
Blamagen, Enttäuschungen - die traurigen 90er
Die Fußball-Weltmeisterschaft 1990 war für Österreich eine verpasste Chance – das Achtelfinale lag in Reichweite, wurde jedoch nicht erreicht. Doch was danach folgte, war eine sportlich noch trostlosere Phase mit mehreren verpassten Qualifikationen.
Heutzutage sind Teilnahmen an Großereignissen leichter zu erreichen. Das zeigen die aufgestockten Endrunden bzw. der Blick auf die laufende WM-Qualifikation und welche Gegner auf Österreich warten. Und natürlich die Existenz der Nations League als zweitem (oder drittem) Weg zu einem Großereignis.
Dieser Text widmet sich den Qualifikationen bzw. Ländermatches zwischen der letztlich verhauten Weltmeisterschaft 1990 und der Endrunde 1998 in Frankreich. Eine, sagen wir, maue Zeit für den heimischen Fußball.
Es wurde noch schlimmer, kann man durchaus anmerken. Diese acht Jahre ohne Großereignis sind kürzer als die zehn Jahre bis zur Heim-Euro, bei der man nur dabei war, weil man sie eben ausrichtete. Insgesamt dauerte es zwischen der sportlichen Qualifikation 1998 bis ins Jahr 2016, bis Österreich wieder gut genug war, um sich zu qualifizieren.
Nur: Das konnte damals niemand wissen.
Blamage in Landskrona und noch mehr Enttäuschungen - EM-Quali 1992

Platz | Land | Siege | Unent. | Niederl. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|
1. | Jugoslawien | 7 | 0 | 1 | 14:2 |
2. | Dänemark | 6 | 1 | 1 | 13:3 |
3. | Nordirland | 2 | 3 | 3 | 7:9 |
4. | Österreich | 1 | 1 | 6 | 3:13 |
5. | Färöer | 1 | 1 | 6 | 3:13 |
Nach dem bitteren WM-Aus hielt der ÖFB noch an Josef Hickersberger fest. Im August 1990 spielte Österreich daheim gegen die Schweiz, die Eidgenossen gewannen nach Andi Ogris' 1.000 Teamtor zum 1:0 in Durchgang eins am Ende noch mit 3:1. Es wurde nur schlimmer. Der Auftakt zur EM-Quali 1992, bei dem der Gruppensieg notwendig war, ging in Landskrona gegen die Färöer denkwürdig mit 0:1 verloren – über dieses Spiel ist wohl alles gesagt.
Hicke war seinen Job los, Alfred Riedl übernahm. Doch auch er war glücklos. Die damals noch als eine Nation kickenden Jugoslawen gewannen wieder nach einem Ogris-1:0 in Belgrad mit 4:1. Daheim kam die Riedl-Elf in den nächsten zwei Spielen gegen Nordirland (EM-Quali) und Norwegen (Freundschaft) nicht über torlose Unentschieden hinaus. Bei einem Freundschaftsspiel in Schweden kam man mit 0:6 unter die Räder. Immerhin konnten die Färöer daheim in Salzburg-Lehen 3:0 geschlagen werden.
Gegen Dänemark, das als Gruppenzweiter das zerfallende und ausgeschlossene Jugoslawien ersetzte und sensationell Europameister wurde, wurden beide Spiele verloren. Vor dem 0:3 im Prater – Riedls letztes Spiel - erspielte man sich noch ein 1:1 in Portugal. Didi Constantini übernahm interimistisch, verlor aber die letzten beiden Quali-Spiele in Belfast und Wien gegen Nordirland und Jugoslawien.
Die Quali-Spiele im Überblick:
12.09.1990 | Färöer | Österreich | 1:0 |
31.10.1990 | Jugoslawien | Österreich | 4:1 |
14.11.1990 | Österreich | Nordirland | 0:0 |
22.05.1991 | Österreich | Färöer | 3:0 |
05.06.1991 | Dänemark | Österreich | 2:1 |
09.10.1991 | Österreich | Dänemark | 0:3 |
16.10.1991 | Nordirland | Österreich | 2:1 |
13.11.1991 | Österreich | Jugoslawien | 0:2 |
Zu schwach für die USA - WM-Quali 1994

Platz | Land | Siege | Unent. | Niederl. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|
1. | Schweden | 7 | 1 | 2 | 15:5 |
2. | Bulgarien | 6 | 2 | 2 | 14:6 |
3. | Frankreich | 6 | 1 | 3 | 13:7 |
4. | Österreich | 2 | 4 | 4 | 8:12 |
5. | Finnland | 2 | 1 | 7 | 5:15 |
6. | Israel | 1 | 3 | 6 | 5:15 |
Der Auftakt zur WM-Qualifikation 1994 erfolgte unter Ernst Happel. Der gesundheitlich schon angeschlagene "Wödmasta" startete mit einem 1:2 gegen Ungarn in Budapest.
