Vier Zweitvertretungen: Wie schlimm ist das, liebe LigaZwa-Klubs?
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Vier Zweitvertretungen: Wie schlimm ist das, liebe LigaZwa-Klubs?

Austria, Sturm und Rapid II sowie Kooperationsverein Liefering sind vier Klubs mit Sonderstatus. Wie denkt man in der 2. Liga über so viel Konkurrenz mit anderen Möglichkeiten?

Amateurteams sind ein ständiges Thema im Fußball, mit verschiedensten Ansätzen. In Deutschland dürfen sie in der dritten Liga spielen, in Spanien in der zweiten. Italien und England setzen auf Nachwuchsmeisterschaften. Österreich erlaubt drei Amateurteams in Liga Zwa.

Allerdings unterhält der Red-Bull-Konzern mit Liefering einen Kooperationsverein zwischen Akademie und Red Bull Salzburg. Das ist von den Ligabestimmungen her in Ordnung.

Macht also vier Mannschaften, bei denen – bei letzteren beiden mit Beschränkungen – Spieler verschoben werden können.

Damit müssen die anderen Vereine umgehen lernen. Schließlich hat eine zweite Liga eben ein gewisses Niveau, und Akademiespieler der größten Klubs des Landes oder auch Spieler mit deutlich mehr Potenzial können den Wettbewerb verzerren.

So kann es sein, dass ein Abstiegskandidat das Hinspiel im Herbst gewinnt, in der heißen Phase des Abstiegskampfs dann aber auch einmal Bundesligaspieler auflaufen. Doch wie bewerten die betroffenen Vereine diese Situation tatsächlich?

Ein Zweierderby zwischen SCR und FAK. So stellt man sich Zweitvertretungsduelle vor
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Ein Zweierderby zwischen SCR und FAK. So stellt man sich Zweitvertretungsduelle vor

Sportliche Vorteile?

90minuten hat sich umgehört und nicht nur erfragt, ob es schlecht sei, dass die Zweitteams teilnehmen, sondern auch, ob es positive Aspekte gibt. Rene Swete, Sportdirektor bei Aufsteiger Hertha Wels, meint etwa: "Ich sehe es einerseits positiv, da es als Möglichkeit gesehen werden kann, jungen, talentierten Spielern eine höchstmögliche Plattform zu bieten und den Einstieg in den professionellen Fußball zu ermöglichen."

Thomas Gebauer, Sportdirektor von SKU Amstetten, meint: "Grundsätzlich stehen wir diesem Thema recht neutral gegenüber, da die Ligastruktur so beschlossen wurde und somit jeder Verein zu Recht (durch sportlichen Aufstieg) in dieser Liga vertreten ist."

Die Teilnahme dieser Mannschaften ist aus Sicht von Austria Lustenau ein zweischneidiges Schwert, wie Vorstandssprecher Bernd Bösch meint: "Die 2. Liga bietet den jungen Spielern dieser Teams eine hochwertige Plattform, um sich auf professionellem Niveau zu entwickeln. Das ist sportlich sicher ein Gewinn für die Spieler." Es gibt also Vorteile?

In unserer Situation freut sich der eine oder andere, da wir dadurch womöglich unter anderem im Weststadion und im neuen Stadion von Austria Wien spielen können.

David Rettenbacher, Austria Salzburg

Emotionaler, professioneller, finanzieller Nutzen

Einen interessanten Aspekt bringt just Austria Salzburgs Vorstandsmitglied David Rettenbacher. So gebe es für den Traditionsverein "in unserer aktuellen Situation natürlich auch den einen oder anderen, der sich freut, dass solche Teams auch in der Liga vertreten sind, da wir dadurch womöglich unter anderem im Weststadion und im neuen Stadion von Austria Wien spielen können."

"Positiv sei erwähnt, dass alle genannten Mannschaften durch Ihre Akademien bessere Infrastruktur und Professionalität für die Entwicklung junger Spieler mitbringen, von der auch andere Teams profitieren können", meint Gebauer, "Die Spieler dieser Vereine sind oftmals besser ausgebildet und alle Vereine profitieren dann von den besseren Gegnern."

Hinzu kommt für FAC-Wirtschaftsgeschäftsführer Stefan Krainz, dass durch drei Amateurmannschaften und Kooperationsmannschaften vier Teams automatisch nicht an Bundesliga-Geldern partizipieren: "Dies führt wiederum zu Mehreinnahmen für die verbleibenden Mannschaften der 2. Liga." Umgekehrt sind die Amateure für die Fans wenig attraktiv. 

Die Zuschauerzahlen sind ehrlicherweise in vielen Liga Zwa-Stadien ausbaufähig
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Die Zuschauerzahlen sind ehrlicherweise in vielen Liga Zwa-Stadien ausbaufähig

Wirtschaftliche Nachteile

"Spiele gegen Zweitvertretungen ziehen in der Regel deutlich weniger Zuschauer an. Das hat nicht nur finanzielle Auswirkungen, sondern betrifft auch die Atmosphäre und das emotionale Interesse rund um die Liga", stellt Bösch klar.

