Kommt er, oder kommt er nicht?
Noch ist nicht ausgeschlossen, dass es ÖFB-Rekordnationalspieler Marko Arnautovic im Sommer zum SK Rapid verschlägt.
Für den 36-Jährigen wäre es eine Rückkehr nach Österreich, fast zwei Jahrzehnte nach seinem Abschied. Im Juli 2006 zog es den jungen "Arnie" vom FAC zu Twente Enschede in die Niederlande, dort gelang der Durchbruch in den Profifußball.
Neben seinem Stammverein aus Floridsdorf hat Arnautovic aber auch schon in jungen Jahren die Großklubs des Wiener Fußballs auf seine Vita gesetzt: Sowohl für die Vienna, als auch die Wiener Austria und den SK Rapid war er als Teenager aktiv. 90minuten hat mit ehemaligen Wegbegleitern gesprochen.
Die ersten Schritte in eine Weltkarriere
Begonnen hat alles beim FAC, dessen erste Mannschaft in den 1990ern entweder in der Regional- oder in der viertklassigen Wiener Stadtliga zu finden war. Schon in den ersten Jahren im Nachwuchsfußball, als sechs- bis neunjähriger Knirps, wusste Marko auf sich aufmerksam zu machen. 2001 ging es erstmals zur Wiener Austria.
Ralf Muhr, zu dieser Zeit Nachwuchsleiter der Veilchen, erinnert sich: "Bei uns war das damals Kleinfeldfußball, eigentlich war das aber egal - man hat gleich gemerkt, dass er richtig gut ist. Ein klassischer Wiener Käfigkicker. Er hat auch immer wieder jahrgangshöher gespielt und ist früh auf das große Feld gewechselt."
Marko war in jungen Jahren eine sehr aufgeweckte Persönlichkeit.
Die Frage, warum es beim jeweiligen Verein - Austria, Vienna und Rapid - nie lange gepasst hat, beantwortet der jetzige Admira-Sportdirektor ähnlich wie viele seiner Kollegen: "Marko war in jungen Jahren eine sehr aufgeweckte Persönlichkeit. Er hat es den Trainern nicht immer leicht gemacht."
Muhr ergänzt schmunzelnd: "Ich kann mich erinnern, bei internationalen Turnieren hat er schon besondere Betreuung gebraucht, weil er auch abseits des Platzes gute Ideen hatte."
Nach einem Jahr in Favoriten war es Zeit für den nächsten Ortswechsel, Arnautovic - inzwischen zwölf Jahre alt - landete in Wien-Döbling bei der Vienna. Hier traf er auf einige andere Talente, die später den Sprung in den Profibereich geschafft haben.
"Marko war Teil einer Mannschaft mit viel Potenzial. Er hat mit Philipp Hiba, Darko Bodul und Yasin Pehlivan gespielt", erzählt Christian Neckamm, damals Nachwuchsleiter des Vereins. "Wir waren in diesem Jahrgang 1989 besser als Rapid und Austria, auch bei internationalen Turnieren hatten wir Erfolg."
Aufgefallen ist Arnautovic - vom spielerischen Talent abgesehen - schon früh mit großem Ehrgeiz.

Auch ein später nicht unwesentlicher Kontakt kam über die Vienna zustande: Trainiert wurde die hochveranlagte Mannschaft von Walter Künzel. Dieser arbeitete bald darauf mit dem niederländischen Spielerberater Rob Groener zusammen, so kam der Draht zu Twente zustande. Auch andere Talente landeten über diese Achse in den Niederlanden.
Kein Kandidat für die Stronach-Akademie
Schon nach einem Jahr ging es zurück zur Austria, dort war ein Ende aber mehr oder weniger vorprogrammiert. Mit 14 Jahren hätte der Weg in die Frank Stronach Akademie geführt, laut Ralf Muhr war das aber nie eine richtige Option:
"Wir hätten ihn dort natürlich aufgenommen. Er und seine Eltern haben aber von sich aus gesagt, dass das Internat in Hollabrunn gar nichts für Marko ist." Auch die Schule - eine Fachschule für Computer- und Kommunikationstechnologie - wäre wohl nicht passend gewesen.
An der sportlichen Qualität gab es zu keinem Zeitpunkt Zweifel. "Die Wucht und Athletik, die er später hatte, waren noch nicht absehbar. Er hat sich mit Spielverständnis und Technik durchgesetzt. Er hatte früh dieses Gen, immer und überall gewinnen zu wollen, wie zum Beispiel auch Aleksandar Dragovic", meint Muhr.
Auffällig blieb auch das Verhalten: "Er war ein Spitzbub, ein Lausbua. Es gab kleinere Scherze, aber auch solche, bei denen man als Trainer und Verantwortlicher Grenzen setzen muss." Auch das Feedback aus der Schule dürfte nicht immer einwandfrei geblieben sein.
Wechsel zum SK Rapid
Für Arnautovic blieb damit der Schritt zum großen Rivalen, nach Hütteldorf. Von damals Verantwortlichen hört man: Das Talent war erkennbar, zur Hürde wurde die körperliche Entwicklung, die Durchsetzungsfähigkeit gegen größere und stärkere Spieler hat gefehlt.
Dass das Wachstum bei manchen Teenagern später anschiebt, wurde damals weniger berücksichtigt, heute läuft das anders. So hatte es der 14-Jährige bei Rapid schwer. Auf die Frage, warum er den Verein schon nach einem Jahr - im Sommer 2004 - wieder verlassen hat, lacht ein ehemaliger Trainer: "Da gibt es eine Geschichte, aber die erzähle ich nicht."
Arnautovic im Frühjahr 2007 (Foto: GEPA):