In den darauffolgenden Freundschaftsspielen gelang lediglich ein klarer Sieg gegen Litauen (4:0). Die übrigen Spiele gegen Wales, Polen, die Niederlande und Portugal endeten entweder remis oder mit Niederlagen.
Der Start in die WM-Qualifikation erfolgte in Frankreich – eine denkbar schwierige Aufgabe. Das Team unterlag mit 0:2.
Im letzten Spiel unter Happel feierte Österreich einen 5:2-Heimsieg gegen Israel – ein kleiner Lichtblick zum Abschied des verdienstvollen Trainers.
Constantini übernahm wieder interimistisch und trotzte Deutschland in einem Test ein 0:0 ab. Danach sollte Herbert Prohaska Österreich zur WM bringen. Nach einem freundschaftlichen 2:1 gegen die Griechen schaffte er aber nur noch zwei Siege gegen Bulgarien und Finnland, während drei Spiele verloren gingen und nach zwei Remis zum Abschluss in Israel und gegen Schweden war Österreich als Gruppenvierter letztlich meilenweit von einer Quali entfernt.
Ein Trostpflaster: Schweden und Bulgarien, die beiden Gruppensieger, schafften es ins Spiel um Platz drei, das letztlich die Schweden für sich entschieden. Der ÖFB schenkte Prohaska indes das Vertrauen.
Die Quali-Spiele im Überblick:
14.10.92 | Frankreich | Österreich | 2:0 |
28.10.92 | Österreich | Israel | 5:2 |
27.03.93 | Österreich | Frankreich | 0:1 |
14.04.93 | Österreich | Bulgarien | 3:1 |
13.05.93 | Finnland | Österreich | 3:1 |
19.05.93 | Schweden | Österreich | 1:0 |
08.09.93 | Österreich | Finnland | 1:1 |
13.10.93 | Bulgarien | Österreich | 4:1 |
27.10.93 | Israel | Österreich | 1:1 |
10.11.93 | Österreich | Schweden | 1:1 |
It's not coming home - EM-Quali 1996

Platz | Land | Siege | Unent. | Niederl. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|
1. | Portugal | 7 | 2 | 1 | 23 |
2. | Irland | 5 | 2 | 3 | 17 |
3. | Nordirland | 5 | 2 | 3 | 17 |
4. | Österreich | 5 | 1 | 4 | 16 |
5. | Lettland | 4 | 0 | 6 | 12 |
6. | Liechtenstein | 0 | 1 | 9 | 1 |
Wieder war Österreich zum Testen verdammt, während des Rest des Kontinents Vorbereitungsspiele auf die WM-Endrunde bestritt. Und auch das machte man schlichtweg schlecht. Nach einem März-Remis gegen Ungarn verlor man in Wien gegen Schottland, ehe zumindest in Polen ein 4:3-Sieg gelang. Jede mögliche EM-Euphorie wurde von Deutschland (1:5 in Wien) und Russland (0:3, erstes Spiel gegen Russland, einziges im alten Wörtherseestadion) erschlagen.
In der EM-Quali gab sich Österreich kalt/warm. Nach einem Sieg in Liechtenstein im ersten Länderspiel setzte es eine Heimniederlage gegen Nordirland. Dabei wäre das schon ein Muss-Sieg gewesen. In Portugal zu verlieren, war keine Schande. Lettland, Liechtenstein und Irland wurden im Frühjahr 1995 klar geschlagen.
Der Dämpfer folgte im Sommer in Lettland. In Riga verlor man mit 2:3. Irland (3:1) und Portugal (1:1) gaben Hoffnung. In Nordirland hätte man am letzten Spieltag noch den Sprung auf Rang zwei schaffen können, schoss sogar fünf Tore. Die Nordiren aber drei. Am Ende fuhr keines der beiden Länder nach England.
