"Den Anspruch haben wir" - Austria Lustenau mit neuer Ära und alten Zielen
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"Den Anspruch haben wir" - Austria Lustenau mit neuer Ära und alten Zielen

Die Grün-Weißen sind zurück in der Heimat, die Euphorie ist groß. Trainer Markus Mader will niemandem das Träumen verbieten, bleibt selbst aber am Boden.

"Wann wird's mal wieder richtig Sommer, ein Sommer wie er früher einmal war? Ja mit Sonnenschein von Juni bis September, und nicht so nass und so sibirisch wie im letzten Jahr", sang Rudi Carrell schon 1975.

Nach Sonnenschein sehnten sich die Fans des SC Austria Lustenau auch 50 Jahre später, als nach dem Bundesliga-Abstieg fast der Durchrutsch in die Regionalliga West passierte. Nass und sibirisch fühlte sich das phasenweise an, und am Ende blinzelte doch noch die Sonne hinter den Wolken hervor.

Einen metaphorischen Sommer wie damals also wünscht man sich im Ländle. Einen der optimalerweise nicht nur von Juni bis September dauert, sondern auch die Zeit bis Ende Mai wohlig warm gestaltet. Was kann denn ein kalendarischer Sommer im Fußball schaffen? "Bei uns kann er einiges bewirken", sagt Lustenaus Trainer Markus Mader. Es war tatsächlich ein geschäftiger Sommer im Ländle.

Austria Lustenau - FC Hertha Wels: Freitag, ab 18:00 Uhr im LIVE-Stream >>>

Ende einer Leidenszeit

Auf Rang zwölf wurde die vergangene Saison beendet. "Wir haben hart kämpfen müssen, damit wir dem Abstieg entrinnen können. Es ist einfach nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben. Umso schöner war es, dass wir es am Schluss noch erkurbelt haben", sagt Mader.

Skeptischer Blick: Die Leistungen in der Vorsaison waren selten gut
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Skeptischer Blick: Die Leistungen in der Vorsaison waren selten gut

Fixiert wurde der Klassenerhalt am letzten Spieltag im direkten Duell gegen Voitsberg. Nur einer von drei Heimsiegen in der ganzen Saison war das, von einem Heimvorteil im Bregenzer Exil konnte man nicht sprechen. Nicht einfach sei es gewesen, "und es hat viel Energie gekostet", sagt Mader über die Spielzeit 2024/25. "Wir haben leiden müssen, die Zuschauer haben leiden müssen, der ganze Verein hat leiden müssen."

Um nicht noch eine Leidenszeit erleben zu müssen, wurde vieles umgekrempelt. Elf Spieler verließen den Klub, acht Neue sind bislang da. "Das war eine logische Konsequenz aus den Performances, die wir abgeliefert haben", sagt Mader.

Kurioserweise stellte man in der Vorsaison die zweitbeste Verteidigung der Liga, und hatte gleichzeitig mit 24 Toren die harmloseste Offensive. "Das war die große Problematik: Dass wir zwar immer wieder zu Torchancen gekommen sind, diese aber nicht genutzt haben. Da machst du dir als Trainer natürlich Gedanken, und auch als Verein."

Erstbezug: Das Fotoshooting der neuen Mannschaft im neuen Stadion
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Erstbezug: Das Fotoshooting der neuen Mannschaft im neuen Stadion

Die Stürmer Lenn Jastremski (24) und Mario Vucenovic (25) kamen als Konsequenz aus Unterhaching und Bregenz, Haris Ismailcebioglu (21) von Absteiger Horn. Ibrahim Ouattara (21) wurde nach seiner Leihe von Clermont fix von Lustenau verpflichtet, in ihm sehen die Grün-Weißen Potenzial. "Wir haben hoffentlich schon an Torgefahr gewonnen", sagt Mader über die Transfers.

Zentrumspieler Mame Wade (22) kam zudem vom FC Wacker Innsbruck, Linksverteidiger Lukas Ibertsberger (21) von Blau-Weiß Linz, mit Phillip Böhm (23/Dynamo Dresden) und Hugo Bauer (20/zweite Mannschaft) wurde das Torhüterteam verstärkt.

Der Kern der Mannschaft blieb intakt, durch Akteure wie Domenik Schierl, William Rodrigues, Matthias Maak, Fabian Gmeiner oder Pius Grabher ist jede Menge Erfahrung vorhanden.

