
Europa Cup: Sturm Graz betritt gegen Ajax Amsterdam Neuland
Sturm Graz betritt am Donnerstag Neuland: Gemeint ist nicht Amsterdam, sondern der UEFA Women's Europa Cup. Im neuen Schwesternbewerb der Women's Champions League müssen die Steirerinnen an Ajax vorbei. 90minuten erklärt, was auf uns zukommt.
Bevor das Männer-Team von Sturm Graz in rund zwei Wochen in die Ligaphase der Europa League startet, wird es für die Frauen auf internationalem Boden ernst. Dass es dazu kommt, war so eigentlich gar nicht eingeplant. "Wir haben erst im Winter erfahren, dass dieser Bewerb fix eingeführt wird", erklärt Sportdirektor Michael Erlitz und meint damit den UEFA Women’s Europa Cup.
Wem jetzt nicht sofort bewusst sein sollte, worum es sich dabei handelt, sei verziehen. "Bis zur Auslosung war auch uns nicht wirklich klar, wie alles genau ablaufen wird", führt der 28-Jährige weiter aus.

Alles neu und komplett anders
Als Tabellendritter der abgelaufenen Bundesliga-Saison steigt Sturm in der ersten von zwei Qualifikationsrunden ein. Selbst wenn es für die Grazerinnen danach nicht mehr weitergeht, bleibt der Bewerb aus österreichischer Sicht relevant: Verpassen Austria Wien oder der SKN St. Pölten den Sprung in die Ligaphase der Champions League, wechseln sie in die Women's-Europa-Cup-Quali.
Ausgetragen wird die Hauptrunde ab Mitte November als K.o.-Turnier mit 16 teilnehmenden Teams. Das Finale wird, wie alle anderen Etappen, in Hin- und Rückspiel entschieden.
"Es fühlt sich im Grunde so an, als ob wir die Gruppenphase schon hinter uns hätten und mitten im Turnier stehen. Nach der Qualifikation läuft ja alles im selben Rhythmus weiter", sagt Erlitz im Gespräch mit 90minuten.
Finanziell in den Kinderschuhen
Großes Geld gibt es im UEFA Women's Europa Cup nicht zu holen, was angesichts des derzeit noch stark limitierten Bekanntheitsgrades logisch erscheint, weil darunter auch die Vermarktung leidet. Im ersten Jahr - das wohl auch als Test funktionieren soll - ist das kein großes Problem, mittelfristig muss hier aber nachgebessert werden, wenn sich der Bewerb finanziell lohnen soll.
Einen Großteil der Einnahmen verwenden wir, um unsere Kosten zu decken.
Michael Erlitz bilanziert: "Einen Großteil der Einnahmen verwenden wir, um unsere Kosten zu decken. Neben den Reisekosten für Amsterdam gibt es ein Heimspiel zu organisieren, da fallen Miete, Sicherheit und einige weitere Dinge an. Für uns geht es darum, uns international zu präsentieren und zu vergleichen."
Für die Teilnahme an der ersten Qualifikationsrunde erhält Sturm Graz insgesamt rund 60.000 Euro. Für jede weitere Runde käme ein fünfstelliger Betrag dazu, der im Verlauf immer weiter ansteigt. Sollte es einem Team gelingen, von der ersten Quali-Runde über zwölf Partien bis zum Turniersieg durchzumarschieren, hätte es am Ende rund 420.000 Euro in der Tasche.
(K)ein Vergleich zur Champions League
Die Schere zur Champions League klafft aktuell weit auseinander: Alleine für eine Ligaphasen-Teilnahme gibt es eine halbe Million Startgeld, dazu kommen leistungsabhängige Boni und sechsstellige Beträge pro weiterer Runde. Auch in der Qualifikation wird üppig ausbezahlt: Austria (mind. 288.000 Euro) und SKN (mind. 230.000 Euro) dürfen sich bereits jetzt über einen gesicherten kleinen Geldregen freuen.
Insgesamt schüttet die UEFA im Women's Europa Cup rund 5,5 Millionen Euro aus. Alleine das Startgeld für die Ligaphase der Champions League kommt auf neun Millionen Euro.

