2004: GAK scheiterte gegen Liverpool nur knapp am CL-Einzug

Im Rückspiel der Champions League Qualifikation besiegte der GAK den FC Liverpool mit einem 1:0. Allerdings kamen sie, trotz einer starken defensiven Leistung und einem Standardtor, nach der Hinspielniederlage nur in den UEFA-Cup.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

 

Der Grazer AK traf in der dritten Runde der Champions League Qualifikation auf den englischen Premier League Verein FC Liverpool. Im Hinspiel verloren die Grazer durch zwei Tore von Steven Gerrard. Der englische Mittelfeldspieler war allerdings nicht der einzige namhafte Spieler in der Startelf von Liverpool. In der Verteidigung spielten noch Sami Hyypiä, John Arne Riise und Jamie Carragher. Im Doppelsturm der Engländer liefen Milan Baros und Djibril Cisse, der im Sommer 2004 für 20 Millionen Euro nach Liverpool wechselte, um Micheal Owen zu ersetzen, auf. Auf der Seite der Grazer spielten in der Verteidigung Joachim Standfest, ein junger Emanuel Pogatetz und Mario Tokic, der auch das 1:0 erzielte. Weitere namhafte Profis in der Startaufstellung des GAK waren Rene Aufhauser, Martin Amerhauser und Gernot Plassnegger.

Beide Mannschaften spielten in einer 4-4-2-Formation und übten ein „Kick and Rush“ aus. Das bedeutet, dass nicht viel Wert auf lange Ballbesitzphasen gelegt wurde und der Ball im Aufbau hoch nach vorne gespielt wurde. Allerdings erkannte man auch hier einige Unterschiede zwischen dem GAK und dem FC Liverpool.

 

Beide Seiten erspielten sich kaum Chancen

Die Grazer bauten ihr Spiel mit einer flachen Viererkette auf. Davor spielten mit Aufhauser und Gernot Sick die beiden Sechser. Die Außenspieler im Mittelfeld rückten oft weit nach vorne und so ergab sich meistens ein 4-2-4 oder ein 4-2-2-2 mit breiten Zehnern. Mehrmals spielten die beiden Innenverteidiger schon früh im Aufbau einen hohen Ball auf die Stürmer oder auf die Flügel. Besonders Tokic und Standfest, die die rechte Seite der Verteidigung bildeten, spielten viele hohe diagonale Seitenwechsel auf Amerhauser, der im linken Mittelfeld positioniert war. Auch wenn der Ball auf die Sechser gespielt wurde, war Amerhauser immer ein Zielspieler für diese Wechselpässe. Dies könnte mehrere Gründe gehabt haben. Amerhauser hatte Stärken im Dribbling und konnte sich im Spiel auch öfters in 1-gegen-1-Situationen durchsetzen. Zudem versuchte er aus der breiten Flügelposition immer diagonal in die Richtung des Tores zu dribbeln oder zu passen, um in der Anschlussaktion die Stürmer in Szene setzen zu können. Zusätzlich rückte Amerhauser immer weit in die Mitte, wenn der Ball auf der anderen Seite war und bildete dadurch eine Überzahl im Mittelfeld. Besonders auf der rechten Seite, durch die Überzahl im Mittelfeld konnten die Grazer sehr gut Dreiecksverbindungen erzeugen, um sich aus engen Situation herauszuspielen. Wie zum Beispiel in dieser Situation. (Abbildung 2)

Nach einem Einwurf kam Plassnegger zum Ball und hatte sofort zwei Anspielstationen. Roland Kollmann kam aus der zentralen Stürmerposition entgegen und auch Aufhauser rückte weiter nach vorne. Dadurch konnten sie sich aus einer Unterzahlsituation am Flügel herauslösen und in der Anschlussaktion eine Flanke schlagen.