Freudentanz: Der Ligastart verlief nach Wunsch, die Heimpremiere soll ähnlich verlaufen
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Freudentanz: Der Ligastart verlief nach Wunsch, die Heimpremiere soll ähnlich verlaufen

Mader findet: "Wir haben durch die Bank, von hinten nach vorne, eine sehr gute Durchmischung." Eine erste Kostprobe vom neuen Lustenau gab es bereits beim Ligastart gegen den FC Liefering, den man überraschend und völlig verdient mit 4:0 aus dem eigenen Stadion schoss (Spielbericht >>>). Die Regenwolken der letzten Monate schienen da bereits vergessen.

Weitere Verstärkungen möglich

Als die Sonne am Rhein in der jüngeren Vergangenheit am stärksten schien, lag das auch an den Spielern aus dem Netzwerk von Core Sports Capital, zu dem Lustenau seit 2019/20 gehört. Auffallend ist, dass aktuell keine Leihspieler von Kooperationsklub Clermont Foot im Kader stehen.

Der Schluss, dass die Austria von der Kooperation nicht mehr wirklich profitiert, liegt nahe – Mader entkräftet diesen. "Wir haben profitiert, weil Spieler zu uns gestoßen sind, die aus dem Netzwerk von Core Sports Capital kommen." Dass man aktuell keine Leihspieler habe, heiße ja nicht, dass keine mehr kommen könnten: "Die Kooperation wird nach wie vor gelebt."

"Wir haben ganz klar gesagt: Die Spieler, die kommen, müssen tatsächlich Verstärkungen sein."

Markus Mader, über mögliche Neuzugänge von CSC

Allerdings, und auch da ist Mader klar: Der Erfolg der CSC-Connection war in den letzten beiden Jahren nicht so groß wie in den zwei Spielzeiten zuvor, als man mit Spielern wie Muhammed Cham, Jean Hugonet oder Bryan Teixeira in die Bundesliga aufgestiegen war. Das nur den Spielern oder Clermont umzuhängen, will Mader aber nicht.

Die Gesamtsituation im Verein sei schwierig gewesen, gerade mit dem Auszug aus dem Reichshofstadion. "Die Tabellensituation ist dann für Spieler, die das erste Mal Profiluft schnuppern, auch in einer sehr starken zweiten Liga in Österreich eine riesige Herausforderung, die nicht jeder stemmen kann." Allerdings, so Mader: "Wir haben ganz klar gesagt: Die Spieler, die kommen, müssen tatsächlich Verstärkungen sein und nicht gleichwertige Spieler, die wir erst entwickeln müssen."

Heimat als Hoffnung 

Im Kader wurden neue Impulse gesetzt, die Schwachstelle Angriff wurde angegangen, die Ausweichheimstätte Bregenz ist Geschichte. Alles überstrahlt wird in Lustenau vom neuen Stadion, und das im wahrsten Sinne des Wortes. 40 Meter ragen die neuen Flutlichtmasten aus Beton in den Himmel, und sollen den Weg in eine neue Ära erleuchten.

Das ausverkaufte Eröffnungsspiel gegen den FC Augsburg ließ ein erstes Mal erahnen, welche Stimmung im neuen Stadion entstehen kann. "Da ist natürlich eine gewisse Euphorie da, jeder Zuschauer und jeder Fan freut sich auf die Heimspiele", sagt Mader.

Dass ein neues Stadion aber nicht automatisch die "Dreier" in die Tabelle purzeln lässt, ist ihm klar. "Grundsätzlich gewinnt das Stadion ja keine Spiele. Aber mit der Energie der Fans, mit dieser Euphorie - das kann was ausmachen, und das wird auch was ausmachen." Im Liga-Alltag soll das am Freitag gegen Aufsteiger FC Hertha Wels (ab 18.00 Uhr im LIVE-Ticker>>>) ein erstes Mal spürbar werden.

Die sportliche Eiszeit soll vorbei sein, Lustenau will sich nach oben orientieren. "Wir möchten wieder zu den Top-Teams der Liga zählen. Den Anspruch haben wir", stellt Mader klar. Und mit all den Veränderungen sei das ein Ziel, das nicht unrealistisch sei. Von der Rückkehr in die Bundesliga will Mader zum Saisonbeginn aber noch nichts wissen. "Jeder darf träumen, was er will. Ich träume auch von großen Dingen. Aber ich habe gerade über realistische Dinge geredet, da bleiben wir mal ganz easy am Boden."

Den Sommer soll man genießen, solange er da ist. Herbstlich wird es von alleine, und eine Winterdepression muss man ja nicht heraufbeschwören.

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