Harter Brocken zum Start
Auch die Auslosung der Qualifikation wurde im Kleinformat abgehalten - die Teams haben sie nicht persönlich, sondern im Livestream verfolgt. Sturm Graz trifft am 11. September (19:30) zuerst auswärts, dann in der Heimat auf Ajax Amsterdam - das Spiel wird im Livestream auf YouTube und der Homepage der Niederländerinnen übertragen.
"Es ist sportlich definitiv das härteste Los, das wir erwischen hätten können. Sie haben die Favoritenrolle, wir werden natürlich unser Bestes versuchen", sagt der Sportdirektor und ergänzt: "Natürlich sind wir schon in einem gewissen Flow, aber Ajax hat viel Qualität und Erfahrung. Was ihnen zusätzlich in die Karten spielt, ist, dass Ajax das nächste Ligaspiel verschieben konnte und am Wochenende frei hat. Für uns werden es zwei intensive Wochen."
Es ist sportlich definitiv das härteste Los, das wir erwischen hätten können.
Sturm Graz spielt am Sonntag gegen die Wiener Austria, über eine Verschiebung konnte keine Einigung erzielt werden.
Die letztjährigen Tabellendritten der Niederlande sind am vergangenen Wochenende mit einem Kantersieg in den Ligabetrieb gestartet und haben einige A- und Nachwuchsteamspielerinnen im Kader. Die Qualität von Ajax reicht zwar nicht für das höchste Regal neben Barcelona, Chelsea oder Bayern München, jedenfalls aber für das nachfolgende.
Auch Sturm muss sich nicht verstecken: Die Steirerinnen haben drei der ersten vier Ligaspiele gewonnen, nur gegen den SKN hat es knapp nicht gereicht.

Voller Fokus auf Fußball
Rechtzeitig vor dem Abflug in Richtung Niederlande am Mittwoch wurde auch der Austragungsort für das Heimspiel am 18. September (15:30) festgelegt: Die Wunschlösung des Trainerteams, das Stadion in Bad Schwanberg, hat sich durchgesetzt und die UEFA-Genehmigung erhalten. Auch die Merkur Arena war im Gespräch, diese Idee wurde aber wieder verworfen.
Es ist das erste Europacupspiel auf eigenem Boden seit Jahren, was dem System der Champions-League Qualifikation geschuldet ist. Der Aufstieg wird in Mini-Turnieren ausgetragen, die von jeweils einem teilnehmenden Verein organisiert werden. "Wir haben uns dafür nie beworben, weil wir den Mädels Auswärtsreisen zu Real Madrid oder Twente ermöglichen wollten", meint Erlitz.
Wir können inzwischen sagen, dass der Großteil des Teams aus 'Profis' besteht.
Dass Sturm zwei Nächte in Amsterdam verbringen kann, unterstreicht, welche Fortschritte der Verein gemacht hat. "Einige wenige Spielerinnen arbeiten nebenbei, sie konnten sich aber rechtzeitig freinehmen. Wir können inzwischen sagen, dass der Großteil des Teams aus 'Profis' besteht. Über diesen Begriff kann man natürlich diskutieren, sie können sich aber jedenfalls hauptberuflich auf Fußball konzentrieren."
Auch hinter den Kulissen hat sich viel weiterentwickelt: "Wir haben unsere komplette Abteilung umstrukturiert. Es gibt ein neues Management, einen neuen Trainer, neue Spielerinnen und eine neue Philosophie. Bis das wirklich zu greifen beginnt, braucht es Zeit", so der Sportdirektor. Mit dem dritten Platz im Vorjahr ist er angesichts dessen zufrieden, hadert aber noch ein bisschen: "Hätten wir - wie ursprünglich geplant - eine Punkteteilung in der Bundesliga gehabt, hätten wir sogar in der Champions-League-Qualifikation spielen können."

Österreich auf dem Schleudersitz
Im Zuge der Champions-League-Reform, die jetzt - wie bei den Männern - auf ein Ligaformat umgestellt ist, wurde schon im Sommer 2024 ein zweites Turnier angekündigt. So soll der Pool an teilnehmenden Nationen vergrößert werden, europäischer Frauenfußball war bisher eine relativ geschlossene Gesellschaft.
Anteile an Women's-Champions-League-Gruppenphasen:
Neben jenen Klubs, die aus der Champions League in den Europa Cup absteigen, erhalten zwölf Teams direkt Tickets für die Qualifikation. Fixstarterinnen im Haupt-K.o.-Bewerb gibt es nicht. Damit sind auch kleinere Verbände wie Zypern oder Kasachstan europäisch künftig mit zwei Vereinen vertreten, andere bekommen einen dritten dazu.
In der Fünfjahreswertung bei den Frauen liegt Österreich aktuell auf dem zwölften Platz und damit nur knapp vor der Schweiz auf dem Schleudersitz. Bei einer schlechten Performance in den europäischen Bewerben wäre der dritte Startplatz schnell wieder weg. Die Staffelung der Punkte funktioniert ähnlich wie bei den Männern, die Champions League ist bei der Berechnung deutlich mehr wert und wird letztlich in der Fünfjahreswertung den Ausschlag geben.