamsports | TSV Hartberg

Trotz Kritik: Warum der TSV Hartberg mit seinem Trikot eigene Wege geht

Im Internet hat der TSV Hartberg mit seinem Trikot wieder einmal für Aufmerksamkeit gesorgt. Warum verkaufen die Steirer beinahe jeden Millimeter Stoff und was springt dabei für den Verein heraus? 90minuten hat nachgefragt.

Für einige Tage - vielleicht sogar eine Woche - im Jahr ist der TSV Hartberg weltberühmt. Dann sind die Steirer von Deutschland bis in die USA großes Thema in sozialen Medien, ohne dafür einen Euro investieren zu müssen. Im Gegenteil: Diskutiert wird über eine Methode, mit der sich der Verein den Spielbetrieb teilfinanziert.

Über 30 Logos

Die Hartberg-Trikots für die Saison 2025/26 sind schlicht gehalten: Die Heim-Garnitur ist gänzlich in Blau gehalten, jene für Auswärtsspiele ist weiß. Während andere Vereine sich darum bemühen, mit bestimmten Mustern Verbundenheit zur Region zum Ausdruck zu bringen oder mit aufwändigen Designs die Verkaufszahlen in die Höhe zu treiben, dient der Stoff hier eher als Hintergrund - zu sehen ist davon ohnehin nicht allzu viel.


Zählt man das Vereinswappen, Bundesligalogo und den Ausrüster mit, finden sich über 30 Aufdrucke auf Trikot, Hose und Stutzen. 20 Unternehmen werden präsentiert, einige davon gleich mehrfach. "Wir zählen nicht", heißt es dazu vom Verein.

"Mehr Sponsoren bedeuten mehr Geld"

Wie der TSV Hartberg gegenüber 90minuten erklärt, ist die aktuelle Lösung ohnehin alternativlos. Ohne einer Platzierung auf dem Trikot käme der eine oder andere Sponsoren-Deal wohl nicht zustande, darauf könne man nicht verzichten. Fest steht, dass alle Unternehmen, die auf dem Trikot vertreten sind, dafür Geld bezahlen. Wie groß der Anteil der Arbeitskleidung an den Gesamteinnahmen aus Sponsorings ist, kann der Verein nicht beziffern - eine vorsichtige Schätzung geht in Richtung 30 Prozent. In der Regel werden Pakete geschnürt, die Unternehmen werden auch auf LED-Banden, der Interviewwand oder Trainer Manfred Schmid präsentiert.

Wir sind nicht von einem Sponsor abhängig. Sollte einer ausfallen, passiert uns nichts.

TSV Hartberg

"Mehr Sponsoren bedeuten bei uns mehr Geld", lautet die Devise in Hartberg. Auch wenn der Verein keine Zahlen nennen möchte, lässt sich der finanzielle Rahmen bei vielen Partnern auf einen fünfstelligen Bereich abschätzen. Mehrere hunderttausend Euro oder noch mehr, wie bei anderen Vereinen, legt in der Oststeiermark niemand auf den Tisch.

Einen wesentlichen Vorteil hat das praktizierte Modell: "Wir sind nicht von einem Sponsor abhängig. Sollte einer ausfallen, passiert uns nichts", erklärt der TSV.

Liga-Spitzenreiter

Vor 15 Jahren waren Trikot, Hose und Stutzen noch vergleichsweise leer. Acht Sponsoren haben Platz gefunden, fünf Jahre später waren es 14. Der Bundesliga-Aufstieg ist dem TSV in der Saison 2017/18 mit 18 Logos auf der Arbeitskleidung gelungen, in der Saison 2024/25 waren es bereits 22. Hartberg betont allerdings, diese Entwicklung nicht absichtlich vorangetrieben zu haben, um Aufmerksamkeit zu generieren. Es habe sich einfach so ergeben.

Im Ligavergleich liegt der TSV Hartberg wenig überraschend an der Spitze. 11,8 Logos haben die Bundesligaklubs im Schnitt auf ihrer Feldspieler-Ausrüstung für Heimspiele - nicht mitgezählt sind in diesem Fall die Embleme von Ausrüster und Bundesliga. Die Bandbreite fällt dabei relativ umfassend aus: Red Bull Salzburg setzt mit drei Stück den Tiefstwert, dann folgt die WSG Tirol mit sechs.

Über 20 Logos finden sich auf dem Trikot, der Hose und den Stutzen des LASK, wobei sie mehrheitlich kompakter ausfallen, als in Hartberg. Den Rekord für die meisten Platzierungen eines einzelnen Sponsors liefert 2025/26 die Wiener Austria, auf deren Trikot und Hose die Wien Holding insgesamt 10 Mal zu sehen ist.

Regionales Netzwerk

Gehässige Kommentare über das Trikot - wie "Litfaßsäule" oder "Werbewand" - nimmt man in Hartberg gerne in Kauf. Pressesprecher Roland Puchas sagt: "Dass sich die eine oder andere Person darüber lustig macht, ist uns eigentlich egal. Dadurch haben wir auch Aufmerksamkeit gewonnen, das Trikot hat schon ein bisschen Kultstatus."

Dass sich die eine oder andere Person darüber lustig macht, ist uns eigentlich egal.

Hartberg-Pressesprecher Roland Puchas

Das Feedback aus dem Umfeld sei positiv ausgefallen, die Gestaltung habe auch niemanden überrascht. "In der Region wissen alle, dass sie in Hartberg keinen Bundesliga-Fußball sehen würden, wenn wir die Sponsoren nicht hätten."

Bemerkenswert ist, wie gut es dem Verein gelungen ist, die Wirtschaft im unmittelbaren Umfeld für Kooperationen zu gewinnen. 16 der 20 Unternehmen, die von den Spielern über den Platz getragen werden, stammen aus der Steiermark. Die anderen vier sind in Wien, Wels, Linz und Gumpoldskirchen angesiedelt. Sechs von ihnen haben ihren Hauptsitz sogar direkt in Hartberg. Im Schnitt liegen zwischen den Firmenzentralen und dem Stadion nur 57 Kilometer.

"Zu Beginn ein bisschen befremdlich"

Kritik aus den eigenen Reihen gibt es keine. Trainer Manfred Schmid meint: "Zu Beginn war es für mich schon ein bisschen befremdlich, jetzt finde ich es toll." Kapitän Jürgen Heil sieht die gewonnene Reichweite positiv: "Ich finde es schon interessant, wenn ich Instagram aufmache und mich hin und wieder selbst herauslachen sehe." Ein bisschen Spott vom einen oder anderen Kollegen gibt es zwar, offiziell zugeben will das aber niemand.

Auch Präsidentin Brigitte Annerl, deren Unternehmen mit drei unterschiedlichen Produkten auf dem Trikot wirbt, nimmt die öffentlichen Diskussionen mit Humor: "Wir überlegen schon, was wir nächstes Jahr weglassen, um Platz zu schaffen - die Nummer oder den Namen."



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