Außerdem spielten die Grazer auch gerne hohe Bälle entlang der Linie. Meistens gespielt von den Außenverteidigern. Allerdings kreierten sie durch solch hohe Bälle nach vorne nicht viele Torchancen. Besonders in der ersten Halbzeit gab es große Probleme, um überhaupt zu Torschuss zu kommen. Viele der hohen Bälle auf die Stürmer waren zu ungenau oder die Liverpool-Spieler gewannen die Luftduelle und die Gegner kamen wieder in Ballbesitz. Zwar kamen die hohen diagonalen Pässe auf Amerhauser oft an, allerdings wurde der Mittelfeldspieler schnell von Carragher und Darren Potter unter Druck gesetzt und konnte nur in wenigen Situationen den Ball wieder Abspielen oder sich mit einem Dribbling durchsetzen.

 

Liverpools ähnlicher Ansatz

Der FC Liverpool spielte es im Ballbesitz sehr ähnlich. Der Unterschied war, dass sie in der ersten Aufbaulinie ein wenig den Ball länger hielten und dadurch versuchten die Grazer Mannschaft mehr verschieben zu lassen. Das heißt, dass sie sich in der Viererkette den Ball öfters zu passten und erst nach fünf Pässen oder mehr einen hohen Ball nach vorne spielten. Bei den Grazern war der hohe Pass wesentlich früher. Bei den Engländern war auch zu sehen, dass sie die Sechser, vor allem Gerrard, viel mehr in den Spielaufbau eingebunden haben. Wenn Carragher den Ball bekam, ging Gerrard meistens entgegen oder bot sich hinter der ersten Pressinglinie der Grazer an und wurde hinter den beiden Stürmern angespielt. Der englische Mittelfeldspieler drehte sich daraufhin auf und spielte einen hohen diagonalen Pass auf den Flügelspieler oder chipte den Ball auf den linken Außenverteidiger Riise. Riise konnte in der Anschlussaktion im Halbraum nach vorne dribbeln und meistens sogar bis in das letzte Drittel.

Zudem war auch auffällig, dass, als die Innenverteidiger einen hohen Ball spielten, die Stürmer auf den Flügel auswichen und meistens ein Luftduell mit den Außenverteidigern hatte. Im Vergleich zum GAK: Die Grazer spielten meistens die hohen direkt auf den Stürmer, der in der Mitte blieb oder auf die Flügelspieler, die oft bis auf die letzte Linie rückten.

 

Vor welchen Problemen stellten die Grazer die Engländer?

Der GAK verteidigt in einem 4-4-2 und attackierte meistens erst ab der Höhe der Mittelfeldlinie. Das heißt, sie übten ein ehe defensives Mittelfeldpressing aus. Vor allem stand man im Mittelfeld sehr eng und kompakt, wodurch die Engländer dann sehr viel über die Seiten spielten. Zudem die Grazer besonders im eigenen Drittel eine starke defensive Leistung. Sie ließen nur wenige Chancen der gegnerischen Mannschaft zu. Sie gewann viele defensive 1-gegen-1-Duelle und antizipierten auch viele Pässe in die Mitte und konnten dadurch immer wieder einen Konter starten. Außerdem machte der FC Liverpool viele Abspielfehler und die Spieler trafen vor allem im Angriffsdrittel nicht situationsgerechte Entscheidungen.

 

Fazit: Wieso schaffte es der GAK nicht in die Champions League?

In das Rückspiel mussten die Grazer mit einem 0:2 Rückstand gehen. Dennoch konnten sie von Anfang mithalten und wenige Chancen zulassen. Allerdings kreierten sie selbe wenige Chancen und machten vor allem in den Umschaltmomenten viel zu viel Fehler. Während einigen Kontern wurden Pässe viel zu ungenau gespielt oder die Passentscheidung war nicht situationsgerecht, um die Unordnung der Engländer auszunutzen.

Zwar konnten sie einige Male das Pressing von Liverpool mit kurzen Kombinationen und Doppelpässen überspielen oder auch mit hohen Pässen auf den Flügel in das letzte Drittel kommen, allerdings taten sie sich sehr schwer die Abwehr zu überwinden. Dennoch konnten sein nach einer Ecke einen Treffer durch Tokic erzielen und das Spiel noch spannend machen. Besonders nach dem 1:0 in der 54. Minute hätte Walter Schachner auf ein höheres Pressing umschalten können, um Liverpool unter Druck zu setzen. So blieb es jedoch beim 1:0 und der GAK verpasste nur knapp den Einzug in die Champions League.

 

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