Die Quali-Spiele im Überblick:
07.09.1994 | Liechtenstein | Österreich | 0:4 |
12.10.1994 | Österreich | Nordirland | 1:2 |
13.11.1994 | Portugal | Österreich | 1:0 |
29.03.1995 | Österreich | Lettland | 5:0 |
26.04.1995 | Österreich | Liechtenstein | 7:0 |
11.06.1995 | Irland | Österreich | 1:3 |
16.08.1995 | Lettland | Österreich | 3:2 |
06.09.1995 | Österreich | Irland | 3:1 |
11.10.1995 | Österreich | Portugal | 1:1 |
15.11.1995 | Nordirland | Österreich | 5:3 |
Frankreich - und dann war der Ofen aus
Mitte der 1990er sorgten Austria Salzburg und Rapid Wien mit ihren Finalteilnahmen im UEFA-Cup und Europacup der Pokalsieger für internationale Aufmerksamkeit. Diese Leistungen spiegelten sich auch in der Nationalmannschaft wider.
In der Qualifikation für die WM 1998 profitierte Österreich von einer relativ dankbaren Gruppe mit Schottland, Schweden, Lettland, Estland und Belarus. Zwar verlor man Punkte gegen Schottland, doch in den entscheidenden Spielen gegen Schweden war Andi Herzog zur Stelle.
Die Qualifikation für Frankreich war geschafft. Doch bei der Endrunde kam das Aus bereits in der Vorrunde – gegen Italien, Chile und Kamerun. Immerhin erzielte Österreich in jedem Spiel einen Treffer, jeweils in der Nachspielzeit.
Verschlafene Entwicklungen
Summa summarum hatten aber sowohl der Fußballbund als auch die Vereinsbosse viele Entwicklungen verschlafen und die Erfolge nicht nachhaltig genutzt. Österreichs Klubfußball wurde von vielen Legionären überschwemmt, Legionäre mussten die Teamchefs mit der Lupe suchen und dann waren sie – Pogatetz, Scharner – auch noch "goschat". Finanzielle Großmannsucht trieb die Klubs zudem reihenweise in die Zahlungsunfähigkeit. Heute undenkbare Geschäftspraxen wurden nach und nach vom Gesetzgeber unterbunden.
Erst nach und nach sorgten Österreicher-Topf und Lizenzierung für Entspannung. An den Schalthebeln der Fußballmacht saßen da die Helden der WM 1990 und der folgenden Jahre. Denn die 90er- und die 98er-WM sind zudem eng verbunden. Nicht so sehr wegen der sechs Kicker und dem in Italien als Maskottchen anwesenden und späteren Trainers Herbert Prohaska.
Es war schlichtweg eine Fußballergeneration. Mario Haas war als 74-er-Jahrgang der jüngste Kaderspieler bei der WM 1998, damit lediglich fünf Jahre jünger als der jüngste Kicker 1990, Michael Baur.

Prägende Generation
Selbst der älteste 90er-Kicker, Keeper Klaus Lindenberger, war gerade einmal 41 Jahre und damit vier Jahre älter als der 98er-Ersatzkeeper Wolfgang Knaller. Zum Vergleich: Zwischen den EMS 2016 und 2024 liegen personell Welten, es drängen mittlerweile ständig Kicker nach. Lediglich Marko Arnautović, Marcel Sabitzer und Heinz Lindner waren in beiden Kadern (David Alaba war verletzt).
Ein paar Beispiele zur Verbundenheit: Toni Pfeffer kickte noch beim 0:9 in Spanien im Jahr 1999, Andi Herzog absolvierte sein finales 103. Länderspiel im Jahr 2003, Heimo Pfeifenberger war noch 2003/04 Bundesliga-Stammspieler. Und auch als Trainer oder Funktionäre blieben sie dem Fußball erhalten, schlag nach bei Kurt Russ, Alfred Hörtnagl oder Heimo Pfeifenberger.
Obwohl vom 90er-WM-Kader erst Klaus Lindenberger das gesetzliche Pensionsalter erreicht hat, ist mit Peter Schöttel heute nur noch einer der damaligen Kicker in der ersten Reihe des heimischen Fußballs. Viel besser schaut es bei den 98ern aber auch nicht aus. Neben Schöttel sind heute nur noch Didi Kühbauer, Markus Schopp und Peter Stöger in der ersten Reihe tätig.
Natürlich hat sich der eine oder andere (noch lebende) komplett aus dem Fußball zurückgezogen. Robert Pecl ist etwa seit 2003 im Sales tätig, der 98er Wolfgang Feiersinger übernahm zwischenzeitlich eine Almhütte.
Für viele Klubbosse galt für die 90er/98er das, was für die Generation Cordoba galt: der Name reicht. Das ist heutzutage zum Glück anders.