Krainz rechnet differenzierter: "Naturgemäß sind unsere Duelle gegen die zweiten Mannschaften bzw. Kooperationsvereine schlechter besucht als jene gegen andere 2. Liga-Traditionsvereine. Allerdings haben wir hier als FAC vermutlich den Vorteil, dass es hier für uns zumindest zu zwei 'Stadt-Duellen' mit Austria und Rapid kommt, die wiederum absolut unserem Zuschauerschnitt entsprechen. Die anderen drei Duelle liegen klar unter dem Schnitt."

Geringeres Interesse registriert man auch in Amstetten. Immerhin: Für Wels zogen die Spiele in der Regionalliga Mitte "keine Zuschauer" an, in der 2. Liga wenigstens da und dort welche.

Die Amateur-Mannschaften unterliegen jährlich enormen Leistungsschwankungen. Es ist daher oft glückliche Fügung, in welcher Besetzung man eine Amateur- oder Kooperationsmannschaft als Gegner bekommt.

Stefan Krainz, FAC

"Wettbewerbsverzerrungen"

Nun sind wir schon beim Hauptaspekt, nämlich dass Zweitvertretungen eine andere Aufgabe haben als eine Einsermannschaft. "Aus sportlicher Sicht sprechen wir uns gegen Zweitvertretungen in allen Spielklassen aus", meint Rettenbacher, der derartige Praktiken aus unteren Klassen kennt:

"Vor allem im Amateurbereich kommt es hier laufend zu unsportlichen Eingriffen auf den Meisterschaftsverlauf." Das bestätigt auch Swete, der das 'Hinunterziehen' von Spielern aus der ersten Mannschaft ebenfalls kritisch sieht. Und damit müssen sich auch die Zweitligisten auseinander setzen.

Oder, wie man es in Amstetten auf den Punkt bringt: "An einem Spieltag spielt man gefühlt gegen eine U18, am anderen gegen eine Mannschaft mit gestandenen Bundesligaspielern."

Fans lieben es, sich mit Traditionsvereinen zu messen
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Fans lieben es, sich mit Traditionsvereinen zu messen

Viel Erfahrung damit hat man bei den langjährigen Zweitligisten FAC und Austria Lustenau. "Die Amateur-Mannschaften unterliegen jährlich enormen Leistungsschwankungen. Zum einen durch ihr junges Alter, zum anderen aber vor allem auch durch die teils unterschiedliche, personelle Besetzung, die sich aus dem Verschieben zwischen erster und zweiter Mannschaft ergeben kann. Es ist daher oft glückliche Fügung, in welcher Besetzung man eine Amateur- oder Kooperationsmannschaft als Gegner bekommt", sagt Krainz.

Dies kann durchaus zu Wettbewerbsvor- oder -nachteilen führen und wird "auch von uns kritisch gesehen", meint er weiter. "Wettbewerbsverzerrungen" nennt es Bösch.

Perspektivische Probleme

Krainz spricht noch ein Thema an, das auf den ersten Blick nicht so auffällig ist: "Vor der Liga-Reform konnte unser FAC auf viele junge Spieler aus der Austria- und Rapid-Akademie zurückgreifen, die in Wien noch bei ihren Eltern wohnten; oft auch als Leihspieler. Das ist heute kaum mehr möglich, da alle Spieler mit Potenzial eben bei ihren eigenen 2. Liga-Vertretungen spielen."

Würde man uns fragen, würden wir uns lieber einen traditionsreichen Klub als eine Zweitvertretung in der Liga wünschen – solche Vereine beleben die Liga nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich und atmosphärisch.

Bernd Bösch, Austria Lustenau

Eine Thematik, die mit Abstrichen auch für weitere Ballungsräume wie Graz, Linz und Salzburg gelten kann. So werde es für die "verbleibenden Mannschaften der 2. Liga zunehmend schwierig, junge, österreichische Talente, die wiederum auch kostengünstiger sind, unter Vertrag zu nehmen."

Pragmatismus gefragt

"Würde man uns fragen, würden wir uns lieber einen traditionsreichen Klub als eine Zweitvertretung in der Liga wünschen – solche Vereine beleben die Liga nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich und atmosphärisch", fasst Bösch zusammen.

Ein hehrer Wunsch, aber es gibt wohl sonst aktuell kaum 16 eigenständige Vereine, die 2. Liga spielen können. Und die besten Talente müssen wohl auch so weit oben wie nur irgendwie möglich spielen. Da hat nicht nur Vor- und Nachteile.

Und dass es europaweit keine einheitliche Regelung gibt, zeigt auch, dass es ein Thema ist, das noch keine gute Lösung hat.


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