Nicht alle Teile des damaligen Rapid-Umfeldes sind heute gut auf das Thema Arnautovic zu sprechen. Als er sich Jahre später dann doch den Weg auf die große Bühne gebahnt hatte, kamen Fragen - auch von namhafteren grün-weißen Persönlichkeiten - auf. Warum hat man ihn gehen lassen? Was hat man übersehen?
Eine passende Antwort, die ein Trainer gegenüber 90minuten gefunden hat, lautet: Man kann solche Entscheidungen nicht rückblickend beurteilen. Wäre Marko bei Rapid geblieben, würde man ihn heute nicht kennen. Einen besseren Schritt, als den in die Niederlande, hätte er nicht machen können.
Debüt beim FAC
Davor, nach einem Jahr in Hütteldorf und zwei Jahre vor seinem Wechsel zu Twente, zog es Arnautovic zurück zum FAC. Am 26. August 2005 durfte er dort als 16-Jähriger in der Stadtliga gegen den KSV Ankerbrot sein Debüt im Erwachsenenfußball feiern. 19 Einsätze und fünf Tore kamen über die Saison zusammen.
Hochgezogen wurde er von Werner Gössinger, damals Trainer der FAC-Kampfmannschaft: "Ich habe mit unserem U18-Trainer gesprochen und gesagt: Ich würde ihn gerne einmal bei mir mittrainieren lassen, um zu schauen, wie er sich bei den Erwachsenen schlägt. Das hat von Anfang an gut funktioniert. Ein Tor gegen Donaufeld habe ich noch im Kopf, da hat er den Torwart weit draußen gesehen und den Ball aus 40 Metern darüber gehoben."
Gössinger lobt Arnautovic als Vorzugsschüler, der Schritt zu den Erwachsenen habe ihm gutgetan. "Ein Schlingel war er natürlich trotzdem. Bei einem längeren Ausdauerlauf ist er vielleicht um die Ecke gebogen und hat sich ein Päuschen gegönnt. Die ein oder andere Länge hat er sich gespart."
Auch der Wechsel ins Ausland, weg vom gewohnten Umfeld, sei der richtige gewesen. Weitere Jahre in Österreich hätten ihm als jungem Spieler nicht gutgetan.
Den Marko gibt es nur einmal, er ist so, wie er ist. Er war mit sechs, 15 und 36 immer gleich.
Ein Teamkollege beim FAC war der spätere Bundesligaprofi Patrick Salomon. "Wir haben beide gemeinsam mit sechs Jahren beim FAC begonnen, sind beide unsere Wege gegangen und später wieder beim FAC gelandet. Den Marko als Charakter gibt es nur einmal, der ist so wie er ist - ein Original. Er war mit sechs, 15 und 36 immer gleich."
Salomon erinnert sich: "Damals hat gerade ein Umbruch stattgefunden. In den Akademien wurden die Spieler immer besser geschult und auf die Karriere vorbereitet, heute läuft vieles anders, als vor 20 Jahren. Vielleicht hat man damals schon zu wenig auf Markos sportliche Fähigkeiten geschaut."

Inzwischen hat der 37-Jährige eigene Erfahrungen als Trainer gesammelt. "Es ist nicht immer einfach, die richtige zwischenmenschliche Ebene zu finden. Oft brauchen Spieler, die als schwierig gelten, vor allem Vertrauen. Dann muss man hundertmal öfter ins Gespräch gehen, als mit anderen."
Rückkehr nach Österreich?
Über das Interesse des SK Rapid an einer Rückholaktion von Marko Arnautovic hatte zuerst vor Wochen der "Kurier" berichtet. Inzwischen hat sich auch Trainer Peter Stöger zu diesem Thema geäußert: "Mit der Kohle werden wir ihn nicht locken können, aber jeder Klub hat seine Stärken, die einen Ausschlag geben können, wo er am Ende des Tages landet. Dass er kicken kann, das hat er gezeigt. Dass er ein Mehrwert für eine Mannschaft sein kann, auch. Aber wir sind noch weit, weit, weit entfernt davon. Eine Idee zu haben, ist grundsätzlich nicht verkehrt."
Aktuell keine Insiderinfos hat Patrick Salomon: "Ich habe mit Marko zum letzten Mal über Transfers gesprochen, als er bei West Ham war. Er wäre natürlich eine Bereicherung für den österreichischen Fußball. Er braucht Spiele für die Weltmeisterschaft, die ist mit Sicherheit das große Ziel - er wird wissen, wo er am besten aufgehoben ist."
Ralf Muhr hält fest: "Ich kann mir schwer vorstellen, dass es in seine Lebensplanung passt. Wenn er schon nach Österreich geht, würde ich ihn aber lieber bei der Admira sehen."